Hamburg. Nach dem Hype um die veganen Patties von Beyond Meat drängen immer mehr Hersteller mit Alternativen in den Markt.

Auf der Speisekarte stehen die Burger mit Beyond Meat bereits seit vergangenem Herbst. Bestellen kann man die vegane Alternative zu den beliebten Bouletten-Brötchen bei Otto’s Burger aber schon seit zwei Wochen nicht mehr. „Es gibt Lieferschwierigkeiten“, sagt Daniel MacGowan und hebt entschuldigend die Schultern.

Der Chef von Otto’s Burger gehörte zu den Ersten in Deutschland, die die fleischfreie Variante des angesagten US-Unternehmens in Deutschland im Angebot hatte. Inzwischen machen die Patties aus Erbsenprotein 15 Prozent der Bestellungen in den vier Restaurants der Gastro-Kette in Hamburg und Lüneburg aus. Da sind Lieferengpässe natürlich ziemlich ungünstig. Auch deshalb hat Otto’s Burger einen eigenen pflanzlichen Burger auf der Basis von Weizenprotein entwickelt. Otto’s Vegan soll er heißen.

Trick beim "blutigen Look"

Es brutzelt, riecht und schmeckt wie Fleisch. Zumindest beinahe. Als Extra für den „blutigen Look“ wird Rote-Beete-Saft beigemischt. Wer hätte gedacht, dass in Deutschland der Hype um Burger, die statt aus Fleisch vor allem aus pflanzlichem Eiweiß bestehen, einmal so groß sein würde, dass sich Hersteller, Händler und Gastronomen im Kampf um die Gunst der Kunden mit Angeboten überbieten. Nachdem die Discounter Lidl und Netto vor einigen Wochen die Beyond-Meat-Bratlinge in Sonderaktionen tiefgekühlt beziehungsweise frisch angeboten hatten und in vielen Märkten trotz des stolzen Preises von 4,99 Euro für das Zweierpack mit insgesamt 227 Gramm schon nach wenigen Stunden ausverkauft waren, ist der Bann endgültig gebrochen.

Unternehmen sehen in Flexitariern neuen Markt

Im Visier der Unternehmen sind dabei nicht etwa nur die Kunden der ersten Veganer-Generation, die vor allem aus ethischen Gründen keine tierische Lebensmittel essen, sondern vor allem die sogenannten Flexitarier. Also alle, die zwar ab und zu auf Fleisch, aber nicht auf den Geschmack verzichten wollen – ein ungleich größerer Markt.

Man arbeite an weiteren Aktionen mit Beyond Meat, hieß es auf Abendblatt-Anfrage aus der Lidl-Unternehmenszentrale in Neckarsulm. Details wurden nicht genannt. Als Alternative hat der Discounter am Donnerstag schon mal eine vegane Eigenkreation unter dem Namen Next Level Burger für 2,99 Euro im Doppelpack in die Kühltruhen gebracht. Konkurrent Aldi folgt am Montag mit dem sojabasierten Wonder Burger ebenfalls für 2,99 Euro zunächst im Süden Deutschlands und vom 30. August an dann auch im Verbreitungsgebiet von Aldi Nord. Auch diverse heimische Marken geben Gas und promoten Produkte wie Vegane Mühlen Burger Typ Rind (Rügenwalder Mühle), Juicy Burger (Like Meat) oder The Incredible Burger (Nestlé-Tochter Garden Gourmet). Gemacht sind sie – ähnlich wie das Original – auf Basis von Proteinen, die aus Gemüse, Weizen und/oder Soja gewonnen, mit pflanzlichen Ölen sowie mehr oder weniger Zusatzstoffen und Gewürzen gemischt werden.

US-Unternehmen Beyond Meat ist zwölf Milliarden Euro wert

Begonnen hat der Siegeszug des Fleischimitats in den USA. 2009 hatte Ethan Brown Beyond Meat gegründet. Der Firmenname, übersetzt „jenseits von Fleisch“, ist Programm. Unter der Bezeichnung Beyond Chicken begann das Start-up 2013 erste Hühnerersatzprodukte aus dem Labor zu verkaufen – und hatte schnell die Aufmerksamkeit des Marktes. Die Tierschutzorganisation Peta kürte Beyond Meat zum Unternehmen des Jahres. Für Bekanntheit sorgten Microsoft-Mitgründer Bill Gates und Hollywood-Star Leonardo DiCaprio, die neben anderen als Geldgeber einstiegen. Noch im gleichen Jahr kam Beyond Beef auf den Markt. Das Angebot des Fake-Fleisch-Produzenten wächst stetig. Nach Unternehmensangaben brauchen die veganen Burger bei der Herstellung 99 Prozent weniger Wasser, 93 Prozent weniger Land, 90 Prozent weniger CO2 und 46 Prozent weniger Energie.

