Hamburg. Flugzeugbauer will mehr A321 fertigen – aber neues Kabinenkonzept macht auf Finkenwerder Probleme. Umsatz und Gewinn steigen stark.
Am 15. Juni 1992 wurde auf Finkenwerder Geschichte geschrieben. Die Arbeiten am ersten Airbus-Flugzeug made in Hamburg starteten. Mit dem A321 als verlängerter Version des Mittelstreckenjets A320 entstand ein neuer Flieger. In der Zukunft wird die 44,51 Meter lange Maschine, die bis heute fast ausschließlich in Hamburg endmontiert wird, für den europäischen Konzern immer wichtiger. „Wir spüren den Bedarf, mehr A321 zu produzieren“, sagte Vorstandschef Guillaume Faury am Mittwoch bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz. Der A321-Anteil in der Fertigung müsse erhöht werden.
Die A320-Familie ist der Verkaufsschlager von Airbus. Ende Juni entfielen 87 Prozent der insgesamt bestellten 7276 Flugzeuge auf dieses Programm. Pro Monat werden 60 Maschinen davon gefertigt. Mehr als die Hälfte steuern die vier Endmontagelinien auf Finkenwerder bei. Beim A321 haben sie ein Quasi-Monopol. In Toulouse rollen nur A320 aus den Hallen, in Tianjin A319 und A320. Lediglich das im September 2015 eröffnete Werk in Mobile (USA) baut außer der Hansestadt noch den A321. Mit Bausätzen, die per Schiff aus Hamburg nach Alabama transportiert werden. Im ersten Halbjahr seien es dort allerdings nur „eine Handvoll“ Maschinen gewesen, so Faury. Das Gros dieser Flugzeuge, die jüngst immer häufiger bestellt werden und allein rund 2500 Bestellungen umfassen, kommt also aus Hamburg – und es gibt Probleme.
Hochwertigere Kabine kosten mehr Arbeitszeit
Es hake beim Hochlauf des A321 mit dem Airbus Cabin Flex-Konzept in Hamburg, so Faury. Daher sei auch das Jahresziel von 880 bis 890 Auslieferungen herausfordernd. Bei dem Konzept sind zum Beispiel Passagiertüren anders angeordnet, und es gibt Anpassungen am Rumpf. So passen bis zu 244 Passagiere – deutlich mehr als bisher – in den Jet. Der Einbau von mehr Sitzen und eine größere Auswahl an Kabinenkonfigurationen sorgen dafür, dass für den Einbau dieser aufwendigeren Kabine rund 30 Prozent mehr Arbeit veranschlagt wird. Es gebe Herausforderungen, räumte Faury ein. Nun werden Lösungen gesucht, wie die Produktion in Hamburg besser werden kann. Eine Möglichkeit sei, freiwerdende Kapazitäten beim A380 zu nutzen. Die Produktion des weltgrößten Passagierflugzeugs wird 2021 eingestellt. Auf Finkenwerder erfolgen Kabineneinbau, Lackierung und Auslieferung.
Bis 2024 sind alle Bauplätze ausgebucht
Der seit April amtierende Chef kündigte zudem Gespräche mit Zulieferern an, die Rate für die A320-Familie weiter zu erhöhen. Mitte 2021 soll sie bei 63 Exemplaren pro Monat liegen. Geht es nach Faury, steigt sie danach weiter. Allerdings seien die Triebwerkshersteller, deren Motoren in der neo-Variante den Spritverbrauch um bis zu 20 Prozent senken, schwer zu überzeugen. Ein weiterer Hochlauf sei aber notwendig, weil bis 2024 alle Bauplätze ausgebucht seien. Heißt: Bestellt eine Airline jetzt, erhält sie frühestens in sechs Jahren den Jet. Mit den LR- und XLR-Versionen (mit verlängerter Reichweite) rückt der A321 zudem in Langstreckenbereiche vor – bei Airlines eine beliebte, häufig bestellte Variante, die eine aufwendigere und langstreckentaugliche Kabine benötigt.
Gewinn steigt um 141 Prozent
Im Vergleich zum Erzrivalen Boeing, der nach zwei Abstürzen der 737 Max mit massiven Schwierigkeiten kämpft, hat Airbus aber Luxusprobleme. Der Umsatz stieg im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 24 Prozent auf 30,9 Milliarden Euro. Das ist neben Wechselkurseffekten vor allem auf die höhere Zahl an Auslieferungen (389 zu 303 Stück) zurückzuführen. Das Konzernergebnis lag bei 1,197 Milliarden Euro – plus 141 Prozent. Die Prognose für 2019 wurde bestätigt. Ein möglicher Brexit und eine Eskalation des Handelsstreits zwischen EU und USA könnten allerdings belastend wirken.
Analysten positiv gestimmt
Die Aktie kam aber kaum vom Fleck. Am Nachmittag notierte sie 0,5 Prozent höher bei 128,58 Euro. Dabei wurden die Erwartungen der Analysten meist übertroffen. Die Schweizer Großbank UBS sieht die Titel als „Kauf“ mit Kursziel 141 Euro. Die US-Bank JPMorgan empfiehlt „Übergewichten“ mit Kursziel 163 Euro. Die US-Investmentbank Goldman Sachs setzt die Papiere gar auf die Liste mit Titeln, von denen sie vom Kaufen überzeugt ist. 157 Euro werden als fairer Wert angesehen. Analyst Chris Hallam sagte: „Kurz gesagt: Sehr starke Zahlen.“