Berlin. Bekommen Bauarbeiter bald trotz der Corona-Krise mehr Lohn? Das fordert zumindest die IG BAU. Sie will zudem einen Kündigungsschutz.
Tarifverhandlungen sind in der Corona-Krise ein Drahtseilakt. Viele Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern wurden verschoben. Wo verhandelt wird, kommt es oft zu Notabschlüssen, wie in der Metall- und Elektroindustrie, in der es in diesem Jahr keine Lohnerhöhung geben wird.
Auch die Bauwirtschaft hatte ihre eigentlich für den März geplante Tarifverhandlung verschoben, eine Verhandlung über einen Pandemievertrag platzte. Am kommenden Dienstag werden die Arbeitsbedingungen von rund 850.000 Beschäftigten neu verhandelt – und für viele Bauarbeiter könnte am Ende ein deutliches Plus auf dem Lohnzettel stehen, zumindest wenn sich die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) durchsetzt. Denn die Bau-Gewerkschaft denkt gar nicht daran, einen Notabschluss zu akzeptieren.
Bau-Gewerkschaft fordert 6,8 Prozent mehr Lohn
„In den letzten Jahren brach ein Umsatzrekord den nächsten. Bis zum Lockdown lief es wie geschnitten Brot“, sagte IG-BAU-Verhandlungsführer Carsten Burckhardt unserer Redaktion. „Die Auftragsbücher sind also voll. Da ist es nur fair, wenn die Arbeitnehmer an diesen Erfolgen beteiligt werden.“
Entsprechend fordert die Gewerkschaft, dass Bauarbeiter künftig 6,8 Prozent mehr Lohn erhalten sollen. Auszubildende sollen mindestens 100 Euro mehr erhalten. Außerdem dringt die Gewerkschaft auf eine Wegezeitenentschädigung. IG-BAU-Chef Robert Feiger zeigte sich jüngst im Interview überzeugt, dass die Bauwirtschaft in diesem Jahr die „Konjunkturlokomotive“ sein kann.
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Bauarbeiter sollen eine Entschädigung für Anfahrtswege erhalten
Arbeitnehmer sollen nach Wunsch der Gewerkschaft die Wahl erhalten: Entweder wird ihnen die Zeit, die sie auf dem Weg zur Baustelle verbringen, als Arbeitszeit angerechnet oder sie erhalten einen finanziellen Ausgleich in Form des Stundenlohns. „Damit greifen wir eine generationenübergreifende Diskussion auf, denn insbesondere viele jüngere Arbeitnehmer wollen lieber die Zeit als das Geld“, sagt Burckhardt.
Allerdings sollen die Bauarbeiter nicht den vollen Anfahrtsweg erstattet bekommen. „Einen Teil der Strecke muss der Arbeitnehmer selbst finanzieren, keine Frage“, sagt Burckhardt. „Aber alles, was über einen gewissen Radius geht, muss der Arbeitgeber entschädigen. Dieser Radius kann beispielsweise der Weg vom Wohnort zur Niederlassung sein.“ Bei Firmen, die mehrere Niederlassungen haben oder sehr mobil arbeiten, sollte zudem ein fester Radius festgelegt werden.
Schutz in der Krise soll verhandelt werden
Sollte sich die Krise beim Bau verschärfen, erwartet die IG BAU weitere Zugeständnisse von den Arbeitgebern. So solle ein Kündigungsschutz garantiert werden und das Kurzarbeitgeld vom ersten Monat an auf mindestens 80 Prozent des Nettolohns aufgestockt werden, bei Eltern auf 87 Prozent. Aktuell gilt dieser Satz erst ab dem siebten Monat.
Allerdings: Die Forderungen nach einem Kündigungsschutz und einem höheren Kurzarbeitergeld schlossen die Arbeitgeber schon im März bei den Verhandlungen um einen Pandemie-Plan aus. „Ich hoffe, dass die Tarifverhandlungen, die in der nächsten Woche starten, konstruktiver verlaufen. Arbeitgeber und Gewerkschaften sind in den vergangenen Jahren Schulter an Schulter durch Krisen, aber auch durch gute Jahre gegangen“, sagte Burkhardt.
Dass höhere Kosten für den Arbeitsschutz die Forderungen ausbremsen könnten, will Burckhardt nicht akzeptieren. „Gesundheit ist nicht verhandelbar“, sagt Burckhardt. „Hier gibt es nichts zu verrechnen. Das wäre dreist, unmoralisch und unverantwortlich.“
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