Hamburg. Nun sollen in Hamburg 600 statt nur 500 Stellen erhalten bleiben. Allerdings erwartet das Unternehmen dafür Zugeständnisse.

Im Oktober hatte der Luftfahrtzulieferer Diehl Aviation die Branche in Hamburg damit geschockt, man wolle die Zahl der Beschäftigten in der Hansestadt von bisher 1050 auf nur noch 500 Mitarbeiter reduzieren. Das Unternehmen stellt hier unter anderem Bordküchen und -toiletten für Airbus her. Diehl Aviation leidet unter dem drastischen Produktionsrückgang im A380-Programm, will nach eigenen Angaben angesichts jahrelanger Verluste am Standort Hamburg aber auch erhebliche Teile der Fertigung in ein kostengünstigeres Werk in Ungarn verlagern.

Wie sich jetzt in den Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern abzeichnet, sollen im Jahr 2023 zumindest 600 Stellen in Hamburg bestehen bleiben, also 100 mehr als zunächst vorgesehen. Die Zahl stelle „in gewisser Weise einen Vorgriff auf ein sinnvolles Verhandlungsergebnis und die auf dieser Basis verbesserten Aussichten, in Hamburg unter wettbewerbsfähigeren Konditionen produzieren zu können, dar“, sagt dazu Rainer von Borstel, Chef von Diehl Aviation. Hinzu komme die zwischenzeitlich bei Airbus gefällte Entscheidung, die Produktion des doppelstöckigen A380 schon im Jahr 2021 zu beenden: „Es macht schlicht keinen Sinn mehr, die ausstehenden Arbeitspakete für dieses Programm noch zu verlagern.“

Flexiblere Arbeitszeitmodellen den Umgang mit Produktionsschwankungen erleichtern

In den Verhandlungen mit dem Betriebsrat und der IG Metall geht es nach Angaben des Managers unter anderem um die Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle, „die dem Industriestandard und dem Niveau an unseren anderen deutschen Standorten entsprechen.“ Dies solle ermöglichen, mit Produktionsschwankungen effizienter und kostengünstiger umgehen zu können. Offenbar sollen die Beschäftigten aber auch Zugeständnisse beim Gehalt machen, etwa durch Verzicht auf Teile des Urlaubs- und Weihnachtsgelds.

Seit März laufen die Gespräche mit der Arbeitnehmerseite über einen Sozialtarifvertrag. „Wir befinden uns mit unserem Betriebsrat und der IG Metall in harten Verhandlungen, bei der nichts Geringeres als die Zukunft des Standortes Hamburg auf dem Spiel steht“, sagt der Diehl-Aviation-Chef. Sollte es bis Ende Juni keine Einigung geben, könnten beide Seiten die Einigungsstelle einschalten – was offenbar vermieden werden soll. „Die nächsten Tage werden entscheidend sein“, glaubt Ulrich Orth, der Betriebsratsvorsitzende von Diehl Aviation. Auch er bevorzugt eine Lösung am Verhandlungstisch.

Orth bestätigt, dass die Geschäftsführung nun ein Beschäftigungsziel von 600 Mitarbeitern für Hamburg nennt. „Aber die Zahl könnte bei gut 700 liegen“, so der Betriebsrat. Aus seiner Sicht gibt es einen Widerspruch zwischen den Plänen und der realen Situation: „Man fährt Überstunden und setzt Leihkräfte ein, um die Arbeit bewältigen zu können, will aber Stellen abbauen.“ Laut Orth verlangt das Unternehmen von den Beschäftigten zudem den Verzicht auf Gehaltsbestandteile, wobei es unter anderem um Urlaubs- und Weihnachtsgeld gehe.

Diehl will das Geschäft mit Kabinen-Nachrüstungen von Hamburg aus voranbringen

Generell stehe ein Zulieferer wie Diehl Aviation unter steigendem Druck, „auf einem weltweiten Anbietermarkt gegen Niedriglohnstandorte zu bestehen“, sagt von Borstel: „Die Kunden richten sich in erster Linie nach dem Preis.“ Nach den Plänen des Unternehmens soll der Entwicklungsbereich auf jeden Fall in Hamburg bleiben, aber auch die Fertigung komplexer Produkte.

Das könnten zum Beispiel die häufig stark an individuelle Kundenwünsche angepassten Waschräume für Langstreckenflugzeuge sein, aber auch die so genannte „Skypax“-Lösung, eine raumsparende Kombination aus Bordküche und Toilette nebeneinander im Flugzeugheck, die den Einbau von bis zu zwölf zusätzlichen Sitzen ermöglicht. Das letztere Produkt zielt auf den Nachrüst-Markt für Kabinenerneuerungen in gebrauchten Flugzeugen. Dieses Geschäft macht bei Diehl bisher erst einen Produktionsanteil von etwa einem Viertel aus, soll aber in Hamburg ausgebaut werden.