Hamburg. 134 Kandidaten kämpfen um 58 Sitze. 170.000 Unternehmer können entscheiden, wer gewinnt. Alle Fragen, alle Antworten.

Am heutigen Montag starten die Wahlen zum neuen Plenum der Handelskammer. Nach drei, von internen Streitigkeiten der Kammerrebellen geprägten Jahren, soll sich die Kammer wieder stärker mit den Unternehmen in der Stadt und deren Befindlichkeiten beschäftigen. Das wollen alle Kandidaten. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum Wahlauftakt.

Wann genau wird gewählt?
Gewählt wird vom 20 Januar bis 18. Februar. Alle Unternehmen bekommen zu Beginn des Wahlzeitraums per Post eine Mitteilung. Briefwahlunterlagen müssen bis spätestens zum Ende des Wahlzeitraums eingegangen sein.

Wer darf wählen?
Jedes Unternehmen, das Mitglied der Handelskammer ist, darf wählen. Nach Aussage der Kammer sind das derzeit etwa 170.000 Unternehmen in Hamburg. Dazu zählen auch viele Kleinstfirmen und Ein-Personen-Betriebe.

Wie läuft die Wahl ab?
Die Unternehmer können ihre Stimme per Briefwahl – und erstmals seit 2008 auch wieder online abgeben Mit der Wahlmitteilung bekommen sie eine Anleitung für die Online-Wahl sowie den Antrag für Briefwahlunterlagen zugesendet. Wer online abstimmen will, kann sich per QR-Code oder über eine Identifizierungsnummer aus den schriftlichen Unterlagen auf die entsprechende Internetseite leiten lassen. Dort muss er sich identifizieren, (Geburtsdatum, Handynummer, Pin). Dann kann der Wahlberechtigte abstimmen. Allerdings nur in der jeweiligen Wahlgruppe, also Branche, zu der er gehört. Es gibt neun Wahlgruppen: Finanz- und Versicherungswirtschaft, Dienstleistungen, Einzelhandel, Groß- und Außenhandel, Güterverkehr, Immobilienwirtschaft, Industrie, Informationstechnologie und Medienwirtschaft sowie die Tourismus- und Freizeitwirtschaft.

Wie viele Stimmen hat man?
Das ist sehr unterschiedlich und richtet sich nach der jeweiligen Wahlgruppe, zu der man gehört. Die Anzahl der Sitze einer Wahlgruppe im Plenum hängt nämlich von der wirtschaftlichen Bedeutung der jeweiligen Branche in Hamburg ab. In jeder Wahlgruppe gibt es zudem Sitze für kleine, mittelgroße und große Unternehmen reserviert. Insgesamt sind 58 Sitze für das Plenum zu vergeben.

Welche Funktion hat das Plenum?
Das Plenum bestimmt die Richtlinien der Kammerarbeit. Außerdem soll es sich in den wirtschaftspolitischen Diskurs der Stadt mit eigenen Ideen und Positionen einbringen. Zudem werden aus seinen Reihen der Präses und die Vizepräsides der gewählt. Das Plenum tagt in der Regel einmal monatlich.

Wer stellt sich zur Wahl?
Insgesamt kämpfen 134 Kandidaten um 58 Sitze. Die meisten, nämlich 26, kommen aus der Dienstleistungsbranche. Im Prinzip sollen die Unternehmer unabhängig sein und nur für ihre persönliche Überzeugung antreten. Bei dem überragenden Wahlerfolg der Kammerrebellen bei den Plenumswahlen 2017 wurde erstmals ein Bündnis von Kandidaten ins Plenum gewählt, das mit gemeinsamen Zielen und Wahlversprechen angetreten war. Deshalb gehen auch diesmal neben einer Reihe unabhängiger Kandidaten diesmal drei Wahlbündnisse ins Rennen, deren Kandidaten aus nahezu allen Branchen kommen. Neben der Gruppe der ehemaligen Kammerrebellen, „Die Kammer sind Wir“ (DKSW) sind das die „Starke Wirtschaft Hamburg“ und die „Zukunftskammer“.

Wofür stehen die Wahlgruppen
und Kandidaten?

