Hamburg. Hans-Christian Sievers verlässt den Hamburger Chemiehändler in Coronazeiten. Seinen Abschied hatte er sich anders vorgestellt.

Das hatte sich Hans-Christian Sievers anders vorgestellt. Seit seiner Jugend ist er bei der Hamburger Helm AG beschäftigt, dem weltweit größten konzernunabhängigen Chemiehändler, hat sich dort vom Lehrling zum Vorstandschef hochgearbeitet. Wenn er am heutigen Dienstag nach fast 35 Jahren den letzten Arbeitstag haben wird, dann kann er sich nicht persönlich von den vielen Mitarbeitern in der Zentrale in der City Süd verabschieden. Das Coronavirus und die Schutzmaßnahmen machen dies unmöglich.

„Das stimmt mich schon sehr traurig“, sagt der 55-jährige Manager. Schließlich sei die Helm AG so etwas wie seine zweite Familie. Zum 1. April übernimmt Stephan Schnabel, der Sohn des Eigentümers, den Vorstandsvorsitz. So ist es seit Längerem geplant, doch durch die neuen, ungewohnten Umstände wird die Übergabe gänzlich anders erfolgen als vorgesehen und erhofft.

Sievers verlässt seinen langjährigen Arbeitgeber im Guten, aber wegen Corona mit keinem guten Gefühl. Nun überlegt er, wie er sich von den Beschäftigten verabschieden kann – per persönlicher E-Mail, mit einer Videokonferenz? Auf jeden Fall wird es ganz anders als er es sich gewünscht hat.

Kurzarbeit wäre falsches Signal

Ohnehin ist die Arbeitssituation für die Beschäftigten der Helm AG am Hauptsitz in Hamburg seit gut einer Woche eine andere, eine nicht einfache. Nahezu alle der mehr als 600 Angestellten in der Nordkanalstraße sitzen nun im Homeoffice, arbeiten die Aufträge der Kunden ab, versuchen den Betrieb so gut es geht am Laufen zu halten. Noch sei die Lage ordentlich, sagt Sievers.

Aber auch er weiß, dass sich die Situation ändern wird, die Helm AG nicht ohne ökonomische Schrammen durch das Jahr 2020 kommt. Von Kurzarbeit für die weiterhin voll motivierte Belegschaft will Sievers dennoch nichts wissen. Dies wäre das falsche Signal zum jetzigen Zeitpunkt, sagt er.

Helm AG wird auch in Zukunft in "besten Händen" sein

Aber Sievers wird nicht müde immer wieder in dem Gespräch mit dem Abendblatt auf einen aus seiner Sicht „großen Vorteil“ der Helm AG hinzuweisen. Das Unternehmen sei in Besitz einer verantwortungsvollen Familie, habe in den vergangenen Jahren gut gehaushaltet mit seinem Geld.

  • Die Helm AG ist der größte konzernunabhängige Chemikalienhändler der Welt. Das Unternehmen sitzt in der City Süd, beschäftigt mehr als 1600 Mitarbeiter und ist in den Bereichen Chemie, Pflanzenschutz, Pharma und Düngemittel aktiv.
  • Der Umsatz betrug 2018 rund 8,3 Milliarden Euro. Gegründet wurde das Vorgängerunternehmen bereits 1900 von Karl O. Helm. Die Grundlagen für das heutige Unternehmen legte aber 1950 Hermann Schnabel.

Man hänge nicht am Tropf irgendwelcher Finanzinvestoren, für die selbst in der aktuellen Krise nur der schnelle Profit zähle – welch wohltuende Aussage eines Top-Managers, der nicht in den „Wir-gehen-unter-und-brauchen-sofort-Hilfe“-Chor vieler anderer Firmenchefs einstimmt.

Sievers ist natürlich auch klar, dass er den weiteren Verlauf der Krise nicht prognostizieren, keine unumstößlichen Voraussagen treffen kann. Dafür ist die Zeit mit Corona zu einmalig, zu extrem, zu explosiv. Aber er ist sich zumindest sicher, dass die Helm AG auch in Zukunft bei der Familie Schnabel in „besten Händen“ sein wird. Ein wichtiger Trost für ihn in turbulenten und auch ein wenig traurigen Zeiten.