Hamburg. Coffee Fellows übernimmt alle 30 Standorte der norddeutschen Kette. Eigentümer Frank Stebisch bleibt Geschäftsführer und will expandieren
Vor einigen Wochen rückte die Hamburger Kaffeebar-Kette Campus Suite dem viel größeren und in München ansässigen Konkurrenten Coffee Fellows sehr nahe. An der Leopoldstraße in Schwabing eröffneten die Hamburger ihre erste Filiale in der bayerischen Landeshauptstadt. Sie liegt nur wenige hundert Meter von dem vor 20 Jahren eröffneten ersten Coffee Fellows-Café entfernt. Für Campus Suite war es ein großer Schritt Richtung Süden. Zuvor war die Kette aus dem Norden nur bis Hannover vorgedrungen.
Die Bars und die Marke sollen bleiben
Die Chefs der beiden Unternehmen waren sich zu diesem Zeitpunkt bereits näher gekommen – in ganz grundsätzlichen Zukunftsfragen. Jetzt meldeten die Münchner Vollzug: Coffee Fellows hat Campus Suite mit seinen gut 30 Filialen Anfang September übernommen. Für die Kunden soll sich nichts ändern, geplant ist eine Zwei-Marken-Strategie. „Die bestehenden Campus Suite-Standorte werden als eigenständige Marke weitergeführt“, teilte Coffee Fellows mit. Der Gründer und Eigentümer Frank Stebisch bleibe als Geschäftsführer von Campus Suite an Bord – und solle die Expansion der Kette vorantreiben.
„Es ist eine strategische Partnerschaft“, sagte Stebisch dem Abendblatt. „Wir glauben an ein riesiges Potential unserer Marke und haben mit dem Coffee Fellows-Team eine Plattform, dies auch außerhalb Norddeutschlands zu realisieren.“ Und Coffee Fellows-Geschäftsführer und Mitinhaber Stefan Tewes betonte: „Wir können gemeinsam schneller wachsen, weil mehr Standorte umgesetzt werden können.“ Angaben zum finanziellen Umfang der Übernahme machten die Unternehmen nicht.
Vier neue Campus Suites in Hamburg geplant
Die Pläne für die Expansion von Campus Suite sind bereits sehr konkret: Allein in Hamburg sollen zu den derzeit 18 Filialen in naher Zukunft vier weitere hinzukommen. „Wir wollen das bis einschließlich Januar nächsten Jahres realisieren“, sagte Stebisch. Zudem seien zwei weitere Standorte in Kiel geplant, einer in Düsseldorf sowie der erste auf Sylt. Die geplante Campus Suite an der Friedrichstraße in Westerland solle „zu Beginn der nächsten Saison im Frühjahr“ eröffnen.
Die neuen Standorte in der Hansestadt möchte Stebisch derzeit dagegen noch nicht preisgeben. Nur so viel: „Es wird weitere Campus Suites in Hamburger Kliniken geben.“ Die Kette ist bereits in fünf Asklepioskliniken mit Filialen präsent: St. Georg, Ochsenzoll, Heidberg, Harburg sowie im Westklinikum in Rissen. Zudem gibt es eine Campus Suite in der Technischen Universität Hamburg. Stebisch: „Wir haben in diesem Jahr die stärkste Expansionsphase in der Geschichte des Unternehmens.“
Die Wurzeln liegen in Kiel
Die begann im Jahr 2004 in Kiel, als die Brüder Frank und Leonard nahe der Universität die erste Campus Suite eröffneten, um den Studierenden Kaffee und zugleich preisgünstige Alternativen zu den Gerichten in der Mensa anzubieten. Es folgten ein rasantes Wachstum mit der Eröffnung neuer Filialen in schnellem Takt. Aber auch Rückschläge: So wurden allein 2014 sieben der seinerzeit 34 Kaffeebars geschlossen, der Umsatz ging dadurch binnen Jahresfrist um fast 14 Prozent auf 12,5 Millionen Euro zurück. Bruder Leonard hat sich mittlerweile aus dem Unternehmen zurückgezogen. Vier weitere Stebisch-Geschwister und die Mutter sind aber weiter bei Campus Suite tätig.
Stärker als andere Coffeshop-Ketten setzt Campus Suite seit jeher auf schnelle und günstige Gerichte: Pasta, Suppe, Salate, vieles davon selbst und frisch zubereitet. „Viele unserer 400.000 Kunden im Monat kommen wegen des Essens. Es gibt Standorte, die ganz überwiegend von den Büroangestellten aus der näheren Umgebung leben. Manche Kunden kommen morgens, mittags und abends“, sagt Frank Stebisch. Das Geschäft mit Kaffeespezialitäten dagegen sei zunehmend schwierig geworden. „Einen guten Kaffee aus dem Vollautomaten gibt es heute ja in vielen Unternehmen, teilweise sogar umsonst.“
Der Boom ist schon lange vorbei
Der Boom der reinen Coffeeshop-Ketten jedenfalls ist bereits seit Jahren vorbei. Zur Konkurrenz der Bäckereien und Tankstellen kommen neuerdings nach Erkenntnissen des Branchendienstes Foodservice Pizzaketten hinzu, die ihr Kaffeegeschäft ausbauen. Laut einer Foodservice-Analyse wuchs die Zahl der Filialen der 20 größten Kaffeebar-Ketten in Deutschland um 43 (zwei Prozent) auf insgesamt 2360. Marktführer ist McCafé (840) vor Tchibo (499),
Dahinter folgt in der Rangliste schon Coffee Fellows, der neue Campus Suite-Eigentümer. Das 1999 von Kathrin und Stefan Tewes gegründete Unternehmen ist weiterhin auf strammem Expansionskurs. Allein 2018 kamen 32 neue Filialen in Deutschland hinzu. Insgesamt sind es mittlerweile gut 240, darunter in Österreich und Tschechien, der Schweiz, Spanien und den Niederlanden. Der Umsatz belief sich zuletzt auf 86 Millionen Euro. In Hamburg sind die Münchner mit drei Filialen präsent, unter anderem im Hauptbahnhof. Hinzu kommen Cafés in drei Autobahnraststätten im Umland.
Bei Coffee Fellows stehen weiterhin die Kaffeespezialitäten im Vordergrund. Dazu gibt es das Coffeeshop-typische Angebot an Kuchen und Bagels sowie Müsli und Salat-Bowls. Der neue Eigentümer will mit der Übernahme nun offenbar am Branchentrend zu Speisen für den ganzen Tag stärker teilhaben. „Die Campus Suite funktioniert durch das breitere Sortiment auch an Standorten, die für Coffee Fellows klassisch schwierig sind, zum Beispiel an Universitäten und in Kliniken“, sagt Stefan Tewes.
Balzac verschwindet, Campus Suite bleibt
Die 2017 von Espresso House (Schweden) übernommene Hamburger Kette Balzac nimmt einen ähnlichen Weg. Bei Balzac lässt Geschäftsführer Nikolaus Niebuhr das Foodangebot ausbauen, doch sollen die Balzac- zu Espresso House-Filialen werden und nach und nach verschwinden. Campus Suite aber soll Campus Suite bleiben.