Hamburg. Wir-Gruppe tritt mit 22 Unternehmern zu den Plenumswahlen 2020 wieder an. Große Veranstaltungen sollen hinterfragt werden.

Sie treten wieder an. Die Wahlgruppe „Die Kammer sind Wir!“, die in den vergangenen zwei Jahren maßgeblich die Geschicke und Missgeschicke in der Handelskammer bestimmte, will es noch einmal wissen. 22 Kandidaten stellt die Gruppe nach derzeitigem Stand auf. Es handelt sich überwiegend um den verbliebenen Kern der ehemaligen Kammerrebellen, die das Plenum Anfang 2017 im Sturm erobert und 55 der 58 zu vergebenden Sitze ergattert hatten.

Sie nennen sich nicht mehr Rebellen sondern Reformer, das Logo ist zudem nicht mehr rot, sondern grün. Ansonsten kennt man viele Gesichter aus dem derzeitigen Plenum. Mit dabei sind die beiden Vorstände der Wir-Gruppe, der Spirituosenhersteller Kai Elmendorf und der Außenhändler Paul Holstein, auch der Vorstand einer Energiegenossenschaft, Matthias Ederhof, tritt wieder an. Bekanntester Vertreter der Gruppe ist der Hamburger Hafenunternehmer Johann Killinger, der in der letzten Wahlperiode nach dem Rücktritt von Tobias Bergmann vergeblich für den Präses-Posten kandidiert hatte. Es sind aber auch einige neue Gesichter dabei, wie die Innenarchitektin Julia Dettmer, die sich vor allem für die Belange kleinerer Betriebe einsetzen will.

Pflichtbeiträge sollen weiter sinken

Am Montag stellte die Gruppe ihre Ziele vor, die sie durchaus als eine Fortsetzung ihrer bisherigen Arbeit versteht. „Wir haben in den vergangenen Jahren vieles geschafft, aber auch gelernt“, sagte Bündnissprecher Elmendorf. Die zentrale Forderung der Wahlkampfes 2017, die Abschaffung der Zwangsbeiträge, wird freilich nicht mehr erhoben, nachdem Gerichtsurteile das untersagt hatten. Nun will die Gruppe die Beiträge der Mitgliedsunternehmen reduzieren.

„Die Hamburger Unternehmen haben durch unser Engagement bereits in den letzten Jahren von einer Beitragssenkung profitiert“, so Elmendorf, der derzeit Vizepräses der Kammer ist. „Das Plenum der Kammer hat einstimmig beschlossen, das jährliche Beitragsvolumen bis 2023 auf 35 Millionen Euro zu senken. Unser Bündnis ist das einzige, das an diesem Ziel klar festhält.“ Wenn man sich die Vorhaben der konkurrierenden Initiative Starke Wirtschaft Hamburg anschaue, müsse das Beitragsvolumen eher auf 45 bis 50 Millionen Euro steigen.

Präsenzveranstaltungen reduzieren

Zuletzt betrug das Aufkommen 41 Millionen Euro. Dennoch wird die Kammer das Jahr 2019 mit einem Minus abschließen. „Eine konsequente Absenkung ist herausfordernd, aber wir schaffen das“, sagte Elmendorf. Es gebe zahlreiche Einsparmöglichkeiten, wie zum Beispiel zahlreiche repräsentative Großveranstaltungen der Kammer, deren Sinn zu hinterfragen sei. Dazu zähle unter anderem der „Azubi des Jahres“.

Auch viele thematische Präsenzveranstaltungen seien für Inhaber kleiner Betriebe kaum geeignet, ergänzte Dettmer. „Große Unternehmen können Angestellte schicken. Wer aber sein Geschäft alleine führt, kann nicht einen ganzen Arbeitstag für eine Veranstaltung in der Kammer opfern.“ Hier sei die Digitalisierung der Veranstaltungen erforderlich, damit Unternehmer diese dann von ihrem Büro aus am Bildschirm verfolgen können.

Klimaschutz im Leitbild der Kammer verankern

Ein weiteres Ziel der Wir-Gruppe ist mehr Nachhaltigkeit. „Unser Logo ist nicht ohne Grund jetzt grün. Wir werden dafür sorgen, dass der Klima-, Ressourcen- und Umweltschutz eine stärkere Rolle in der Kammer spielt“, sagte Eder­hof. Dazu müsse der Klimaschutz-Gedanke im Leitbild der Kammer verankert werden. Zudem solle der Wissenstransfer verstärkt werden, damit Firmen mit Erfahrung im nachhaltigen Wirtschaften diejenigen Unternehmen beraten, die noch am Anfang des Prozesses stehen.

Wie andere Verbände sieht auch die Wir-Gruppe im Fachkräftebedarf eine große Herausforderung. Zum einen solle die Anwerbung ausländischer Fachkräfte und die Ausbildung von Migranten vereinfacht werden. „Wir wollen aber auch auf die Politik einwirken, damit das Standortmarketing der Stadt mehr auf berufliche Chancen für Fachkräfte ausgerichtet wird“, sagte Holstein. Dazu solle in strukturschwachen Regionen gezielt für Hamburg geworben werden.

Kammer soll reformiert werden

Auch die umstrittene Umorganisation der Handelskammer, die in den vergangenen Monaten für viel Streit und Verdruss bei der Belegschaft gesorgt hat, ist nicht vom Tisch. „Wir sind davon überzeugt, dass die Kammer eine Strukturreform benötigt“, sagte Elmendorf. „Das fordern die Mitarbeiter ja selbst. Diese muss aber im Konsens des neuen Plenums erarbeitet werden und nicht mit der Geschwindigkeit wie beim letzten Mal.“ Eines will die Wir-Gruppe anders als Starke Wirtschaft Hamburg aber nicht: sich nach den Kammerwahlen auflösen. „Dann würden die Kandidaten sich ja aus ihrer Verantwortung stehlen“, sagte Elmendorf.