Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten. Wir prüfen, wie gut sie sind. Heute: der vegane Bratling, der Beyond Meat ablöst.
Hamburg Er sieht aus wie ein klassischer Hamburger. Und er riecht auch so. Als der Koch den Burger direkt aus der Küche an den Tisch bringt, breitet sich auf dem Gesicht von Franziskus Schnabel ein zufriedenes Lächeln aus. Der Niedersachse steckt hinter dem neuen veganen Bouletten-Brötchen, das seit Mitte Oktober auf der Speisekarte von Otto’s Burger steht.
„Die Nachfrage wächst“, sagt Inhaber Daniel MacGowan. Die Hamburger Burger-Braterei gehörte vor einem Jahr zu den Ersten in Deutschland, die eine Hamburger-Variante aus pflanzlichem Eiweiß statt aus Fleisch angeboten hatte. Die Bratlinge des Herstellers Beyond Meat wurden eigens aus den USA eingeflogen. Die Kunden waren angetan, trotzdem gab es Probleme. „Die Lieferungen waren zu unzuverlässig und die Transportwege für ein nachhaltiges Lebensmittel aus unserer Sicht zu lang“, sagt MacGowan. Deshalb hat Otto’s Burger jetzt eine regionale Alternative entwickelt.
Otto's Burger bietet Beyond Meat Paroli
„Wir wollten auch eine geschmackliche Verbesserung“, sagt Franziskus Schnabel, der im Heidedorf Jelmstorf die Lebensmittel-Manufaktur Beef & Basics betreibt und seit einigen Jahren exklusiv die Patties für Otto’s Burger produziert. Der 41-Jährige mit den muskelbepackten Oberarmen war schon Tischler und hat Architektur studiert, bevor er seine Liebe zu gutem Fleisch zum Job gemacht.
Das hält ihn nicht davon ab, auch mit veganen Produkten zu experimentieren. Los ging es vor zwei Jahren mit Mayonnaise und Saucen. Im Sommer beschlossen er und MacGowan, dem mächtigen US-Hersteller Beyond Meat mit einer norddeutschen Variante des Fleischersatzes Paroli zu bieten.
Der erste vegane Burger aus Norddeutschland
Schnabel mischte in seiner Küche zunächst schwarze Bohnen, Haferflocken und – für den blutigen Look – Rote Bete. „Es waren viele Versuche und viele Fehlschläge“, sagt der Quereinsteiger, der den Begriff Laborfleisch gar nicht mag. Er wollte ein Produkt, dass ohne Soja und mit wenig künstlichen Zusätzen auskommt. Als nächstes besorgte er Protein von Erbsen, Weizen und Ackerbohnen, fügte Raucharomen und klassische Fleischgewürze dazu. Im August hatte er die erste zufriedenstellende Variante mit Zutaten aus der Region. „Wir wussten, wir müssen jetzt schnell loslegen“, sagt Daniel MacGowan.
Nach dem Siegeszug des Fleischimitats von Beyond Meat, unter anderem befördert von Microsoft-Mitgründer Bill Gates und Hollywood-Star Leonardo DiCaprio, ist der Hype auch in Deutschland groß. Auch die Verbraucherzentrale Hamburg bewertet pflanzliche Burger generell als gute Alternative – trotz der Zusatzstoffe. Hersteller, Händler und Gastronomen überbieten sich beim Kampf um die Gunst der Kunden mit
veganem Fake-Fleisch.
Im Visier haben die Unternehmen, darunter große Fleischproduzenten wie die PHW-Gruppe mit der bekannten Marke Wiesenhof, dabei nicht die Kunden der ersten Vegetarier-Generation, sondern vor allem sogenannte Flexitarier. „Wenn es kein Verzicht ist, gibt es keinen Grund die veganen Produkte nicht zu essen“, sagt Gastronom MacGowan, der mit seiner Kette aktuell fünf Restaurants in Hamburg, Lüneburg und Köln betreibt und im Jahr fünf Millionen Euro umsetzt. Etwa 15 Prozent davon inzwischen mit veganen Burgern.
