Hamburg. Mitgründer der Schmidt-Theater stellt sich mit Unternehmensberaterin Astrid Nissen-Schmidt zur Wahl. Ihr Ziel: Ein anderes Plenum.

Sieben Monate vor den Wahlen eines neuen Plenums der Handelskammer hat ein großer Kreis Hamburger Unternehmer den Wahlkampf eröffnet. Die Plattform Starke Wirtschaft Hamburg, die sich mit einem eigenen Kreis von Unternehmern Mitte Januar zur Wahl stellen wird, hat am Donnerstag ihre Kandidaten präsentiert. Anführen wird die neue Wahlgruppe erstmals eine Doppelspitze – mit der Unternehmensberaterin von Ernst & Young, Astrid Nissen-Schmidt, und dem Gründer der Schmidt-Theater, Norbert Aust. Sie wollen ein kooperatives Führungsmodell bilden, das bei einem Wahlsieg auch auf die Kammer übertragen werden soll. Ob es also künftig zwei Präsides in der Kammer geben soll, ließen die beiden offen. „Wer Präses wird, darüber entscheidet dann das neu gewählte Plenum“, sagte Aust bei der Bekanntmachung.

Achtköpfiges Kompetenzteam gebildet

Hinter dem Führungsduo steht ein achtköpfiges Kompetenzteam, zu dem mit dem Haspa-Geschäftsführer Niels Pirck und dem Geschäftsführer der Schiffsagentur PWL, Christian Koopmann, zwei Manager gehören, die wie Nissen-Schmidt schon Mitglieder des Kammer-Plenums sind. Das Wahlziel der neuen Gruppierung lässt sich einfach zusammenfassen, nämlich die Handelskammer wieder aufzubauen. „Die Handelskammer liegt zerstört am Boden. Wir wollen sie wieder aufrichten“, sagte Aust bei der Vorstellung des Programms.

Kammer wird papierlos und voll digitalisiert

Dessen Grundziel sei es „eine zukunftsfähige Gesamtinteressenvertretung der Hamburger Wirtschaft“ zu formen. Dazu gehört auch ein Kammerumbau, aber nicht im Sinne der von den Kammerrebellen ursprünglich vorgesehenen Reorganisation. Diese sei unprofessionell und habe nur für Abfindungen, Altersteilzeitverträge und der Hinzuziehung von Beratern Millionen gekostet. „Wir treten für kooperative, moderne Strukturen ein, sowohl im Haupt- als auch im Ehrenamt“, sagte Aust. Dafür sei die Doppelspitze exemplarisch, verdeutlichte Nissen-Schmidt.

Starke Wirtschaft Hamburg wolle die Kammer künftig zum inhaltlichen Taktgeber für den Standort Hamburg machen, der auf Augenhöhe mit der Politik spricht. Die Verwaltung soll digitalisiert werden und zukünftig ohne Papier arbeiten. Den Mitarbeitern des Hauses soll wieder mehr Wertschätzung entgegengebracht werden, indem man sie nicht als Befehlsempfänger sondern als Ideengeber einbindet.

24-Stunden-Hotline für Unternehmer

Es soll eine intensive Begleitung von Unternehmensgründern geben, eine Hotline für Unternehmer, die auch am Wochenende 24 Stunden zur Verfügung steht, neue Events für Mitglieder und neue Services. Die von den Kammerrebellen ursprünglich geforderte Abschaffung von Pflichtbeiträgen sei undemokratisch und falsch, heißt es in dem Programm.

Die von der derzeitigen Kammerführung beschlossene Absenkung des Aufkommens der Pflichtbeiträge von mehr als 40 auf 35 Millionen Euro bis 2023 will Starke Wirtschaft Hamburg aber beibehalten. Am derzeitigen Beitragswesen ändert sich also im Falle eines Wahlsiegs der Gruppierung nichts.

In einem wesentlichen Punkt unterscheiden sich aber ihre Vorstellungen vom bisherigen Selbstverständnis des Hauses: Die Zusammenarbeit mit den anderen Wirtschaftsverbänden und Vereinen in der Stadt soll intensiviert und verbessert werden. Dahinter steht nicht nur die Ablehnung des derzeitigen Plenums, das sich durch seine internen Streitigkeiten und Vorhaben vom allgemeinen Konsens der Wirtschaftsvertreter in der Stadt isoliert hat, sondern auch Kritik an früheren Kammerführungen. Deren Auftreten war von den anderen Verbänden bisweilen als abgehoben und arrogant wahrgenommen worden. „Die Zeit der Sonnenkönige und Alleinherrscher ist vorbei“, sagte Aust – ohne konkrete Namen zu nennen.

Vertrag der Hauptgeschäftsführerin soll nicht verlängert werden

Auch die Zeit der Hauptgeschäftsführerin der Kammer, Christi Degen, würde im Falle des Wahlsiegs der Gruppe zu Ende gehen. „Sie würde von uns keine Vertragsverlängerung erhalten. Sie hat zu viele Fehler gemacht“, sagte Niels Pirck aus dem Kompetenzteam. Eine andere Zusammensetzung des Ehrenamts sieht Nissen-Schmidt durch die neue Wahlordnung ermöglicht: „Durch diese wird sichergestellt, dass im Plenum weder große noch kleine Unternehmen andere dominieren können“, sagte sie.

Auffallend ist der starke Unterstützerkreis der neuen Gruppierung. Derzeit engagieren sich 85 Unternehmen für Starke Wirtschaft Hamburg, darunter die Jungheinrich AG, die Haspa, die Helm AG, Fürst Bismarck-Quelle, Freenet und Edeka-Struve. Aber auch Vereinigungen wie der Unternehmensverband Hafen Hamburg, der Groß- und Außenhandelsverband AGA und die Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg (VEEK) unterstützen Starke Wirtschaft Hamburg.

„Es ist in den vergangenen Monaten überdeutlich geworden, wie wichtig eine leistungsfähige, auf zukünftige Herausforderungen vorbereitete Handelskammer ist“, sagt Gunter Mengers, Vorsitzender der VEEK. Die Initiative trage dazu bei, das Gleichgewicht in der Kammerführung wieder herzustellen. AGA-Präsident Hans-Fabian Kruse ergänzte: „Die Handelskammer braucht nach den Wahlen einen echten Neuanfang. In dem Führungsduo Astrid Nissen-Schmidt und Norbert Aust sehe ich zwei konstruktive Köpfe, die Ordnung ins aktuelle Chaos im Ehrenamt bringen und echte Alternativen entwickeln können. Eine Frau, die gestalten und richtig rechnen, ein Mann, der anpacken und kreativ arbeiten kann, das passt.“