Hamburg. Die Fluggesellschaft Air Hamburg fliegt Stars, wächst kräftig und setzt mit ihren großen Businessfliegern verstärkt auf Langstrecken.
Von Hamburg ohne Zwischenstopp auf die Malediven fliegen? Mit regulären Linienmaschinen geht es nicht ohne Umsteigen. Doch in den Business-Jets von Air Hamburg kann man vom Start in Fuhlsbüttel bis zur Landung auf den Ferieninseln im Indischen Ozean sitzen bleiben – und das in einer Kabine mit Leder-Einzelsesseln für nur maximal 14 Passagiere. Fluggäste müssen sich zuvor nicht einmal in die Schlange vor der allgemeinen Sicherheitskontrolle einreihen. Denn der Abflug erfolgt am Geschäftsfliegerzentrum abseits der Terminals, zwischen dem Parkplatz und dem wartenden Jet liegen dort nur rund 50 Meter.
Allerdings hat ein solcher Komfort seinen Preis: Hin- und Rückflug auf die Malediven kosten rund 200.000 Euro. „Dieser Betrag bezieht sich auf die Charter des kompletten Flugzeugs, das dann am Zielort bis zur Rückreise bereitsteht“, sagt Air-Hamburg-Geschäftsführer Floris Helmers. Müsse der Jet nicht warten, liege der Preis eher bei 100.000 Euro.
16 Legacys sind in der Flotte
Künftig will das Unternehmen noch stärker auf solche Langstrecken setzen. Vor Kurzem traf eine weitere Maschine der Baureihe Legacy 650E des brasilianischen Herstellers Embraer in Hamburg ein. „Es ist unsere 16. Legacy, damit sind wir der weltweit größte Betreiber dieses Typs“, sagt Mike Ulka, Chief Operating Officer der Firma. Flugzeuge dieser Reihe kommen jedoch nicht nonstop von hier bis auf die Malediven, sie sind im Hinblick auf die Reichweite eher geeignet für die stark nachgefragten Strecken von London nach Dubai oder nach Saudi-Arabien. Für noch längere Routen betreibt Air Hamburg seit Jahresende 2018 eine dreistrahlige Dassault Falcon 7X: „Sie schafft auch Flüge von Zürich nach Miami“, sagt Ulka.
Gebucht werden die Jets des Unternehmens ebenso wie die von Wettbewerbern über spezielle Vermittlungsbüros. In der Geschäftsfliegerei sei es aus mehreren Gründen vorteilhaft, Langstreckenverbindungen anbieten zu können, erläutert Helmers: „Auf kurzen Flügen ist die Konkurrenz viel größer. Wer da um 100 Euro günstiger ist, bekommt den Zuschlag.“ Je leistungsfähiger und damit teurer ein Business-Jet sei, um so weniger Betreiber könnten ihn sich leisten.
Bei Air Hamburg helfen kapitalstarke Investoren mit, die Maschinen zu finanzieren, die laut offiziellen Preislisten umgerechnet rund 23 Millionen Euro (Legacy 650E) pro Stück kosten. Hauptinvestor ist Simon Ebert, dessen Familie einst der Haarpflegespezialist Wella gehörte. „Wir haben aber zuletzt auch Unternehmer aus dem Hamburger Raum, die uns als Stammkunden gut kennen, als neue Investoren gewinnen können“, sagt Helmers.
Lange Flüge sind materialschonender
Den Flugzeugeignern bringe der Betrieb von langstreckentauglichen Jets ebenfalls Vorteile: „Eine Legacy wird deutlich mehr als 1000 Stunden im Jahr genutzt, eine solche Auslastung schafft man mit kurzen Flügen nicht“, sagt der Air-Hamburg-Geschäftsführer. Lange Flüge und entsprechend weniger Landungen seien zudem materialschonend, was die Wartungskosten vergleichsweise niedrig halte.
Allerdings wollen die Hamburger nicht ausschließlich die kostspieligen Großgeräte betreiben: „Wir sind nicht größenwahnsinnig.“ In der Flotte von inzwischen 30 Jets – vor gut zwei Jahren waren es erst 21 Maschinen – finden sich auch kleinere Flieger für nur sechs Passagiere. In diesem Jahr sollen noch drei neue Flugzeuge eintreffen. Damit wird auch die Zahl der Mitarbeiter, die bereits von knapp 50 im Jahr 2009 auf aktuell knapp 430 Personen gewachsen ist, weiter zulegen: „Für jeden zusätzlichen großen Jet benötigen wir mindestens acht Piloten und drei Flugbegleiterinnen mehr“, sagt Ulka.
Von ihnen wird manchmal höchste Flexibilität erwartet: „Kürzlich fragte ein Kunde um 22 Uhr an, ob wir ihn am nächsten Morgen um 10 Uhr von London nach Saudi-Arabien bringen könnten“, erzählt Helmers: „Das war schon eine Herausforderung, alle Überfluggenehmigungen so schnell zu bekommen – aber es ist meinem Team gelungen.“
George Clooney war schon an Bord
Nicht nur Unternehmern sind die kurzen Vorlaufzeiten viel Geld wert, neben Spitzensportlern (Ex-Rennfahrer Felipe Massa) und Showstars (Schauspieler George Clooney und Topmodel Naomi Campbell) gehören auch Diplomaten und Politiker (Tony Blair und der Dalai Lama) zu den regelmäßigen Gästen. Gerade wenn mehrere Personen gemeinsam reisen wollen, sei der gecharterte Business-Jet nicht unbedingt teurer als die Buchung einer entsprechenden Zahl von Tickets in der Premium-Klasse einer Airline, sagt Helmers.
Zwar erwarten viele Volkswirte für 2020 oder 2021 einen deutlichen Wirtschaftsabschwung in Europa, was potenziell die Nachfrage nach Geschäftsreisen dämpfen würde. Doch der Air-Hamburg-Gründer bleibt bei dem Gedanken daran gelassen: „Wir fürchten die Krise nicht – wir sind ja in der vorigen groß geworden“, so Helmers. Tatsächlich hat das Unternehmen, das aus der Flugschule Hamburg hervorging und später auch Nordseeinseln mit Propellermaschinen ansteuerte, im Jahr 2006, also kurz vor dem Ausbruch der heftigen Finanzkrise, den Flugbetrieb mit Jets aufgenommen.
Trotz des starken Wachstums habe man immer darauf geachtet, die Kostenstruktur schlank zu halten, außerdem könne Air Hamburg inzwischen auch Größenvorteile gegenüber Wettbewerbern nutzen: „Das hilft uns beim Treibstoffeinkauf, aber auch bei Flughafenentgelten haben wir eine bessere Verhandlungsposition, wenn wir zum Beispiel in Nizza in diesem Jahr auf voraussichtlich mehr als 1000 Landungen kommen.“
Größeres Flugzeug im Visier
Und natürlich mache es bei Flugzeugbestellungen einen Unterschied, ob ein Kunde – so wie die Hamburger im Jahr 2018 – bei Embraer gleich vier Jets ordere oder nur einen einzigen. Für die eigene Flotte hat Helmers nun sogar ein noch größeres Flugzeug im Blick: Unter dem Namen Lineage 1000 bietet Embraer den Regionalflieger E190, der mehr als 110 Passagiere transportieren kann, in einer VIP-Ausstattung für bis zu 19 Gäste an. Air Hamburg ist an dieser Maschine, die laut Preisliste umgerechnet rund 47 Millionen Euro kostet, sehr interessiert: „Wir waren auf einem Demonstrationsflug an Bord – und wir waren schon nah an einer Bestellung dran.“