Hamburg. Mahlkönig aus Wandsbek profitiert vom Trend zu hochwertigem Espresso. Jetzt braucht sie mehr Platz für die Produktion.

In ihrem östlichen Teil ist die Tilsiter Straße in Wandsbek eine ziemlich unglamouröse Gegend. Auf der einen Seite stehen die Lauben des Gartenvereins von 1913, auf der anderen in die Jahre gekommene Lagerhallen und Gewerbebauten. Sie beherbergen Betriebe, die unter anderem in der Wellpappen- und Elektrobranche tätig sind.

Unter der Hausnummer 142 residiert ein Unternehmen, dessen Name nicht sofort verrät, womit man sich hier beschäftigt: die Hemro Manufacturing Germany GmbH. An der Zufahrt zum Firmengelände zeigt eine Tafel ein dreieckiges, rotes Markenlogo mit dem Wort Mahlkönig, was den meisten Hamburgern allerdings auch nicht viel mehr sagt.

Hier entstehen die besten Kaffeemühlen der Welt

Doch in der Kaffeebranche und in der Welt der Baristi und Liebhaber exquisiter Espressi ist es ein Name mit Donnerhall, ein Name, der bisweilen fast ehrfürchtig genannt wird. Denn an der Tilsiter Straße in Wandsbek entstehen die wohl besten Kaffeemühlen der Welt. „Mahlkönig ist im Super Premium-Segment tätig“, sagt Marcel Lehmann ganz nüchtern.

Der 33-Jährige ist Chef der in der Schweiz ansässigen Hemro Gruppe zu der das 1924 gegründete Hamburger Unternehmen heute gehört. Damals hieß es noch Stawert Mühlenbau. Stawert spezialisierte sich schon vor Jahrzehnten auf Kaffeevermahlung, fusionierte 2007 mit dem schweizerischen Mühlenbauer Ditting zur Hemro Gruppe. Zu ihr gehören mittlerweile mit Anfim (Italien) und neuerdings HeyCafé (China) zwei weitere Kaffeemühlen-Marken.

Fast 30 Millionen Erlöse

Während Ditting vorwiegend Mühlen für Filterkaffee fertigt und zum Beispiel Tchibo und weltweit sämtliche Starbuck’s-Filialen damit ausrüstet, ist Mahlkönig in der Gruppe der Spezialist für Espressobohnen. „In den vergangenen vier bis fünf Jahren hat der Umsatz jeweils im zweistelligen Prozentbereich zugelegt“, sagt Lehmann. 2018 erreichten die Erlöse der Marke annähernd 30 Millionen Euro. Nun muss und will das Unternehmen, das seine Produkte in aller Welt verkauft, erweitern. „Voraussichtlich Ende dieses Jahres werden wir umziehen“, sagt Lehmann.

Ein gutes Dutzend unterschiedliche Mühlen stellt Mahlkönig her, die meisten sind für eine normale Küche viel zu groß. Es sind ganz überwiegend Coffee-Shop-Ketten und Spezialitäten-Cafés wie etwa Elbgold in Hamburg, die sich die bis zu 3000 Euro teuren Maschinen zulegen. Das einzige für Privathaushalte konzipierte Modell kostet auch schon um die 400 Euro. Den Mahlkönigmaschinen wird große Robustheit nachgesagt, dass sie so fein mahlen, wie es sich der Bediener wünscht, dass sich der Mahlgrad sehr variabel wählen lasse. Für Espresso oder türkischen Mokka werden die gerösteten Bohnen so fein vermahlen, dass ein einzelnes Korn nur noch den Bruchteil eines Millimeters misst.

Monatelange Lieferzeiten

Dass die Bohnen erst unmittelbar vor der Zubereitung gemahlen werden dürfen, ist für Kaffee-Gourmets ohnehin keine Frage. Lehmann weiß: „Schon wenige Minuten nach dem Mahlen haben sich 80 Prozent der Aromen verflüchtigt.“ Das aktuelle Flaggschiff des Unternehmens und der eigentliche Grund für Mahlkönigs derzeit steile Erfolgskurve ist eine Maschine namens EK 43. Das Modell ist an sich schon etwas in die Jahre gekommen, gilt in der weltweiten Community der Espresso-Enthusiasten aber als Non-plus-ultra, seitdem vor einigen Jahren der Gewinner der Barista-Weltmeister darauf bestand, seine Bohnen in einer EK 43 zu mahlen.

„Seitdem hat sich die verkaufte Stückzahl mehr als verdoppelt, zeitweise sind wir und unsere Zulieferer mit der Produktion nicht mehr hinterhergekommen“, sagt Lehmann. Kunden hätten monatelange Lieferzeiten hinnehmen müssen. „Heute kann man praktisch nur noch dann Barista-Weltmeister werden, wenn man eine Mahlkönig nutzt“, sagt der Hemro-Chef. Was wohl auch daran liegt, dass die Hamburger mittlerweile Hauptsponsor der Barista-WM sind.

Weltchampion zieht um

Während Motoren und Gehäuseteile von Zulieferern kommen, wird das Herzstück jeder Kaffeemühle an der Tilsiter Straße hergestellt: Die Mahlscheiben mit gezackter Oberfläche, zwischen denen die Kaffeebohnen zerkleinert werden, entstehen bei Hemro Germany im Zweischichtbetrieb. Aus Stahl, Aluguss oder Keramik, manche vom Durchmesser eines Kuchentellers. Sie werden auch in Mühlen von anderen Marken der Gruppe verbaut oder sogar in den Kaffeemühlen ganz anderer Hersteller wie etwa WMF.

Es sind vor allem die Mitarbeiter in der Produktion, die nun dringend mehr Platz benötigen. Die Suche nach einem anderen Standort für die derzeit etwa 130 Beschäftigten in Hamburg gestaltete sich lange schwierig, dann half ein Zufall: die Büros und Produktionshallen gleich nebenan wurden frei. Der Weltchampion aus Wandsbek zieht an der Tilsiter Straße nur eine Hausnummer weiter.