Hamburg. Die Abdeckung mit Ladestationen ist bundesweit Spitze – Niedersachsen und Schleswig-Holstein hinken hinterher.

Die Elektromobilität ist in Hamburg weiter kräftig auf dem Vormarsch, auch wenn ihr Anteil am Verkehrsaufkommen nach wie vor sehr gering ist. So ist die Zahl der Elektro-Pkw in Hamburg von 2887 Ende 2017 auf 4354 Ende 2018 angestiegen – ein Plus von 51 Prozent innerhalb eines Jahres. Darunter sind rund 2600 reine Elektrofahrzeuge, gut 1700 Hybrid-Fahrzeuge, die E- und Verbrennungsmotor kombinieren, sowie 47 Autos mit Brennstoffzelle.

Außerdem ist in Hamburg eine Carsharing-Flotte von 200 Fahrzeugen stationiert, die allerdings in München angemeldet sind. Die Daten nannte die Behörde für Wirtschaft und Verkehr auf Abendblatt-Anfrage. Sie erwartet für die kommenden fünf Jahre einen Anstieg auf mehr als 50.000 vollelektrische und teilelektrische Fahrzeuge.

Anteil an Elektro-Autos derzeit bei 0,55 Prozent

Gemessen an den 795.000 in Hamburg zugelassenen Pkw liegt der Anteil an Elektro-Autos derzeit bei 0,55 Prozent. Das ist etwas weniger als im Bundesschnitt: Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) in Flensburg lag 2018 der Bestand an Elektro-Pkw bundesweit bei rund 83.000 Fahrzeugen. Hinzu kamen 341.000 Hybrid-Pkw. Bei einem Gesamtbestand von 57,3 Millionen Kraftfahrzeugen entfielen also 0,74 Prozent auf diese beiden Kategorien.

Weit überdurchschnittlich ist in der Hansestadt hingegen die Abdeckung mit öffentlich zugänglichen Ladestationen für die mit Strom betriebenen Fahrzeuge. Mit derzeit 851 Ladepunkten an 424 Standorten (eine Ladesäule kann mehrere Stromanschlüsse haben), sei man Vorreiter in Deutschland, so die Behörde, die jährlich 175.000 Ladevorgänge regis­trierte. Bundesweit gab es Ende März etwa 17.400 solcher Stromtankplätze, 1300 mehr als zu Beginn des Jahres, wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mitteilte.

Bis Ende des Jahres 1000 Ladepunkte

Dessen Zahlen untermauern Hamburgs Spitzenplatz. Demnach hatte die Hansestadt Ende 2018 die mit Abstand meisten Ladepunkte pro eine Million Einwohner, nämlich 461. Dahinter lagen Bayern (280) und Baden-Württemberg (231). Die beiden anderen Stadtstaaten Berlin (218) und Bremen (147) rangierten deutlich dahinter, ebenso die anderen Nord-Länder Niedersachsen (166), Schleswig-Holstein (164) und Mecklenburg-Vorpommern (78).

Gemessen an der Fläche war Hamburgs Vorsprung noch größer: An die 1104 Ladepunkte je 1000 Quadratkilometer in der Hansestadt konnte nur Berlin (874) ansatzweise heranreichen. Bremen (238), Schleswig-Holstein (30), Niedersachsen (28) und Mecklenburg-Vorpommern (5) rangierten am Ende der Statistik. Und nach dem Willen des Senats, der schon August 2014 einen „Masterplan öffentlich-zugängliche Ladeinfrastruktur“ verabschiedet hatte, soll der Ausbau weitergehen: Geplant ist, dass es bis Ende dieses Jahres in Hamburg 1000 öffentliche Ladepunkte gibt.

Unterdessen ist auch das Interesse im privaten Bereich, also für Wohn- und Gewerbegebäude, auf Betriebsgeländen und in Parkhäusern, hoch. Fünf Wochen nach Start eines Modellprojekts heißt es von der Verkehrsbehörde, dass bei den Anbietern und technischen Betreibern solcher Ladestationen viele Anfragen eingegangen seien. Konkrete Zahlen, etwa zu Förderanträgen, konnte sie aber noch nicht nennen.

Mietrecht ist ein Hemmschuh

Die Behörde hatte erst Ende Februar das Modellprojekt „Elbe“ mit einer Förderung von 21 Millionen Euro für bis zu 7400 weitere Ladepunkte für Elektroautos gestartet, die teilweise öffentlich zugänglich sein sollen. Dennoch handele es sich offiziell um ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt zur Untersuchung von Lastmanagement, dessen Ziel nicht primär der Aufbau von privater Ladeinfrastruktur sei.

Als größte Hemmnisse beim Ausbau der bundesweiten Ladeinfrastruktur sieht die Verkehrsbehörde fehlende Geschäftsmodelle, insbesondere außerhalb von Metropolen. Aber auch das bisherige Miet- und Wohneigentumsrecht sei ein Hemmschuh. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) will Eigentümern und Mietern die Errichtung von Ladestationen erleichtern: „Der Einbau von Ladesäulen darf nicht an komplizierten Regelungen im Eigentumsrecht scheitern“, hatte sie gesagt. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte für ein entsprechendes Förderprogramm für den Haushalt 2020 eine Milliarde Euro zusätzlich gefordert. Bislang hat das Bundesverkehrsministerium für den Ausbau der Ladenetze 300 Millionen Euro für 15.000 neue Ladesäulen bis 2020 zur Verfügung gestellt.

Viele Städte sehen Ladestationen skeptisch

In den großen Städten in Niedersachsen herrscht Uneinigkeit darüber, ob deutlich mehr Ladestationen auf öffentlichen Flächen installiert werden sollen als bisher – zumal mehrere Städte berichten, dass ihre vorhandenen Stationen bisher nicht ausgelastet sind. Die Stadt Braunschweig etwa verweist darauf, dass nur zwischen fünf und 15 Prozent des Energiebedarfs von E-Autos an öffentlichen Ladesäulen gedeckt werden.

Auch Bremen verwies darauf, dass Elektro-Autos zu 85 Prozent in Garagen, Carports oder auf Betriebsgeländen aufgeladen würden. Andere Kommunen beklagten die Förderbedingungen, die der Bund vorgibt. „Aktuell stehen der Aufwand und die Höhe der Fördersummen in keinem Verhältnis“, hieß es aus Lüneburg.