Hamburg. Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten. Heute: Neues zum Frühstück aus Elmshorn. Das Urteil fällt gemischt aus.

Sie macht es immer, wirklich immer. Wenn sie im Supermarkt einkauft, im Wartezimmer eine Zeitschrift liest oder Fernsehen guckt. Dann hält Anne-Dore Knaack (55) Ausschau nach neuen Ideen. Nach Trends, die sie aufgreifen kann. Die für eine neue Müslisorte geeignet sind. So war es auch vor mehr als einem Jahr, als sie immer öfter auf das Thema Kurkuma stieß und auf die Idee kam, mit dem Trend-Gewürz ein neues Produkt für die Marke Kölln zu kreieren.

Anne-Dore Knaack ist Leiterin der Produktentwicklung bei der Peter Kölln GmbH & Co. KGaA und verantwortlich für alle Marken des Hauses – von den bekannten Hafer- und Müsliprodukten über Fette und Öle der Marken Mazola, Biskin, Livio, Palmin und Becht’s bis zu Milchzucker von Edelweiß und Pomps Kindergrieß. Die Entscheidung, Kurkuma als Müslisorte zu entwickeln, fiel der Ökotrophologin und ihrem Team leicht. „Weil Müslis die meisten Möglichkeiten bietet, eine Zutat einzubringen“, sagt Anne-Dore Knaack und zählt auf, welche Fragen im Vorfeld geklärt werden: Soll das Kurkuma, auch Safranwurzel genannt, in das Müsli eingebacken oder aufgestreut werden? Eignet es sich eher für ein klassisches flockenbasiertes Müsli oder für die gebackenen Knuspermüslis? Die Antworten wurden nicht am Schreibtisch gesucht, sondern in der Versuchsküche, wo eine Produktentwicklerin wochenlang mit dem Gewürz aus Südasien experimentierte und nach geeigneten Kombinationsmöglichkeiten für die mild-würzige Wurzel suchte. „Da wir uns geschmacklich bereits in einer fernöstlichen Welt bewegt haben, fiel die Wahl schließlich auf Mango“, so Anne-Dore Knaack, die während der Entwicklungsphase diverse Varianten des Kurkuma-Müslis getestet hat.

Wie bekommt man den Geschmack ins Müsli?

Die Herausforderung für die Produktentwickler: Den herzhaften Geschmack des Kurkumas mit eher süßem Müsli zu vereinen. Dafür wurde das Kurkuma als Pulver in den Teig eingearbeitet, aus dem die Knusperstückchen gebacken werden. Süß trifft salzig: Klingt ungewöhnlich, entspricht aber einem Trend in der Food-Branche. Swavory nennt sich die Kombination von süßen (sweet) und salzigen/herzhaften (savory) Aromen, die seit einiger Zeit boomt. Nachdem Klassiker wie Pizza Hawaii, asiatisches Hähnchen süßsauer oder Wild mit Preiselbeeren schon vor Jahren auf die gegensätzlichen Aromen gesetzt haben, findet man die süß-pikanten Kreationen jetzt in immer mehr Lebensmittelbereichen. Von Honig-Salz-Mandel-Schokolade über Brezel-Müsliriegel bis hin zu Hamburgern mit Donuts.

Seit einigen Wochen steht jetzt Köllns Müsli Knusper Mango-Kurkuma in den Regalen des Handels. In einer auffallend gelben Verpackung, die an Bollywood erinnern soll. „Uns war sofort klar, dass wir die intensive gelbe Farbe des Gewürzes auch bei der Verpackung aufgreifen wollen“, so Marketingleiter Jörg Büttner. Die stark färbende Eigenschaft des Kurkumas war eine Herausforderung für die Elmshorner. Schließlich fährt das Gewürz, das auch Gelbwurzel genannt wird, nicht nur die Milch im Müsli gelb – sondern auch die Abfüllmaschinen. Wie die Verfahrenstechniker das Problem schließlich behoben haben – Betriebsgeheimnis.

