Hamburg. In der HafenCity können Hobby-Piloten einen Flug im Riesen-Airbus nachempfinden. Das Abendblatt hat den Simulator getestet.
Die Neuproduktion des A380 will der Flugzeugbauer Airbus einstellen. Noch aber ist der Riesenflieger das Aushängeschild vieler Airlines. Die Begeisterung, die das größte Passagierflugzeug der Welt bei Luftfahrt-Fans erweckt, ist ungebrochen – und viele träumen davon, einmal selbst im Pilotensitz der „Königin der Lüfte“ Platz zu nehmen. In Hamburg kann dieser Traum jetzt in Erfüllung gehen. Am östlichen Ende der HafenCity, der Ericusspitze, wurde ein A380-Flugsimulator eingerichtet. Betreiber ist YourCockpit.
„Moin“, begrüßt Mitinhaber und Geschäftsführer Dirk Effelsberg seine Gäste ganz hamburgisch, obgleich das Unternehmen seinen Hauptsitz in Stromberg bei Bad Kreuznach hat. YourCockpit betreibt an sieben deutschen Standorten Simulationsanlagen für unterschiedliche Flugzeugtypen. Ein A380-Cockpit bietet die Firma in Frankfurt und Hamburg an – neben einigen anderen Simulatoren.
„Hier können Sie mit einem A320 fliegen“, führt Effelsberg seine Besucher durch die Räume. „Und hier mit einem F-16-Kampfjet. Da steht unser Original-Fallschirmsprung-Simulator von der Bundeswehr, und dort haben wir die Kanzel der bekannten Bell UH-1.“ Dabei handelt es sich um das Pendant zu jenem bekannten Hamburger Rettungshubschrauber der Bundeswehr, der 2002 in Hummelsbüttel abgestürzt ist.
Die Anlage ist kein Original
Dann in der Ecke steht es: das Cockpit des A380 – oder besser: der Nachbau davon. Denn diese Anlage unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von allen anderen: Sie ist nicht original. „Beim A320 haben wir beispielsweise das Cockpit eines Flugzeugs übernommen, das einmal über eine Landebahn hinausgerutscht war. Wir haben einfach die Pilotenkanzel vom Rest abgetrennt und hierher geschafft“, sagt Effelsberg. Der A380-Simulator bestehe hingegen nur aus Nachbauten – von einem Hersteller aus Kanada. Denn von diesem Flugzeugtyp, der seit zwölf Jahren ausgeliefert wird, gebe es keine Original-Cockpits ausrangierter Maschinen, sagt Effelsberg. So sind einige Bedienelemente auf den Instrumententafeln leider außer Funktion.
Ein weiterer Nachteil ist der fehlende Rundumblick. Bei YourCockpit werden die Simulatoren aufwendig in das Halbrund einer aufgeschnittenen Glasfaserkugel – mit einem Durchmesser von fünf Metern – hineingebaut. Auf deren Wand wird mithilfe mehrerer Projektoren die Umgebung des Flugzeugs abgebildet. Somit sieht man auch beim Schulterblick die aktuelle Projektion, was das Echtheitsgefühl verstärkt. Beim A380-Simulator werden die vier Cockpitfenster hingegen von vier einzelnen Bildschirmen ausgefüllt. Wandert der Kopf zu weit zur Seite, blickt man ins Nichts.
Ziel dieses Testfluges ist eine Landung auf Sylt
„Es ging nicht anders“, sagt Effelsberg. „Die hohen Kosten für den Bau einer besseren Umgebungssimulation hätten den geringen Zugewinn an Darstellungsechtheit nicht gerechtfertigt.“ Beim A380-Simulator stehe das fliegerische Erlebnis im Vordergrund. „Wir sind immer darum bemüht, die Simulationsflüge so echt wie möglich zu gestalten. Unsere Simulatoren sind auch für Profis geeignet. Der A380 ist aber ein Nachbau, bei dem das Entertainment im Vordergrund steht“, so Effelsberg. Der 42-Jährige weiß, wovon er spricht. Er war Linienpilot, bis eine Augenerkrankung ihn seine Lizenz kostete. Neben dem Betrieb von YourCockpit arbeitet er heute noch als Pilotentrainer in Teilzeit an verschiedenen Simulatoren.
Sein Hobby war schon immer der Bau von Simulatoren, die er dann an andere Betreiber vermietete. Nachdem sich der Wettbewerber iPilot aus dem Deutschlandgeschäft zurückgezogen hatte, kaufte Effelsberg mit der Pilotin Nadine Pinternagel die Standorte auf und vereinte sie unter dem Dach von YourCockpit. Seine Mitarbeiter sind fast alle Freiberufler. „Die meisten sind Linienpiloten und Fluglehrer, die sich etwas dazuverdienen wollen“, sagt er.
Jetzt ist es aber so weit. Er zeigt auf den Sitz links neben sich, dreht sich um und fragt: „Wo wollen wir hin?“ – Nach Sylt? Geht das? Kann man mit einem A380 auf Sylt landen? „Probieren wir es aus“, sagt er. „Flaps Two“, sagt eine Computerstimme, als die Startklappen an den Tragflächen ausgefahren werden. Nach einer Einweisung darf der Gast dann erstmals die Schubhebel nach vorne drücken. Schwerfällig nimmt der Koloss auf der Startbahn Fahrt auf. Bei einer Geschwindigkeit von 150 Knoten hebt man mittels Sidestick, dem Steuerhebel, die Nase leicht an. Und dann ist der Flieger in der Luft. Ein Hochgefühl.
Die Oma sitzt mit dabei
Begleitpersonen nehmen in einem Kabinennachbau an dem Flug teil. Sie können über Außenfenster den Verlauf verfolgen. „Die Begleitpersonen sind unsere eigentlichen Kunden“, sagt Effelsberg. Oft handele es sich um die Ehefrau oder Oma, die dem Kurzzeitpiloten das Flugerlebnis geschenkt haben.
Gleich mehrere Warntöne schrillen durchs Cockpit. „Flugzeugnase zu hoch“, sagt Effelsberg. Er erklärt seinen Flugschülern, was sie falsch machen, lässt sie aber selbst korrigieren. Eingreifen tut er nur im äußersten Fall: „Man sollte nie eine Simulation mit einem Absturz beenden“, sagt er. Die Landung auf Sylt 20 Minuten später klappt ganz gut, endet aber im Gras. Die Landebahn war für den A380 dann doch zu kurz.