Hamburg. Bei der “Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg“ redete André Mücke dem Senat ins Gewissen – ein bisschen.

Zum Jahresschluss erlebt Hamburgs Wirtschaft traditionell einen Höhepunkt. Am Silvestertag treffen sich die Unternehmer und Manager der Stadt bei der „Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg“. Auch im Jahr 2019 kamen mehr als 1300 Gäste in feinen Anzügen mit großen Erwartungen in die Handelskammer. Der besondere Reiz der Veranstaltung liegt darin, dass die Wirtschaft hier der Politik ihre Meinung sagen kann, ohne dass diese antworten darf – der Senat hat bei der VEEK kein Rederecht. Nicht selten wurde diese Versammlung in der Vergangenheit zu einer Generalabrechnung mit der Politik des Senats genutzt.

Die Umstände waren auch in diesem Jahr günstig. Sowohl Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) als auch die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) hatten ihr Kommen angekündigt. Dazu die Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) und fünf Senatoren.

Handelskammer Hamburg ungewohnt zahm

Mit der anstehenden Bürgerschaftswahl und den internen Streitigkeiten in der Handelskammer, die zu den Plenumswahlen erneut eskaliert sind, gab es auch genügend Kritikpunkte, an die man anknüpfen konnte.

Doch der große Schlagabtausch blieb aus. Allzu kritische Fragen wurden von den beiden Hauptrednern, dem amtierenden Präses der Handelskammer, André Mücke, und dem Vorsitzenden der Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns (VEEK), Gunter Mengers, ausgeblendet. Der Streit über das Gebaren der Kammerrebellen, das in der Vergangenheit zu Auseinandersetzungen geführt hatte, kam überhaupt nicht zur Sprache. Grund war ein zuvor unter den Rednern ausgehandelter verbaler Nichtangriffspakt.

„Ich möchte anmerken, dass wir mit Herrn Mücke eine Vereinbarung getroffen haben, dass hier und heute keine Wahlrede gehalten wird und ich davon absehe, auf die bisherige Tätigkeit des Ehrenamtes nochmals einzugehen“, stellte Mengers gleich am Anfang der Veranstaltung klar. So blieb es bei allgemeinen Forderungen.

"In der Verwaltung hakt es"

Vizepräses Mücke rief dazu auf, sich enger mit der Politik der anderen norddeutschen Nachbarländer zusammenzuschließen. Insgesamt müsse die Zusammenarbeit in der Metropolregion verbessert werden, forderte Mücke. In der Clusterpolitik und der Wissenschaftsstrategie würden sich Hamburg und die norddeutschen Länder zu viele eigene Sonderwege leisten, die die Region, ihre Menschen um Wohlstand bringe, sagte Mücke unter Bezugnahme auf die jüngste Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), nach der das Wachstum in der Metropolregion Hamburg hinter dem anderer deutscher Metropolen zurückbleibt.

„Wir wünschen uns, dass das Klein-Klein beendet wird und in der Politik – so wie es in der Wirtschaft längst der Fall ist – über Kreis- und Ländergrenzen hinweg ein Schulterschluss hergestellt wird“, sagte Mücke bei der Feierstunde. Mehr Zusammenarbeit sei möglich, ohne an den Ländergrenzen zu rütteln.

Mit Blick auf den bevorstehenden Bürgerschaftswahlkampf forderte Mücke Verbesserungen in der Infrastruktur- und Verkehrspolitik, sowie in der Bereitstellung von Wirtschaftsflächen. „Ein Thema, das uns große Sorge bereitet, ist die Frage, wo Arbeitsplätze geschaffen werden können. Leider haben wir den Eindruck, dass es an einigen Stellen der Verwaltung noch hakt.“

Mitglieder wollten Mücke das Wort entziehen

Über seinen Auftritt hatte es im Vorstand der VEEK im Vorfeld einen heftigen Disput gegeben. Einige Mitglieder hatten gefordert, dass Mücke nicht reden dürfe, da er selbst für das neue Kammerplenum kandidiert, dass Mitte Januar bis Mitte Februar gewählt wird. VEEK-Chef Mengers setzte sich am Ende durch: Der amtierende Präses habe immer bei der Versammlung gesprochen. Mit der Tradition wolle er nicht brechen.

Mengers beklagte fehlende Konzepte der Bundesregierung, um dem tiefgreifenden Strukturwandel durch die Digitalisierung zu begegnen. „Wie sie wissen, ist die derzeitige Koalition in Berlin geprägt von kurzfristigen persönlichen Überlebensstrategien. Eine langfristige Konzeption – also heute Weichen stellen für morgen – ist beim besten Willen nicht erkennbar. Positiver sieht Mengers die Hamburger Ansätze zur Förderung der Digitalisierung. Der Senat habe „endlich mehr Gas“ gegeben. Auch er sparte mit Kritik, warnte lediglich vor weiteren regulatorischen Ansätzen, insbesondere in der Umweltpolitik: „Lassen Sie uns Luft zum Atmen.“ Nach der Versammlung trafen sich Unternehmer und Politiker zu einem Umtrunk. Auch der verlief harmonisch.