Hamburg. Vor Behandlung des Misstrauensantrags am Donnerstag spricht Christi Degen über ihren Vertrag und Kritik an ihrem Job.

Am Donnerstag tritt das Plenum der Handelskammer zusammen. Eines der zentralen Themen der Sitzung wird die berufliche Zukunft der Hauptgeschäftsführerin Christi Degen sein. Denn gegen sie liegt ein Misstrauensantrag vor. Im Abendblatt nimmt Degen, die seit Dezember 2017 die Geschäfte der Kammer hauptamtlich führt, dazu Stellung. Kritik an ihrer Arbeit weist sie entschieden zurück.

Frau Degen, macht Ihnen Ihr Job noch Spaß?

Christi Degen Ja, das macht er.

Trotz der Querelen?

Die Querelen finden in der Öffentlichkeit immer große Beachtung. Ich führe aber sehr viele positive Gespräche mit Unternehmern in der Stadt, arbeite an vielen innovativen Projekten und mit Arbeitsgruppen des Senats und der Verwaltung. Was nicht so bekannt ist: Wir setzen sehr viele wirtschaftspolitische Impulse. Und das macht Spaß.

Mit welchen Gefühlen schauen Sie auf die Plenarsitzung am Donnerstag?

Zu laufenden Anträgen kann ich mich nicht äußern. Nur so viel: Ich bin vor eineinhalb Jahren in eine Handelskammer gekommen, die sich schon damals in unruhigen Zeiten befand. Das ist sie auch heute noch. Da muss man mit so einer Entwicklung wie aktuell eben rechnen.

Wie wird der Misstrauensantrag gegen Sie Ihrer Erwartung nach ausgehen?

Derzeit ist alles denkbar.

Wenn sie den Misstrauensantrag überstehen, können Sie sich dann auch vorstellen nach 2020 weiter zu machen?

Mein Vertrag läuft bis Ende 2020. Was dann passiert, muss man sehen. Aber wie gesagt: Ich mache diese Arbeit gerne.

Treten Sie vom Amt zurück, wenn der Misstrauensantrag eine Mehrheit findet?

Nein.

Warum sind Sie überhaupt in die Kritik geraten? Wie konnte es soweit kommen?

Das müssen Sie die fragen, die die Kritik erheben. Ich erhalte viel Zuspruch von Unternehmern. Als ich hier anfing, hatte ich mir vorgenommen, einen Kurs einzuschlagen, der beruhigend wirkt und die Kammer modernisiert. Es standen damals viele Dinge zur Diskussion, zum Beispiel Auslandsrepräsentanzen, den China Summit, die Zugehörigkeit zur IHK Nord. Wir haben überall konstruktive Lösungen gefunden. Wir haben vieles beruhigen können. Und unsere Ziele bleiben: Eine strategische Stärkung und Modernisierung der Kammer. Aus der Unternehmerschaft der Stadt erhalte ich dafür viel Zuspruch und Anerkennung.

Wenn Sie 2017 gewusst hätten, was auf Sie zukommt, hätten Sie den Job dennoch übernommen?

Ich hatte zu einem großen Teil schon damals geahnt, was passieren kann, wenn auch nicht im Detail. So hatte ich nicht geahnt, dass sich das Plenum in so viele unterschiedliche Gruppen aufsplittet. Ich habe aber gewusst, dass die Arbeit als Hauptgeschäftsführerin nicht leicht wird. Dennoch ist diese Kammer eine großartige Institution – mit tollen Mitarbeitern.

Was hätten Sie im Nachhinein anders gemacht?

Ich habe mir diese Frage auch gestellt. Niemand ist unfehlbar. Man kann immer überlegen, ob man an der einen oder anderen Stelle eine andere Abzweigung hätte nehmen müssen. Aber ich würde nichts Gravierendes anders machen.

Ihnen wird aber zum Beispiel vorgeworfen, zu lange am Umbau der Handelskammer festgehalten zu haben. Dabei sollte unter anderem die Zahl der Geschäftsbereiche von zehn auf fünf reduziert werden. War das lange Festhalten ein Fehler?

