Hamburg. Gläubiger beraten über Verkauf von Teilen des Konzerns an Investoren. Fallen heute die Entscheidungen?
Die noch knapp 1700 Beschäftigten des insolventen Hamburger Windkraftanlagenbauers Senvion bleiben vorerst weiter im Unklaren über die Zukunft des Unternehmens und ihrer Arbeitsplätze. Die Gläubiger des Unternehmens kamen am Dienstag in einem Hamburger Hotel zu Beratungen zusammen.
Erwartet worden war, dass dabei auch Entscheidungen darüber fallen, an welche Investoren Teile des Konzerns verkauft werden sollen und wie viele Arbeitsplätze verloren gehen. Doch bis zum Abend zeichneten sich Beschlüsse dazu nicht ab. Sie werden möglicherweise am Mittwoch fallen. Nach Abendblatt-Informationen sind dann weitere Gespräche und Verhandlungen angesetzt.
Noch 400 Mitarbeiter in Hamburg
Senvion hatte im April Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet und sich auf die Suche nach Investoren begeben. Seit zwei Wochen ist klar, dass das Unternehmen, dessen Zentrale mit derzeit noch etwa 400 Mitarbeitern in Hamburg ansässig ist, aufgeteilt wird und Teile seines Geschäftsbetriebs stilllegen muss. Die Turbinenfertigung in Bremerhaven mit 200 Mitarbeitern steht zum Jahresende vor der Schließung. Bereits in diesem Monat werden die ersten Kündigungen ausgesprochen. Angebote liegen dagegen für den in Büdelsdorf (Schleswig-Holstein) ansässigen Service-Bereich vor sowie und für einzelne Ländergesellschaften, etwa in Portugal und Indien.
Senvion war im vergangenen Jahr durch Verzögerungen bei Windparkprojekten in Schwierigkeiten geraten. Die Umsätze sanken deutlich, zudem wurden Strafzahlungen an Kunden fällig. So entstand im Frühjahr eine 100 Millionen Euro große Lücke in den Konzernfinanzen. Banken und Hedgefonds konnten sich zunächst nicht über die weitere Finanzierung des Unternehmens einigen.
Nur wenige neue Windräder in diesem Jahr
Senvion gilt aber auch als ein Opfer des in Deutschland fast zum Erliegen gekommenen Ausbaus der Windenergie an Land. Im ersten Halbjahr 2019 wurden bundesweit nurmehr 86 Anlagen neu errichtet. Gegenüber den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres war das ein Einbruch um 82 Prozent und so wenig wie noch nie seit dem Jahr 2000.
Unter dem Eindruck der Branchenkrise begann am Dienstag in Husum die alle zwei Jahre stattfindende Windkraftmesse. Der Innovationsmotor „Windkraft“ sei ins Stottern gekommen, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). „Der Netzausbau erfolgt zu langsam, Windräder stehen oft still“, kritisierte er die Bundesregierung. Hermann Albertsen vom Windenergieverband sagte, die akuten Probleme der Branche seien die schleppende Bereitstellung von Flächen für neue Anlagen an Land und langwierige Genehmigungsverfahren.