Hamburg. Bei der Windkraftfirma befürchtet man, dass Beschäftigte zur Konkurrenz abwandern. Mitarbeiter enttäuscht von der Politik.

Die Insolvenz des Windturbinenherstellers Senvion belastet die Beschäftigten erheblich. „Die Sorge der Mitarbeiter um ihre Jobs ist sehr groß“, sagte der Hamburger Betriebsratsvorsitzende Andreas Günther dem Abendblatt. Die Nachricht hätte zum Teil für entsetzte Gesichter gesorgt – auch wenn sich die Finanzprobleme des Unternehmens mit der Zentrale in der City Nord in den vergangenen Wochen und Monaten schon angedeutet hatten.

In der Belegschaft sei die Stimmung gespalten. Auf der einen Seite gebe es viel Optimismus, weil die Auftragsbücher voll seien, die Mitarbeiter vom Know-how der Firma überzeugt und aus Leidenschaft im Unternehmen seien. „Die Leute sind mit vollem Herzen bei der Arbeit. Hier guckt keiner auf die Uhr“, sagte Günther. Auch hätten sich die bei der Insolvenz in Eigenverwaltung hinzugezogenen beiden Sanierungsexperten in einer ersten Einschätzung sehr optimistisch gezeigt, sagte er.

Angestellte verärgert über die Politik

Auf der anderen Seite gebe es natürlich Zukunftsängste. Schließlich ist die Bezahlung nur für die nächsten drei Monate gesichert, die Bundesagentur für Arbeit springt so lange mit dem Insolvenzgeld ein. Das mache bei einigen die Motivation schwierig. Günther befürchtet zudem, dass der Name Senvion durch die Insolvenz an Reputation verlieren und Beschäftigte dem Unternehmen den Rücken kehren könnten. „Das gegenseitige Abwerben in der Branche ist nicht unüblich“, sagte der Betriebsratschef.

Regelrecht verärgert seien die Angestellten über die Politik. Die Umstellung vom Subventions- auf eine Auktionsmodell, bei dem der günstigste Anbieter die besten Chancen auf einen Zuschlag für den Auftrag hat, habe die Branche schwer getroffen. Und die Regierungen in Europa würden die vereinbarten Pariser Klimaziele nicht verfolgen. Als Folge davon hätte sich das Unternehmen verstärkt Märkten wie Indien, Australien und Südamerika zugewandt.

100 Millionen Euro fehlen

In der Zentrale in der City Nord arbeiten rund 500 Beschäftigte, etwa 440 von ihnen sind bisher von der Insolvenz betroffen. Senvion hatte am Dienstag Insolvenz in Eigenverwaltung für die Senvion GmbH und deren Tochter Senvion Deutschland GmbH beantragt. In dieser Woche könnten drei weitere Firmen der Gruppe folgen, hieß es damals. Die Beschäftigten wurden per Mail und Videobotschaft des Firmenchefs Yves Rannou informiert. Am Mittwoch folgten Mitarbeiterveranstaltungen an allen Standorten. Senvion fehlen kurzfristig 100 Millionen Euro.