„Die Kammer sind Wir“ ist für die Fortsetzung des Modernisierungskurses der Kammerrebellen. Sie will die Beiträge weiter senken und die Kammer verschlanken. Repräsentative Großveranstaltungen werden infrage gestellt. Das Bündnis sieht sich als Vertreter der kleinen und mittleren Unternehmen in der Stadt und setzt sich inhaltlich für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel ein. Die „Starke Wirtschaft Hamburg“ ist die größte Wahlgemeinschaft mit Kandidaten aus allen Branchen. Zu den bekannten Firmen, die dort mitmachen, zählen die Hamburger Sparkasse, die Block Gruppe, Jungheinrich und die Helm AG, aber auch der ehemalige St.-Pauli-Profi und heutige Rewe-Einzelhändler Holger Stanislawski. Die Gruppe will die Kammer zu ihrer alten Bedeutung verhelfen. Sie will die Finanzen ordnen und die Kammer wie ein Unternehmen ausrichten, mit einer starken Hauptgeschäftsführung, die ähnlich wie ein Vorstand arbeitet. Das Plenum soll eher die Funktion eines Aufsichtsrats übernehmen. Inhaltlich ist die Gruppe breitgefächert, setzt aber stark auf das Thema Fachkräftemangel. Zudem stehen die Verkehrspolitik, Innovationsförderung sowie Hochschulausgründungen im Fokus. Die „Zukunftskammer“, deren Ziele bekannte Unternehmer wie der Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank, Reiner Brüggestrat, und der Hamburg-Chef von Airbus, Georg Mecke, vertreten, unterscheidet sich von der Starken Wirtschaft nur graduell. Sie will – wie der Name sagt – Hamburgs Wirtschaft fit für die Zukunft machen. Auch dieses Bündnis hält das Problem des Fachkräftemangels für zentral. Hinzu kommen Themen wie Digitalisierung, Mobilität und Innovationsförderung.

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Wer könnte Präses werden?

Die Wahlgruppe, die die meisten Sitze erringt, hat sicherlich die besten Chancen, den künftigen Präses zu stellen. Für die „Starke Wirtschaft Hamburg“ sind das die Unternehmensberaterin Astrid Nissen-Schmidt und der Kulturmanager und Theater-Gesellschafter, Norbert Aust, die als Doppelspitze agieren. „Die Kammer sind Wir“ tritt mit dem Spirituosenhersteller Kai Elmendorf und dem Chef der Bürgergenossenschaft Energienetz Hamburg, Matthias Ederhof, an. Auch der Hafenunternehmer Johann Killinger spielt eine bedeutende Rolle. Die Gruppe „Zukunftskammer“ sagt von sich, dass sie keine Spitzenkandidaten hat. Dem derzeitigen Vize-Präses der Handelskammer, André Mücke, werden aber Ambitionen und auch gute Chancen auf einen Präsidiumsposten nachgesagt. Zur Gruppe gehören auch Unternehmer wie der langjährige Ex-Präsident der HafenCity Universität, Walter Pelka, oder Telekom-Manager Thomas Sell. Aber auch unabhängige Kandidaten, wie der Präsident des Groß- und Außenhandelsverbands AGA, Hans Fabian Kruse, oder der Chef der Drogeriemarkt-Kette Budnikowsky, Cord Wöhlke, sind präsidiale Kandidaten.

Was ändert sich beim Plenum
durch die neue Wahlordnung?

Durch die neue Wahlordnung ändert sich der Wahlmodus. Die Wahlperiode dauert nun vier statt drei Jahre. Neu ist auch, dass die Plenumsmitglieder zum ersten Mal nicht nur nach der Wahlgruppe, sondern auch nach der Betriebsgröße gewählt werden. Kleine Unternehmen haben bis zu neun Beschäftigte, mittelgroße Betriebe bis zu 249 und große Firmen mehr als 250 Beschäftigte.

Wer zählt aus und entscheidet
final über den Wahlausgang?

Nach Abschluss der Wahl stellt der Wahlausschuss das Ergebnis fest. Er entscheidet über die Gültigkeit der abgegebenen Stimmen. Der Wahlausschuss setzt sich aus unabhängigen Unternehmern, die allerdings nicht selbst kandidieren dürfen, und dem Justiziariat der Handelskammer zusammen. Das Ergebnis soll voraussichtlich am 19. oder 20. Februar verkündet werden.