Wir hatten dazu im Mai des vergangenen Jahres einen Beschluss des Plenums, den wir umzusetzen hatten. Dann gab es eine Lenkungsgruppe zur Planung, in der das Plenum vertreten war. Im Herbst 2018 wurde dann im Plenum der Antrag gestellt, die Reorganisation zu erläutern. Dies haben wir im November getan. Im Dezember haben wir die Abstimmung mit dem Personalrat begonnen und hätten sicher auch an den kritischen Stellen Kompromisse gefunden. Wir haben also nichts anderes getan, als Beschlüsse des Plenums umzusetzen. Wie kann das ein Fehler sein?

Seitdem das Plenum seine Programme gestoppt hat, gibt es bei den Mitarbeitern eine tiefe Verunsicherung, was nun geschieht. Wie geht es weiter?

Wir arbeiten jetzt an unseren strategischen Projekten. Ungeachtet der persönlichen Auseinandersetzungen bewegen wir richtig viel, wie im Bereich der Internationalisierung, der Innovation oder bei der Stärkung der Metropolregion. Denn wir sehen, dass Hamburg in der Produktivität hinter anderen Regionen zurückfällt, ganz besonders gegenüber den südlichen Metropolen. Wir schöpfen unsere Wachstumspotenziale nicht aus. Wir investieren zu wenig in Wissenschaft und Forschung und müssen durch internationale Beziehungen mehr Unternehmen und Fachkräfte für Hamburg interessieren. Insgesamt laufen 51 Projekte in allen Bereichen der Kammerarbeit. Und unser übergeordnetes Ziel, einer modernen, mitgliedsnahen und digitalen Handelskammer bleibt richtig und bestimmt weiter unsere Arbeit. Diese konkrete Sacharbeit motiviert unsere Mitarbeiter und wird von ihnen voll unterstützt. Es ist meine dringlichste Aufgabe, den Mitarbeitern wieder Stabilität und Orientierung zu geben.

Es gab aber ein Stimmungsbild, dass der Personalrat nach Gesprächsrunden veröffentlicht hat, wonach große Unzufriedenheit in der Kammer herrscht.

Ich hatte dazu ein klärendes Gespräch mit dem Personalrat. Er hat sich für gewisse Formulierungen entschuldigt. Wir sind im ständigen Kontakt – und auch der Personalrat unterstützt das Zielbild einer modernen und digitalen Kammer.

Da das Plenum sehr uneins ist, wie wollen Sie da noch einmal einen Konsens herstellen, um die strategischen Projekte genehmigt zu bekommen?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass alle erleichtert sind, wenn es nicht um Auseinandersetzungen der verschiedenen Lager geht, sondern um Inhalte. Dabei arbeitet das Plenum gut zusammen. Natürlich gibt es unterschiedliche Positionen, die unter einen Hut gebracht werden müssen. Das ist wegen der sehr unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Haltungen der Kammermitglieder nicht einfach. Aber wie die Kammer dort immer wieder zu zukunftsfähigen Kompromissen findet, ist bemerkenswert. Die Kammer braucht einen Fokus auf die inhaltliche Arbeit. Das will ich, das wollen die Mitarbeiter und das Ehrenamt.

Alles, was Sie vorhaben, kostet aber Geld. Das Kammerplenum will sparen. Wie geht das zusammen?

Bis 2023 muss der Kammeretat auf 35 Millionen Euro jährlich schrumpfen. Es wird nicht einfach, unsere Ziele mit der aktuellen Mannschaftsstärke umzusetzen, aber wir werden es angehen.

Braucht die Kammer mehr Geld?

Wenn wir nicht nur in einzelnen Bereichen, sondern voll umfassend und nachhaltig digitalisieren wollen, könnte das ein Thema werden.

Und wo soll das Geld herkommen?

Das ist dann zu diskutieren. Im ersten Schritt wollen wir es erst einmal schaffen, die ambitionierte Planung des Kammeretats zu erreichen. Die jährliche Evaluation der Planung wird dann zeigen inwiefern es uns gelingt, mit den Haushaltsmitteln auszukommen.