Hamburg. Terminals entwickeln eine Internetplattform, die in dieser Woche scharf geschaltet wird. Kosten von 250.000 Euro.

Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) hat sich einen unspektakulären Tag für den Besuch des Containerterminals Tollerort der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ausgesucht. Anstatt Riesenschiffe aus Fernost, liegen nur zwei Schubleichter an der Kaikante. Aber genau sie sind der Grund seines Besuches. Zwei miteinander verbundene Schleppkähne, beladen mit rund 100 Standardcontainern und dem Schubfahrzeug mit der Nummer 2420. Westhagemann schaut andächtig auf das Fahrzeug im trüben Wasser – es sieht nach nichts aus und ist doch eine Sensation. „Das hat kein Hafen in Europa“, sagt Westhagemann, der wegen eines eiskalten Winds die Hände tief in die Tasche seines Mantels vergraben hat. „Nein, das gibt es nur bei uns“, pflichtet ihm der HHLA-Vorstand Jens Hansen bei, der neben dem Senator über die Kaikante guckt.

Das Besondere ist nicht das Schiff. Täglich werden Tausende solcher Schubleichter oder ähnliche Binnenschiffe in Häfen auf der ganzen Welt abgefertigt. Das Besondere ist in diesem Fall, dass sich das Schiff schon vor zwei Tagen für genau diesen Liegeplatz zu genau dieser Uhrzeit angemeldet hat – ohne dass dazu irgendjemand zum Telefon gegriffen hat. Möglich macht das die Digitalisierung: Hamburgs Hafen hat ein neues Internetprogramm entwickelt, das den gesamten Binnenschiffsverkehr steuern kann. Auf diese Plattform haben sowohl die Hafenunternehmen als auch die Binnenschiffsreedereien Zugriff. Erstere können sehen, wie die Binnenschiffer ihre Flotte disponiert haben, letztere, wie die Belegungs- und Abfertigungspläne an den Terminals aussehen.

„Binnenschiffer erhalten zuverlässige Abfertigungsfenster“

„Das macht die Abläufe viel effizienter. Die Binnenschiffer erhalten zuverlässige Abfertigungsfenster, und die Liegezeiten verkürzen sich“, sagt HHLA-Vorstand Hansen. Um wie viel sich die Liegezeiten verkürzen, ist noch nicht klar. Die neue Internetplattform wird erst in dieser Woche scharf geschaltet. Aber der Mann, der für ihre Entwicklung maßgeblich verantwortlich war, hat eine gewisse Vorstellung: Gerald Hirt ist Geschäftsführer des Hamburg Vessel Coordination Centers (HVCC), das die Anläufe und Abfahrten der großen See- und Feederschiffe im Hafen koordiniert.

Allein im Jahr 2019 hat das HVCC für mehr als 3200 Großschiffe die ideale Ankunftszeit bei Berücksichtigung der Liegeplatzbelegung, Begegnungsverkehre, Tide und Wetter ermittelt und mit den zuständigen Behörden abgestimmt. Das HVCC unterstützt somit die Reeder bei der Passageplanung – lange bevor ihr Schiff die Revierfahrt auf der Elbe antritt. „Durch die Erweiterung der Plattform auf die Feederschiffe konnten wir deren Liegezeiten um 2000 Betriebsstunden im Jahr reduzieren“, sagt Hirt.

Transport per Binnenschiff im Hafen wächst

Jetzt wird diese Plattform auf die Binnenschiffe ausgeweitet, und Hirt erwartet ähnlich gute Ergebnisse. Den Anstoß haben die beiden großen Terminalbetreiber HHLA und Eurogate gegeben. Sie haben das HVCC finanziert, und sie haben auch den Aufbau der Binnenschiffsplattform angestoßen. 250.000 Euro hat das gekostet. Die Hälfte hat die Wirtschaftsbehörde dazugegeben.

Das Geld sei wohlinvestiert, sagt Hansen, denn der Transport per Binnenschiff im Hafen wachse. „2019 wurden 150.000 Standardcontainer per Binnenschiff transportiert, das sind 13 Prozent mehr als im Vorjahr.“ Senator Westhagemann findet noch einen anderen Punkt wichtig: „Mit der schnelleren Abfertigung wird das Binnenschiff auch konkurrenzfähiger zum umweltschädlicheren Lkw-Transport.“