16 neue Produkte gibt es

Die fernöstliche Knusperkreation ist nur eine von insgesamt 16 neuen Produkten, die die Marke Kölln in diesem Jahr auf den Markt bringt. Unter anderem wurde das Porridge- und Haferdrinks-Sortiment komplett überarbeitet und um neue Sorten erweitert sowie drei neue Veggie-Müslis eingeführt. Das Besondere an den Neulingen: Sie sind mit Gemüse! Gemüse im Müsli?

Bei Kölln setzt man derzeit bewusst auf ungewöhnliche Ideen, um eine junge Zielgruppe zu erreichen und die fast 200 Jahre alte Marke zu verjüngen. „Sorten wie Rote Beete & Apfel, Brokkoli & Mandel sowie Karotte & Ingwer signalisieren den Kunden, dass wir am Puls der Zeit sind und lassen die Marke jung und innovativ erscheinen“, so Büttner. Denn der Markt ist hart umkämpft. Immer mehr Unternehmen drängen in das Segment der Frühstücksflocken vor, dessen Umsätze wie in kaum einem anderen Bereich steigen. 2018 wurden mit Müsli im Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland rund 457 Millionen Euro umgesetzt – 2012 waren es 274 Millionen.

Die Konkurrenz schläft nicht

Zu den Branchengrößen gehören neben Peter Kölln auch Vitalis (Dr. Oetker) und Seitenbacher. Allein Peter Kölln hat 28 verschiedene Müslis im Sortiment. „Je gesättigter der Markt wird, umso größer sind Komplexität und Verdrängung“, so Jörg Büttner. Man müsse sich daher permanent weiterentwickeln und die Kunden positiv überraschen. Mit Kurkuma-Mango sowie weiteren Neuheiten sei ein wichtiger Schritt getan, Innovationen werden folgen. Da ist man sich in dem Familienunternehmen sicher. Sollte sich das Kurkuma-Müsli auf dem Markt bewähren, seien noch weitere Produkte mit dem fernöstlichen Gewürz denkbar. Vielleicht ein Müsliriegel? Produktentwicklerin Anne-Dore Knaack lächelt – und schweigt. Sie selbst isst morgens übrigens kein Müsli. „Da ich den ganzen Tag über Müsli verkoste, brauche ich morgens was Herzhaftes“, sagt sie. Am liebsten ein Brot mit Käse.

Zu süß und wenig fruchtig

Produkt: Knusper Mango-Kurkuma mit Hafer-Vollkornflocken und weißer Schokolade ist Köllns neueste Variante des Knuspermüslis, bei dem die Haferflocken gebacken werden.

Zutaten/Nährwert: Der Kurkuma-Anteil liegt bei gerade einmal 0,5 Prozent, der Anteil der gefriergetrockneten Mangostücke bei 1,5 Prozent – das soll laut Hersteller in etwa acht Prozent frischer Mango entsprechen. 100 Gramm haben 454 Kalorien, 66 Gramm Kohlenhydrate und 20 Gramm Zucker. Die Werte sind vergleichbar mit denen namhafter Konkurrenten. Produkte aus dem Reformhaus haben allerdings oft deutlich weniger oder gar keinen Zucker.

Preis: Eine Packung enthält insgesamt 450 Gramm und kostet 2,99 Euro. Das sind 66 Cent pro 100 Gramm – relativ teuer. Zum Vergleich: Vitalis Joghurtmüsli vom Konkurrenten Dr. Oetker kostet 47 Cent pro 100 Gramm, Köllns Knusper Honig-Nuss ist für 60 Cent pro 100 Gramm zu haben.

Geschmack: Süß! So süß, dass Kurkuma und Mango kaum zu schmecken waren. Darin waren sich die meisten Tester (mit Ausnahme der Kinder) einig und hätten sich eine stärkere Herausarbeitung dieser charakteristischen Merkmale gewünscht.

Fazit: Durchaus lecker für Menschen, die es süß mögen, aber unspektakulär! Längst nicht so fruchtig und exotisch, wie es auf der Packung angepriesen wird, sondern eher klassisch im Geschmack. Für herkömmliche Müsli-Esser durchaus empfehlenswert. Wer es aber aufregend und ungewöhnlich mag, wird wohl enttäuscht. Unser Urteil: drei von fünf Sternen.

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