Hamburg. Garz & Fricke expandiert kräftig mit Touch-Bildschirmen. Nun ziehen die Harburger auf eine deutlich größere Fläche.

Wachstumsraten im deutlich zweistelligen Prozentbereich traut man Internet-Unternehmen zu, bei Industriefirmen findet man solche Entwicklungen eher selten. Doch es gibt auch in Hamburg Produktionsbetriebe, die so etwas schaffen: „Seit 2007 erhöht sich unser Umsatz im Schnitt mit 18 Prozent pro Jahr“, sagt Manfred Garz, Geschäftsführer von Garz & Fricke in Heimfeld.

Der Mittelständler entwickelt und produziert elektronische Steuerungen und Touch-Bildschirme für diverse Arten von Verkaufsautomaten. „Es gibt in Deutschland kaum einen Zigarettenautomaten, in dem nicht unsere Technik steckt“, sagt Garz. Zusammen mit Matthias Fricke, seinem Kollegen in der Geschäftsführung, hat er das Unternehmen im Jahr 1992 gegründet – noch während sie beide ein Ingenieurstudium in Braunschweig absolvierten.

Umsatz liegt bei 40 Millionen Euro

Aktuell erwirtschaften gut 150 Beschäftigte, davon rund 130 in Hamburg, einen Umsatz von etwa 40 Millionen Euro. Doch das Wachstum soll weitergehen: „In den nächsten zwei Jahren werden allein durch organisches Wachstum voraussichtlich 30 weitere Mitarbeiter hinzukommen“, sagt Garz. Inzwischen fertigt die Firma auch Elektronikkomponenten für Getränkeautomaten, Parkhauskassen, Backautomaten in Bäckereiketten, Fotodrucker in Drogeriemärkten, aber auch die Bedienfelder von E-Auto-Ladesäulen.

In einigen Segmenten zieht die Nachfrage kräftig an: „Bei Selbstbedienungs-Kaffeeautomaten sehen unsere Kunden gerade einen regelrechten Boom vor allem in Asien.“ Auch für diese Automaten, die unter anderem in der Schweiz hergestellt werden, liefert Garz & Fricke die Bedienfelder zu. Dabei hat sich die Technik in den zurückliegenden 25 Jahren stark verändert: „Anfangs haben wir mit zweizeiligen Displays gearbeitet, heute sind es berührungsempfindliche Bildschirme von bis zu 32 Zoll, auf denen die gewünschten Produkte angezeigt und ausgewählt werden können“, erklärt der Firmengründer.

Steuerungen ähneln einem Tablet-Computer

Von der Funktionalität her ähneln die Automatensteuerungen zwar einem Tablet-Computer wie etwa dem iPad. „Unsere Kunden stellen aber weit höhere Anforderungen an die Robustheit, die Temperaturbeständigkeit und die Lebensdauer“, so Garz. Außerdem müssten die Komponenten bis zu zehn Jahre lang lieferbar bleiben – eine Bedingung, die Standardprodukte ebenfalls nicht erfüllen. Während derartige Computer meist in Asien montiert werden, erfolgt das bei den Erzeugnissen von Garz & Fricke in Hamburg: „Pro Kunde werden in der Regel 500 bis 10.000 Einheiten pro Jahr gefertigt.

Solche Stückzahlen lassen sich sehr wohl in Deutschland produzieren, zumal das bei uns sehr stark automatisiert erfolgt“, wie Garz sagt. Die Fertigung hier ermögliche eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit und Flexibilität, etwa wenn Anpassungen an veränderte Kundenwünsche vorgenommen werden müssen. „Wir werben aber auch mit dem ,made in Germany’ als Qualitätsmerkmal“, so Garz. Allerdings ist ein Firmensitz in Deutschland in dieser Branche nicht ungewöhnlich. Große Wettbewerber wie etwa Data Modul oder Kontron haben ihren Sitz ebenfalls in der Bundesrepublik, beide aber in Bayern.

Ein Vertriebsbüro in Minneapolis wurde eröffnet

Im August 2017 haben die beiden Firmengründer zwar eine Mehrheitsbeteiligung an den Münchner Finanzinvestor Afinum abgegeben, sie leiten das Tagesgeschäft aber weiter. Der Investor im Rücken ermöglicht eine Reihe von Wachstumsschritten: Ende März hat Garz & Fricke den Software-Dienstleister e-GITS mit Sitz in Stuttgart und Chennai (Indien) hinzugekauft. Zudem wurde gerade ein Vertriebsbüro in Minneapolis eröffnet; schon in diesem Jahr wollen die Hamburger einen siebenstelligen Umsatz in den USA erzielen.

Demnächst steht ein Kraftakt an, für dessen Finanzierung ebenfalls Afinum eine entscheidende Rolle spielte: Garz & Fricke wird umziehen. Bisher verteilen sich die Mitarbeiter auf zwei Gebäude im hit-Technopark in Heimfeld sowie einen Standort in Maschen/Seevetal, wie Garz sagt: „Aber es platzt aus allen Nähten.“ Im August soll der Umzug in einen Neubau in Harburg in der Nähe des Elbcampus beginnen.

Das Display der Ladesäule stammt von
Garz & Fricke.
Das Display der Ladesäule stammt von Garz & Fricke. © Garz&Fricke

Allein das Gebäude hat rund 20 Millionen Euro gekostet, hinzu kommen mehrere Millionen Euro für neue Produktionsanlagen. Eine Herausforderung werde allein schon die Verlagerung der Logistikabteilung, so Garz: „Wir haben eine hohe fünfstellige Zahl unterschiedlicher Bauteile im Lager, die alle wieder ihren richtigen Platz finden müssen.“ Denn etliche der Teile müssen innerhalb einer bestimmten Frist verarbeitet werden. Geplant ist, mit einer Ausfallzeit von nur zwei Tagen für den Umzug auszukommen.

7000 Quadratmeter hat der Neubau

Mit einer Fläche von 7000 Quadratmetern bietet der Neubau mehr als doppelt so viel Raum wie die bisherigen Standorte zusammen, zunächst soll jedoch ein Teil davon vermietet werden. Für künftiges Wachstum werden nach den Vorstellungen der Geschäftsführung auch neue Betätigungsfelder sorgen: Die Komponenten von Garz & Fricke werden zunehmend auch für die Zugangskontrolle sowie in medizintechnischen Laborgeräten eingesetzt.

„Diesen Bereich wollen wir stark ausbauen, schon weil der Gesundheitssektor langfristig sehr gute Perspektiven bietet“, wagt Garz einen Blick in die Zukunft. Er stellt sich aber auch auf eine neue Technikgeneration ein: Zunächst werde Touch-Feedback kommen, also eine mit dem Finger fühlbare Rückmeldung des Bildschirms, und später vielleicht auch die Spracheingabe. Natürlich will Garz & Fricke aus dem Süden Hamburgs auch hier mit dabei sein.