Bei Edeka gibt es den Burger ab November im Kühlregal
Mit Schnabel will er jetzt im Geschäft mit den Alternativen zu tierischen Nahrungsmitteln einsteigen. Gemeinsam gründeten sie die Vertriebsfirma Keen 4 Greens. Produziert wird das neue vegane Burger-Patty in einem Partnerbetrieb in Bienenbüttel. Als ersten großen Kunden haben Schnabel und MacGowan Edeka Nord ins Boot geholt. Ab 11. November soll er in den Kühlregalen liegen – unter dem Namen Otto’s Burger. „Uns verbindet die gleiche Qualitätsphilosophie sowie das gleiche Verständnis von Produktqualität und Regionalität. Wir sind stolz auf diese regionale Kooperation“, sagt Stephan Weber, Geschäftsführer Fleischwerk Edeka Nord.
Auch der Gastro-Großhändler Bartels-Langness (Citti, Chefs Culinar, The Pool) zeigt Interesse und wird das Produkt demnächst ins Sortiment aufnehmen. Aktuell liefen Gespräche mit Studentenwerken und Altenheimen, so die Geschäftspartner.
„Es bahnt sich eine dauerhafte Veränderung beim Konsum an“, sagt Fleischverarbeiter Schnabel. Viele Menschen wollten weniger Fleisch essen und wünschten sich deshalb Alternativen. „Das ist ein Wachstumsmarkt.“ In seiner Versuchsküche laufen die Vorbereitungen für weitere Produkte. Als nächstes sollen vegane Hackfleischbällchen und Bratwurst auf den Markt kommen.
Der Test
Produkt: Das vegane Burger-Patty wiegt 115 Gramm im Restaurant und 110 Gramm im Einzelhandel. Die Textur ist ähnlich wie bei einem Rindfleisch-Patty.
Inhaltsstoffe/Nährstoffe: Statt Fleisch enthält der Bratling Protein von Weizen, Erbsen, Bohnen sowie Rapsöl, Rote-Bete-Extrakt, Bockshornklee, Zwiebel, Gewürze, Röstaromen und Hefe-Extrakt. Als Verdickungsmittel wird Methylzellulose (E 461) eingesetzt, die als unbedenklich eingestuft wird. Im Vergleich zu anderen Anbietern ist die Liste der Zusatzstoffe deutlich kürzer. Ein Patty hat 250 Kilokalorien. Der Fettgehalt beträgt 17 Gramm auf 100 Gramm und ist damit ähnlich wie bei einem Fleisch-Burger.
Geschmack: Auf den ersten Blick ist kaum ein Unterschied zu erkennen. Der Burger sieht – auch roh – nahezu aus wie Fleisch, riecht zubereitet fleischig und schmeckt besonders in Verbindung mit Brötchen, Salat und Saucen rund. Im Test wurde gelobt, dass der (Nach-) Geschmack im Vergleich zu Beyond Meat weniger aufdringlich ist.
Umwelt: Nach Angaben der Verbraucherschutzzentrale ist die Herstellung eines fleischlosen Burger-Pattys schonender für die Umwelt als die Rindfleisch-Produktion. In diesem Fall entfallen zudem lange Transportwege.
Preis: Bei Otto’s Burger wird jeder Burger auf der Speisekarte entweder mit Fleisch oder mit dem veganen Patty serviert. Mit einem Aufpreis von 1,50 Euro ist er halb so teuer wie die Beyond-Meat-Variante. Bei Edeka ist der Burger unter dem Namen Otto’s Burger ab 11. November im Sortiment. Der Preis entspricht mit 4,99 Euro für zwei 110-Gramm-Patties dem von Beyond Meat. Das Vergleichsprodukt, etwa bei Aldi, kostet 2,99 Euro.
Fazit: Eine Alternative, wenn es kein Fleisch sein soll. Dazu kommt das gute Gewissen, weil die Zutaten aus der Region kommen. Abendblatt-Urteil: fünf von fünf Sternen.