Hamburg. Lufthansa Technik hilft bei Umrüstung einer Passagiermaschine. Malaysia Airlines fliegt erstmals nur Güter mit dem Riesen-Airbus.
Zuletzt waren die Schlagzeilen über den A380 fast nur negativ. Weil es keine neuen Aufträge mehr für das größte Passagierflugzeug der Welt gibt, wird die Produktion im nächsten Jahr eingestellt. Der erste an eine Airline übergebene vierstrahlige Jet ist verschrottet – keine 13 Jahre nach der Erstauslieferung. Zunehmend mehr Fluggesellschaften wollen den Riesen-Airbus aus ihrer Flotte eliminieren.
Doch nun hat es überraschende „Lebenszeichen“ von dem Flieger gegeben. Man habe den Auftrag für die Umwandlung eines A380 zu einer Frachtmaschine erhalten, teilte Lufthansa Technik mit. Und Malaysia Airlines meldete den ersten Flug ausschließlich mit Gütern und ohne Passagiere – gibt es also eine zweite Chance für den A380 als Transportflugzeug?
Die Cargo-Version des A380 legte Airbus auf Eis
Ursprünglich hatte Airbus Anfang der 2000er-Jahre eine Cargo-Version geplant. Es war der Grund, warum die Start- und Landebahn des Werkflughafens auf Finkenwerder überhaupt verlängert wurde. Der Frachter sollte schwerer sein und brauchte daher mehr Piste zum Abheben als die Passagierversion. Als Fedex und UPS ihre Aufträge stornierten, wurde die Cargo-Version von Airbus aber auf Eis gelegt. Für immer.
In der Corona-Krise ist der Flugverkehr weltweit nahezu zum Erliegen gekommen. Aufgrund der strengen Reiserestriktionen fliegen kaum noch Menschen. Die Airlines absolvieren nur wenige Prozent ihres normalen Flugprogramms. Dadurch kommt es auch zu Engpässen im Transport von Gütern, die sonst im Frachtraum der Maschinen mitfliegen.
A380 brachte 26 Tonnen mit Produkten nach London
Maskargo – die Frachttochter von Malaysia Airlines – setzte daher Ende April erstmals einen A380 ein, um vor allem E-Commerce-Güter von Kuala Lumpur nach London zu bringen. Die Fracht war vorher aus China in die malaysische Hauptstadt gelangt. „Das war definitiv eine innovative und um die Ecke gedachte Idee unsererseits“, sagte Maskargo-Chef Mohamed Salleh dem Internetportal Aircargo News: „Keine andere mit einem A380 ausgestattete Airline hat so etwas unseres Wissens nach jemals zuvor gemacht.“
Nachdem die Frachtflugzeuge der Flotte ihre maximale Einsatzstunden erreicht hatten, wurden A330-Passagiermaschinen für den Gütertransport umgerüstet. Doch die Frachtmenge stieg stark an und die Lagerkapazitäten dafür am Flughafen London-Heathrow wurden knapp. Ein größeres Flugzeug musste her. „Der für den Einsatz eingeteilte A350 konnte nicht die Menge fassen, die wir bewegen mussten“, sagte Salleh. Daher wurde der A380 eingesetzt, der 26 Tonnen elektronische Produkte im Frachtraum nach London brachte. Auf dem Rückweg wurden Arzneimittel und Post transportiert.
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Für die Umrüstung ist eine umfangreiche Dokumentation notwendig
Andere Airlines gehen in der Corona-Krise einen Schritt weiter und wollen temporär Passagier- zu Frachtmaschinen umrüsten. Lufthansa Technik bekam dafür nach eigenen Angaben schon Anfragen von gut 40 Fluggesellschaften. Mehr als 15 Projekte für verschiedene Jets würden bereits umgesetzt, teilte der Weltmarktführer für Reparatur, Wartung und Überholung von Flugzeugen und Triebwerken mit. Ende April wurden für den Mutterkonzern Lufthansa binnen jeweils 36 Stunden vier A330-Langstreckenmaschinen umgerüstet: statt bis zu 236 Passagiere transportieren sie nun Fracht.
Die Kabinen dürfen allerdings nicht einfach mit Gütern beladen werden, weil in der Luftfahrt eine andere Nutzung von den Behörden genehmigt werden muss. Die Mitarbeiter des Hamburger Unternehmens treiben es voran, solche sogenannte ergänzende Musterzulassungen zu erhalten. Dafür ist eine umfangreiche technische Dokumentation notwendig. Diese und die Zulassung sollten innerhalb kurzer Zeit bereitgestellt werden, sagte Lufthansa-Technik-Manager Henning Jochmann: „Der Umbau selbst sollte dann innerhalb von wenigen Tagen möglich sein.“
Lufthansa Technik spricht von einem „besonderen Highlight“
Airbus kündigte ebenfalls ein Umrüstungsprogramm für Langstreckenmaschinen an, allerdings nur für den A330 und A350. Für Lufthansa Technik ist die entsprechende Anpassung des A380 hingegen laut Pressemitteilung ein „besonderes Highlight“. Der Name des Kunden wurde nicht genannt. Lufthansa Technik rüste die Maschine auch nicht auf seinem Gelände um, sondern unterstütze den Umbau mit technischen und Ingenieurdienstleistungen. Beispielsweise hat Fracht eine andere Bodenlast. Die strukturelle Belastungsfähigkeit eines Passagierflugzeugs ist geringer als bei einem Transporter.
Und was passiert bei der Umrüstung? Die Sitze mit dem Bordunterhaltungssystem werden ausgebaut. Ansonsten gibt Lufthansa Technik keine Details preis. „Auch Waschräume und Bordküchen werden ausgebaut“, sagte der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt dem Abendblatt: „Die Kabine wird für den Transport von leichtem Stückgut vorbereitet.“ Verstärkungen des Bodens seien trotz der höheren Last von Fracht nicht vorgesehen, weil diese die gesamte Rumpfstruktur verändern würden. Die Kabine muss mit einem Löschsystem ausgerüstet werden, falls die Ladung in Brand gerät.
Experte bleibt für den A380 skeptisch
Eine dauerhafte Vollumrüstung werde in den meisten Fällen wohl nicht erfolgen. Diese würde einige Monate dauern und einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag kosten, sagt Großbongardt. Auch ein richtiges Frachttor müsste eingebaut werden. Und beim A380 gibt es noch ein weiteres Problem: Das Flugzeug ist als Doppelstöcker konstruiert – wie sollen die Güter auf die zweite Ebene kommen? Großbongardt ist daher skeptisch, dass der Riesen-Airbus eine zweite Chance bekommt: „Der A380 wird in den nächsten Jahren langsam vom Himmel verschwinden. Eine Zukunft als Frachter hat er nicht.“