Das kommt gut an. Auch im zweiten Quartal 2019 übertraf die kalifornische Firma mit einem hohen Umsatzplus die Erwartungen. Die Erlöse stiegen im Jahresvergleich von 17,4 Millionen um satte 287 Prozent auf 67,3 Millionen Dollar (60,4 Millionen Euro). „Wir glauben, dass unser positiver Schwung das wachsende Verlangen der Mainstream-Verbraucher zeigt“, hatte Vorstandschef Ethan Brown bei der Zahlenvorlage zu Wochenbeginn erklärt und seine Umsatzerwartung für 2019 auf 240 Millionen Euro nach oben korrigiert. Nach einem furiosen Börsengang Anfang Mai wird die Aktie inzwischen um rund das Neunfache über dem Ausgabekurs von 25 Dollar gehandelt. Der Börsenwert von Beyond Meat ist in drei Monaten auf knapp zwölf Milliarden Dollar gestiegen. Allerdings: Geld verdient Beyond Meat bislang nicht – im vergangenen Quartal lag der Verlust bei 9,4 Millionen Dollar.

Wiesenhof-Produzent vermarktet Beyond-Meat-Produkte

In Deutschland hat die PHW-Gruppe aus Vechta, vor allem für günstiges Geflügelfleisch der Marke Wiesenhof bekannt, 2018 den Vertrieb der Beyond-Meat-Produkte übernommen. Es ist nicht die einzige Partnerschaft des Hähnchenproduzenten in der Foodtech-Szene. Unter anderem investiert PHW mit dem neuen Bereich „Alternative Proteinquellen“ in Start-ups wie Just Egg, das pflanzliches Rührei aus Mungobohnen herstellt, und in Good Catch, die veganen Thunfisch produzieren. Hinter dem Erfolg von Beyond Meat steckt auch eine clevere Geschäftsstrategie, die mehr auf Gesundheit, Tier- und Klimaschutz sowie die Rettung des Planeten abzielt – und weniger auf Verkaufen und Gewinne. Auch bei der Vermarktung macht das Unternehmen Vorgaben: Die Produkte liegen in den Geschäften nicht etwa in der veganen Ecke, sondern in der Fleischtheke. Auch die – möglicherweise künstliche – Verknappung befeuert den Hype.

Kritik an Fleisch aus dem Labor

Für Argwohn sorgt, dass Produkte aus den Laboren von Beyond Meat und anderen unter Öko-Aspekten zu den industriell verarbeiteten Lebensmitteln gehören. Trotzdem steigt die Nachfrage. Auch bei der Imbiss-Kette Vincent Vegan mit drei Filialen in Hamburg und Berlin ist der Beyond-Meat-Burger beliebt. „Er macht einen beträchtlichen Anteil unserer Burger-Abverkäufe aus“, sagt Co-Gründer Topias Rohde. Von den Lieferschwierigkeiten sind Hamburger, die die Burger seit Oktober 2018 auf der Karte haben, nicht betroffen. „Aber wir hatten schon Anfragen von anderen Gastronomen, die bei uns Patties kaufen wollten“, so der Gründer. Für die Zubereitung auf dem heimischen Grill gibt es sie nur beim Großhändler Metro, der sie über Österreich bezieht. Auch Beyond-Meat-Bratwurst ist gelistet. Beim Onlinehändler Gourmondo sollen die Burger ab 10. August wieder lieferbar sein.

„Das Bewusstsein für nachhaltige Ernährung ist gewachsen“, sagt Otto’s-Burger-Geschäftsführer Daniel MacGowan. „Proteinburger sind eine gute Alternative zu Fleisch.“ In der Produktionsküche im Jelmstorf (Lüneburger Heide) ist die Entwicklung der veganen Otto’s Bouletten in der Endphase. „Wir brauchen aber noch eine neue Produktionsmaschine, um den Bedarf für alle unsere Restaurants zu decken“, sagt der 38-Jährige. In den nächsten Wochen soll Otto’s Vegan auf der Karte stehen. Übrigens deutlich günstiger als die Bratlinge der amerikanischen Konkurrenz, für die drei Euro Aufschlag fällig werden. Parallel testen die Burger-Brater eine eigene Variante mit Erbsenprotein. „Wir wollen unabhängig sein“, sagt MacGowan. Im nächsten Jahr will Otto’s Burger mit den Patties auch in den Einzelhandel.