Hamburg. Misstrauensantrag überraschend zurückgezogen. Ein prominenter Unternehmer rückt in die Kammer, Holger Stanislawski lehnte ab.
Die Hauptgeschäftsführerin der Hamburger Handelskammer, Christi Degen, ist um eine offizielle Abstimmung über ihren Verbleib im Amt herumgekommen. Ein Misstrauensantrag, über den das Plenum der Kammer am Donnerstag abstimmen sollte, wurde kurz vor der Sitzung zurückgezogen. Der Antragsteller, der Hamburger Unternehmer Stefan Duphorn, hatte erklärt, auf eine formale Abstimmung zu verzichten, sofern es zu einer Aussprache im Plenum kommt.
Wieder einmal zeigte sich dabei die Spaltung des Plenums: In nach vorherigen Absprachen getroffenen Wortbeiträgen verwiesen die Unterstützer des Kreises rund um den Hamburger Finanzberater Torsten Teichert darauf, dass eine Aussprache unbedingt notwendig sei. Die Unterstützer seines Gegenspielers, des Hafenunternehmers Johann Killinger, plädierten aber dafür, den Punkt von der Tagesordnung zu nehmen.
Schließlich fand die Aussprache über das Verhältnis zwischen Plenum und Hauptgeschäftsführerin am Ende der Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Christine Stumpf tritt von allen Ämtern zurück
Obwohl die Abstimmung unterblieb, ist Degen damit nicht entlastet. Im Gegenteil: Der Druck auf die seit eineinhalb Jahren hauptamtlich die Kammergeschäfte führende Managerin ist weiter gewachsen. Der Grund: Die Machtverhältnisse im Präsidium haben sich plötzlich gewandelt. Vizepräses Christine Stumpf hat am Donnerstag überraschend ihren Rücktritt von allen Ämtern sowie ihren Rückzug aus der Handelskammer verkündet.
Stumpf hatte in der Vergangenheit zusammen mit Degen für die Reorganisation der Handelskammer gekämpft, die verschlankt und modernisiert werden soll. Die Umstrukturierungspläne waren aber im Mai knapp am Votum des Plenums gescheitert. Mit Stumpfs Rückzug verliert Degen weiter Rückhalt in der Kammerführung.
Christi Degen schreibt Brief an Plenumsmitglieder
Zudem besteht bei vielen Plenumsmitgliedern weiter Unmut über die Hauptgeschäftsführerin, die sich am Vortag noch in einem persönlichen Brief an die Plenarier rechtfertigte. Darin monierte sie, dass sie vom Präsidium nicht in die Hamburger Netzwerke eingeführt worden sei, sondern sich ihre Kontakte hätte selbst erarbeiten müssen. Zudem sei es zu früh, um über ihre Arbeit zu urteilen, weil sich deren Wirkung erst nach drei bis vier Jahren entfalte. Degen ist erst seit Dezember 2017 im Amt. „Dieses Schreiben ist keine Kampfansage Degens, sondern ihr Testament“, sagte ein Kritiker, der nicht genannt werden wollte.
Kampflos will die gebürtige Rheinländerin das Feld aber nicht räumen. Im Abendblatt hatte Degen bereits verkündet, dass sie selbst im Falle eines Misstrauensvotums des Plenums nicht von ihrem Amt zurücktreten werde. Ihr Vertrag läuft noch bis Ende 2020.
Ex-St.Pauli-Trainer Holger Stanislawski will nicht in die Handelskammer
Unklar ist, wer im Präsidium auf Christine Stumpf folgen wird. Erst im Februar hatte das Plenum ein neues Präsidium gewählt, nach dem überraschenden Rücktritt von Präses Tobias Bergmann im Dezember. Jetzt muss eine Nachwahl für Stumpfs Posten durchgeführt werden, voraussichtlich in der nächsten geplanten Sitzung im Juli.
Die Nachfolge für Stumpf im Plenum steht dagegen bereits fest: Sie geht an den Globetrotter-Geschäftsführer und Präsidenten des Handelsverbands Nord, Andreas Bartmann. Dieser wird im Plenum der Handelskammer auf einen alten Bekannten treffen: den Geschäftsführenden Gesellschafter der Drogeriemarktkette Budnikowsky, Cord Wöhlke. Denn er ist für einen anderen Plenarier nachgerückt, der sein Amt zur Verfügung gestellt hatte.
Eigentlich war dieser Platz für einen weiteren bekannten Hamburger reserviert gewesen: den Ex-St. Pauli-Trainer Holger Stanislawski. Doch der hatte abgelehnt. Die Gründe dafür wurden nicht genannt.