Hamburg. Jeder dritte Euro in der Industrie wird laut HypoVereinsbank im Ausland verdient. Osteuropa wird vermutlich an Bedeutung gewinnen.
Neue Berechnungen der HypoVereinsbank untermauern jetzt mit harten Zahlen die Einschätzung vieler Kenner der norddeutschen Wirtschaft: Das internationale Geschäft ist für den Hamburger Raum essenziell. Von den insgesamt knapp 1,3 Millionen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in der Hansestadt und den umliegenden Landkreisen Harburg, Cuxhaven, Lüneburg, Pinneberg und Stade stehen mindestens 107.000 in direktem Bezug zum Auslandsgeschäft. Tatsächlich seien es sogar noch mehr, denn Zulieferer und Dienstleister der exportierenden Unternehmen seien dabei nicht erfasst, sagte Jörg Frischholz, Leiter des Firmenkundengeschäfts der HypoVereinsbank (HVB) in der Region Nord.
Im Verarbeitenden Gewerbe betrug der Auslandsumsatz nach jüngsten verfügbaren Zahlen 27 Milliarden Euro. Damit verdienen die Hamburger Industriebetriebe etwa jeden dritten Euro im Ausland. Hinzu kommt: Nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird sich der Anteil Deutschlands am weltweiten Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 5,6 Prozent im Jahr 1992 auf 2,8 Prozent im Jahr 2024 halbieren. Dagegen werde der Anteil der Schwellenländer von rund 42 Prozent auf etwa 63 Prozent zulegen. Damit steht für Frischholz fest: Internationale Aktivitäten werden für die Betriebe immer wichtiger: „Unternehmen, die sich nur auf Deutschland konzentrieren, lassen Chancen ungenutzt.“
Heftige Währungsschwankungen
Auf der anderen Seite hätten die Unsicherheiten im Auslandsgeschäft – etwa durch Handelskonflikte und heftige Währungsschwankungen – über die zurückliegenden beiden Jahre deutlich zugenommen. Das spüre die HVB ganz direkt im Firmenkundengeschäft, erklärte Frischholz: „Die sogenannten Akkreditive, mit denen sich Exportgeschäfte absichern lassen, wurden von den Unternehmen lange als nicht mehr so wichtig angesehen. In jüngster Zeit aber nimmt die Nachfrage stark zu.“
Konkret droht der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, immerhin der viertwichtigste Exportmarkt Hamburgs hinter Frankreich, China und den USA. „Ein möglicher Brexit würde sicherlich keinen Abriss der Handelsbeziehungen zwischen britischen und deutschen Firmen bedeuten“, sagte Frischholz, „aber es würden sich für die Geschäftsbeziehungen neue rechtliche und regulatorische Anforderungen ergeben, die mit höherem Aufwand verbunden sind.“ Dies könne im Außenhandel tendenziell zu Verschiebungen zuungunsten Großbritanniens führen.
Neue Chancen
Dafür wird Osteuropa aus Sicht des HVB-Managers an Bedeutung gewinnen: „Zwar ist die absolute Bedeutung Osteuropas als Handelspartner Hamburger Firmen noch nicht groß, verglichen etwa mit China oder Großbritannien. Aber der Außenhandel mit Ländern wie Ungarn oder der Slowakei wächst um ein Vielfaches schneller als der mit den ,großen‘ Handelspartnern.“
Zudem wendeten sich die meisten Staaten Osteuropas stark der EU zu, was den Handel mit ihnen künftig tendenziell erleichtere. Auf längere Sicht allerdings eröffneten sich darüber hinaus Chancen in einer anderen Himmelsrichtung: „Afrikanische Staaten werden als Handelspartner Deutschlands künftig noch viel wichtiger werden, vor allem wenn es um Infrastrukturinvestitionen geht.“