Hamburg. Die Hamburger Reederei verkleinert wegen der Corona-Auswirkungen ihre Flotte und will sparen. Aktie steigt auf ein Allzeithoch.
Seinen Optimismus hat Rolf Habben Jansen nicht verloren. Während die Auswirkungen der Corona-Krise die deutsche Wirtschaft noch immer fest im Griff haben, wagt der Vorstandsvorsitzende der Hamburger Traditionsreederei Hapag-Lloyd einen positiven Ausblick. Habben Jansen erwartet, dass die Containerschifffahrt im kommenden Jahr wieder um fast zehn Prozent steigen wird. Das machte er am Mittwoch in einer Pressekonferenz deutlich und stützte sich dabei auf eine Prognose des Branchendienstes Clarksons.
„Die Containerschifffahrt könnte 2021 um 9,6 Prozent steigen“, sagte Habben Jansen. Mutige Worte. Er sagte nämlich auch, dass die aktuelle Situation für die Handelsschifffahrt alles andere als gut ist. „Schlimmer noch als bei der Finanzkrise 2008“, so Habben Jansen. Für dieses Jahr erwartet er einen Rückgang von 10,6 Prozent beim weltweiten Containerschiffstranport. In einigen Fahrtgebieten sei der Schiffsverkehr stark gesunken, zwischen Asien und Europa etwa um 20 bis 25 Prozent.
Hapag-Lloyd will dreistelligen Millionenbetrag einsparen
Einziger Vorteil im Vergleich zu 2008 ist, dass nicht so viele Schiffe im Bau sind wie damals. Hapag-Lloyd hat auf den Rückgang reagiert und die Größe seiner Flotte in einem „deutlich zweistelligen Bereich“ verkleinert. Dafür wurden gecharterte Schiffe zurückgegeben. „Wir sind aber sehr schnell in der Lage – innerhalb von zwei bis drei Wochen –, die Flotte zu erweitern, wenn die Transportnachfrage wieder steigt“, sagte Habben Jansen. Durch die Rückgabe geliehener Schiffe kann Hapag-Lloyd seine Kosten reduzieren, um trotz der mageren Zeiten seine Liquidität zu erhalten.
Wie berichtet will Habben Jansen die Kosten kurzfristig um einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag reduzieren. „Wir durchforsten unsere gesamte Kostenstruktur, um unsere Ausgaben zu senken und die Liquidität zu sichern.“ Es ist nicht das erste Sparprogramm, das der Vorstandschef seinem Unternehmen verordnet. In die Hände dürften ihm dabei die stark gesunkenen Treibstoffpreise spielen. Der Zuschlag, den Hapag-Lloyd für die Versorgung mit schwefelarmem Bunker erhebt, wurde nämlich nicht gesenkt – was manche Kunden beklagen. Bei der Reederei bleibt somit aber mehr Geld hängen.
Arbeitsplatzabbau ist nicht geplant – und auch keine Kurzarbeit
Trotz des stark reduzierten Ladungsaufkommens ist die Streichung von Arbeitsplätzen bei dem 12.000 Mitarbeiter großen Unternehmen kein Thema. „Ein Stellenabbau ist derzeit auch nicht geplant“, so Habben Jansen. Ebenso gebe es keine Kurzarbeit. Allerdings wolle man bei der Wiederbesetzung frei werdender Stellen genauer hinsehen. „Wir sind für die Krise gut aufgestellt.“ Aktuell habe Hapag-Lloyd genug flüssige Mittel, um durch die Krise zu kommen, sagte Habben Jansen. Die Reederei habe sich zusätzliche Liquidität gesichert und finanzielle Anpassungen vorgenommen, um Angebot und ihren Service weiter mit höchster Qualität zu liefern.
Alle zwei Tage treffe ein Corona-Krisenstab zusammen, um die Geschäftsaktivitäten zu überwachen und anzupassen. „Die Mehrheit unserer Mitarbeiter arbeitet derzeit von zu Hause.“
Schwierige Lage für Hapag-Lloyds Seeleute
Das gilt natürlich nicht für die Seeleute. Da gibt es ein ganz anderes Problem, wie der Chefkapitän von Hapag-Lloyd Richard Berlepsch betonte: Durch die Reise- und Kontaktverbote sei es extrem schwierig geworden, Mannschaftswechsel an Bord vorzunehmen. Rund 200 Seeleute von Hapag-Lloyd könnten derzeit nicht wechseln, weil sie ihr Schiff nicht verlassen dürfen, oder es keine Möglichkeit zur Heimreise gebe. „Das ist ein ernstes Problem für unsere Seeleute und die Sicherheit auf den Schiffen“, so von Berlepsch. „Die Situation macht die Versorgung schwierig und muss schnell auf globaler Ebene gelöst werden.“ Der Schutz der Mitarbeiter an Land und auf See stünde an erster Stelle, ergänzte Habben Jansen.
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Die Reederei erlebt zurzeit zudem eine paradoxe Situation. Zwar setzt sie weniger Schiffe ein, aber die Containerflotte wächst. Grund ist eine knappe Verfügbarkeit leerer Container, weil Kunden sie wegen der Corona-Beschränkungen und stockender Produktion nicht so schnell wie sonst abholen. Deshalb wurden rund 100.000 zusätzliche Stahlboxen angeschafft, sodass die Containerflotte um fünf Prozent stieg. Die Reederei lässt noch weitere Container bauen, bis Jahresende soll die Anzahl um etwa neun Prozent wachsen. Konkurrenten wie CMA CGM aus Frankreich nehmen inzwischen höhere Bereitstellungsgebühren für Container, weil sie diese aufgrund des Mangels von weiter her heranschaffen müssen.
Aktie am Mittwoch auf neuem Allzeithoch
Bei Börsianern dürfte der optimistsche Ausblick von Habben Jansen gut angekommen sein. Die Hapag-Lloyd-Aktie legte am Mittwoch dramatisch auf ein neues Allzeithoch von 167 Euro zu. Das war innerhalb eines Tages ein Zugewinn von fast 15 Prozent oder 21 Euro pro Aktie. Die Anteilsscheine der Reederei erleben seit Monaten extreme Höhenflüge.
Wie berichtet hatten sich die beiden Hauptanteilseigner, der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne und die chilenische Reederei Compañía Sudamericana de Vapores (CSAV), ein Rennen um die Aktienmehrheit geliefert, das Kühne vorerst für sich entschied. Er hält derzeit 30,0011 Prozent der Anteile, die Chilenen 30. Drittgrößter Anteilseigner ist die Stadt Hamburg mit 13,9 Prozent, gefolgt von Katar mit 12,3 und ein Investment Fund aus Saudi Arabien mit 10,2 Prozent, die über den Zusammenschluss mit der United Arab Shipping Company zu Hapag-Lloyd kamen. Der Streubesitz liegt nur noch bei 3,6 Prozent.