Hamburg. Experten der HypoVereinsbank erwarten einen weiteren Anstieg der Immobilienpreise. Auch die Mieten erhöhen sich noch.
In Hamburg werden derzeit so viele Wohnungen gebaut wie noch nie. Mit 9700 fertiggestellten Wohneinheiten wurde im vergangenen Jahr der bisherige Höchststand von 1996 – eine Folge des damaligen Wiedervereinigungsbooms – noch übertroffen. Die Zahl der Baugenehmigungen lag sogar noch darüber, was für die nächsten Jahre eine weitere Steigerung erwarten lässt. „Der Bedarf aber wird bei Weitem nicht gedeckt“, sagt Tim Ockert, Leiter der Immobilienfinanzierungs- und Vermögensspezialisten der HypoVereinsbank in der Region Nord: „Auf absehbare Zeit wird die Nachfrage das Angebot voraussichtlich deutlich übersteigen.“
Insbesondere in den Bezirken Wandsbek und Nord sei zwar eine hohe Bauleistung absehbar, heißt es in der aktuellen Wohnimmobilienmarkt-Studie der Bank. Allerdings öffne sich die Schere zwischen Genehmigungen und Fertigstellungen durch Engpässe im Baugewerbe immer weiter. Auch damit sind weitere Preissteigerungen schon vorgezeichnet. Während etwa Neubauwohnungen und neuwertig sanierte Altbauwohnungen von rund 75 Quadratmetern in Lagen mittlerer Qualität – dazu gehören Niendorf, Eidelstedt, Wandsbek, Rahlstedt und Bergedorf – im Jahr 2016 nach Angaben der HypoVereinsbank noch 3800 bis 5400 Euro je Quadratmeter kosteten, sind es derzeit bereits 4600 bis 7100 Euro. Das ist ein Anstieg um 27 Prozent innerhalb von nur drei Jahren, als die Bank ihre Vorgängerstudie erstellte.
Immobilien-Käufer zu Abstrichen bei Lage bereit
Noch etwas stärker – um 33 Prozent – zogen im gleichen Zeitraum die Kaufpreise von Einfamilienhäusern in mittleren Lagen an. Für ein Objekt mit rund 140 Quadratmetern Wohnfläche werden dort inzwischen 620.000 bis 830.000 Euro fällig. In sehr guten Lagen hingegen, zum Beispiel in den Elbvororten Blankenese und Othmarschen sowie an der Außenalster, reicht die Spanne nun von einer Million Euro bis 3,3 Millionen Euro. Einzelne Luxusobjekte sind allerdings noch wesentlich teurer.
Zwar unterscheidet die HypoVereinsbank-Studie nur nach vier Lage-Kategorien (einfach, mittel, gut, sehr gut) und nicht nach einzelnen Stadtteilen innerhalb dieser Abstufungen. Eines aber lasse sich generell feststellen, sagt Claudia Förster, Leiterin des Immobilienfinanzierung-Expertenteams in Hamburg: „Immer mehr Käufer sind angesichts des inzwischen erreichten hohen Preisniveaus sowie des Objektmangels in zentralen Vierteln bereit, Abstriche bei der Lage zu akzeptieren.“ Sie zögen also an den Stadtrand und ins Umland. Daher hätten sich sowohl Eigentumswohnungen als auch Eigenheime dort zuletzt deutlich stärker verteuert als in den innenstadtnäheren Lagen Hamburgs.
„Lebhaftes Marktgeschehen“
Nicht nur wegen des größeren Angebots, auch wegen der niedrigeren Preise sei vor allem in den Vierteln am nördlichen und östlichen Stadtrand wie Langenhorn, Sasel, Billstedt oder Lohbrügge ein „lebhaftes Marktgeschehen“ zu beobachten, so Förster. Wilhelmsburg werde bei Eigenheimkäufern immer beliebter, und auch die „dörflichen Lagen“ in den Vier- und Marschlanden (Curslack, Altengamme, Neuengamme) stießen auf ein zunehmendes Interesse, sagt die HypoVereinsbank-Immobilienexpertin.
Baugrund für weniger als 400 Euro je Quadratmeter sei im Grunde nur noch im Bezirk Harburg südlich der Elbe sowie in Teilen von Bergedorf zu finden, sagt Ockert. In sehr guten Lagen müsse man mit mindestens 1000 Euro pro Quadratmeter rechnen. Hier stünden Käufer aber häufig in Konkurrenz mit Investoren, „die begehrte Lückengrundstücke mit Mehrfamilienhäusern bebauen“. Ohnehin verzeichne die Bank im Immobilienfinanzierungsgeschäft die höchste Wachstumsdynamik durch die „Erbengeneration“ im Segment der vermögenden Privatkunden.
Historisch niedriges Zinsniveau
Sie nutzen das historisch niedrige Zinsniveau ebenso wie die viel höhere Zahl der Immobilienkäufer ohne besonders großes Vermögen, indem sie sich für sehr lange Zinsbindungen von bis zu 30 Jahren entscheiden: „Die Kunden möchten sich die derzeit niedrigen Zinsen so lange wie möglich sichern und damit Planungssicherheit gewinnen“, so Ockert. Man empfehle den Baukreditnehmern aber, die Zinsersparnis in eine höhere Tilgung fließen zu lassen. Aktuell betrage die anfängliche Tilgung bei Privatkunden im Schnitt drei Prozent.
Auffällig ist, dass in Hamburg die Mieten für Eigentumswohnungen in guter Lage seit dem Jahr 2000 deutlich weniger stark gestiegen sind (um 70 Prozent) als die Kaufpreise (um 130 Prozent). Vor allem die Versorgung mit kleineren Wohnungen sei aber wegen der stetig steigenden Zahlen von Single- und Kleinhaushalten unzureichend, heißt es in der Studie: „Bezahlbare Wohnungen mit ein bis zwei, zunehmend auch mit drei Zimmern sind in Hamburg nicht mehr nur in zentralen Lagen Mangelware.“ In guter Lage betrage die Kaltmiete aktuell im Schnitt 16,60 Euro je Quadratmeter. Zum Vergleich: In München sind es sogar 19,10 Euro, in Berlin 15,80 Euro.
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Auch wenn im Hinblick auf die Immobilienpreise immer wieder über das Risiko einer Marktüberhitzung spekuliert wird, ist nach Einschätzung der HypoVereinsbank-Experten schon wegen der Zunahme der Hamburger Einwohnerzahl um durchschnittlich 20.000 Personen jährlich ein „generelles Ende des flächendeckenden Preisanstiegs immer noch nicht in Sicht“. In einem Wirtschaftsabschwung und bei wieder steigenden Zinsen seien lediglich in einzelnen Teilmärkten – etwa bei Neubauprojekten mit geringer Lage- und Ausstattungsqualität – „Preiskorrekturen nicht auszuschließen“.