Hamburg. Opposition und Umweltschützer beklagen Desinformation bei den möglichen Kosten. Die Wirtschaft fordert eine Entscheidung.
Die deutlich höheren Kostenschätzungen für eine neue Köhlbrandquerung haben in der Hamburger Politik heftige Reaktionen ausgelöst. CDU und FDP werfen dem Senat Entscheidungsschwäche vor und fordern eine schnelle Klarstellung. Auch Hamburgs Wirtschaft setzt den Senat unter Druck, sich schnell für ein Ausgleichsbauwerk zu entscheiden. Umweltschützer beklagen hingegen „Desinformation“ und werfen der rot-grünen Landesregierung vor, die wahren Kosten für das Bauprojekt verschwiegen zu haben.
Alle reagierten auf einen Bericht des Abendblatts, wonach die für die Straßen im Hafen zuständige Hamburg Port Authority (HPA) den Senatsvertretern im Aufsichtsrat bereits vor mehr als einem Jahr eine Berechnung vorgelegt hat, die nach den Maßgaben des kostenstabilen Bauens entstanden ist. Demnach wird eine neue Köhlbrandbrücke 2,5 Milliarden Euro kosten, ein Bohrtunnel rund 3,2 Milliarden Euro.
Bund bezahlt nur ein großes Infrastrukturprojekt
Volle Kostentransparenz sei bei Großprojekten zwingend, sagte Manfred Braasch, der Landesgeschäftsführer des BUND. Die Wirtschaftsbehörde betreibe gezielte Desinformation, wenn sie ein Jahr lang die Dimension der wahren Kosten für den Ersatz der Kohlbrandbrücke zurückhalte. „Mit dem Verschweigen der Kosten soll vor allem der Bau der umstrittenen A-26-Ost durchgedrückt werden“, sagte Braasch. „Berlin wird kaum zwei Verkehrsprojekte in Hamburg fördern, die Stadt müsste die Köhlbrand-querung ohne Bundeszuschüsse bauen. Eine Milliarde lässt sich gerade vor den Wahlen besser verkaufen als drei.“ Auch der hafenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Norbert Hackbusch, kritisierte Desinformation: „Das Hamburger Abendblatt hat ein eklatantes Versäumnis des Senats festgestellt: Seit über einem Jahr liegen Berechnungen über die notwendigen Investitionen bezüglich der Köhlbrandbrücke vor, aber der Bürgerschaft werden sie nicht vorgelegt. Das Ganze ist eine Unverschämtheit gegenüber der Bürgerschaft und der gesamten Stadtgesellschaft.“
Warnung vor massiven Verkehrseinschränkungen
Angesichts der Warnung der HPA, dass bei einer Verzögerung der Entscheidung über einen Neubau künftig mit massiven Verkehrseinschränkungen auf der alten Köhlbrandbrücke gerechnet werden müsse, wächst auf breiter Front der Druck auf den Senat. So sagte der Vize-Präses der Handelskammer, André Mücke: „Ein Ersatzbauwerk für die Köhlbrandbrücke ist unverzichtbar. Eine Einschränkung oder gar ein Ausfall dieser lebenswichtigen Verbindung in den Hafen wäre eine Katastrophe. Wir fordern den Senat dazu auf, endlich eine Grundsatzentscheidung in Bezug auf den Bau eines Tunnels oder einer Brücke zu treffen und das Projekt mit der gebotenen Eile voranzubringen.“ Ähnlich äußerten sich CDU und FDP. „Die Entscheidungsschwäche des Senats ist mittlerweile ein echtes Problem für den gesamten Wirtschaftsstandort. Es muss zeitnah eine Richtungsentscheidung her“, meinte der hafenpolitische Sprecher der CDU, Ralf Niedmers. Der Fraktionschef der FDP, Michael Kruse, ergänzte: „Jede weitere Zeitverzögerung wirkt sich negativ auf die Kosten aus, weshalb Eile geboten ist.“