Hamburg. Ver.di fordert bei Tarifverhandlungen für Bodenpersonal ein neues Angebot bis Freitag. Sonst drohen Arbeitsniederlegungen.

Es ist ein Knochenjob, den Bülent Akbel am Hamburger Flughafen hat. Als sogenannter Oberlader sorgt er mit zwei weiteren Mitarbeitern für das Ein- und Ausladen der Koffer in die Flugzeuge. Pro Flug sind das rund 100 Gepäckstücke. „Früher waren wir einmal zu fünft im Team“, sagt Akbel. „Jetzt wird der Arbeitsdruck immer stärker.“ 25 bis 35 Minuten haben die Teams für die Abfertigung einer Maschine Zeit. Innerhalb einer Schicht bewegen die Männer 27.000 Kilogramm.

„Das geht auf die Knie und die Bandscheiben“, sagt Akbel. Als Oberlader kommt er auf einen Bruttostundenlohn von 15,58 Euro, viele seiner Kollegen müssen sich mit 10,76 Euro in der Stunde abfinden. Nach einer Aufstellung der Gewerkschaft Ver.di sind die Einstiegsgehälter des Bodenpersonals am Hamburger Flughafen seit 1999 nur um 15,4 Prozent gestiegen.

Streikbereitschaft der Beschäftigten ist hoch

„Wir lassen uns nicht mit ein paar Cent mehr abspeisen“, sagt Irene Hatzidimou, Verhandlungsführerin für das Bodenpersonal der Gewerkschaft Ver.di. Nach dem Scheitern der fünften Runde bei den Tarifverhandlungen wird ein Warnstreik am Hamburger Flughafen innerhalb der Frühjahrsferien immer wahrscheinlicher.

Die Verhandlungspartner treffen sich erst am 20. März wieder. „So lange werden wir aber nicht abwarten“, sagt Hatzidimou. Sie forderte ein neues Angebot. „Wir erwarten noch bis diesen Freitag ein Signal, dass eine Einigung möglich ist.“ Die Streikbereitschaft der Beschäftigten sei hoch. Bereits Anfang Februar war der Flughafen durch einen 24-stündigen Warnstreik des Bodenpersonals weitgehend lahmgelegt wurden.

Ver.di fordert für die fast 1000 Beschäftigten der Bodenverkehrsdienste (BVD) eine monatliche Tariferhöhung von 220 Euro für alle vier Gehaltsstufen sowie eine Erhöhung der Schichtzuschläge und für Sonntagsarbeit. Die Mitarbeiter der BVD verladen das Gepäck, fahren die Passagiere zum Flugzeug und reinigen die Flugzeuge.

Arbeitgeber wollen Einstiegsgehalt um 11,3 Prozent erhöhen

Die Arbeitgeberseite – vertreten durch die Flughafen-Tochter HAM Ground Handling GmbH – hat nach eigenen Angaben aktuell eine Lohnerhöhung von sieben Prozent angeboten, bei 24 Monaten Laufzeit. Die angebotene Erhöhung für Einsteiger von 11,3 Prozent bringe das Grundgehalt auf über zwölf Euro, dem geplanten Mindestlohn in städtischen Firmen. „Ein erneuter Streik in den Ferien wäre völlig verantwortungslos und würde vor allem verreisende Familien treffen“, sagt Christian Noack, Geschäftsführer der HAM Ground Handling.

Ver.di hält maximal eine Laufzeit von 20 Monaten für akzeptabel. Die Forderungen der Gewerkschaft belaufen sich auf eine Lohnerhöhung von acht bis zwölf Prozent. Umstritten ist der Zeitpunkt, zu dem die zwölf Euro des städtischen Mindestlohnes erreicht werden. Nach dem Vorstellungen der Arbeitgeber wäre das der 1. April 2020, die Gewerkschaft möchte den Mindestlohn schon zum 1. Januar 2020 durchsetzen.

Ver.di kritisierte am Mittwoch vor allem die Stadt Hamburg, der zu 51 Prozent der Flughafen gehört. Sie hatte schon im Mai vergangenen Jahres beschlossen, dass die Beschäftigten in solchen städtischen Unternehmen mindestens zwölf Euro Mindestlohn bekommen müssen. Umstritten ist aber, von welchem Zeitpunkt an. „Dieser Mindestlohn ist in Hamburg erst perspektivisch geplant“, sagt Noack. Das bestätigt die Finanzbehörde auf Anfrage. „Der Senat ist bestrebt, in den betroffenen Unternehmen bis Anfang 2020 eine Vereinbarung zwischen den Tarifparteien über die Einführung eines tariflichen Zwölf-Euro-Mindestlohns zu erreichen“, sagt Behördensprecher Claas Ricker.

Es hänge auch von der Laufzeit der Tarifverträge ab, wann der Mindestlohn dann in Kraft trete. „Die Stadt mischt sich grundsätzlich nicht in laufende Tarifverhandlungen ein“, sagt Ricker. Für Hatzidimou liegt aber der Schlüssel für einen Tarifabschluss bei der Stadt. Sie soll auf Gewinn des Flughafens verzichten, damit es mehr Verteilungsspielraum bei den Bodendiensten gebe. „Der Senat ist gefragt, wenn eine Eskalation noch vermieden werden soll“, sagt Hatzidimou.

Maximal 1500 Euro netto im Monat für Gepäckverlader

„Ich komme im Monat mit allen Zuschlägen auf maximal 1500 Euro netto“, sagt Ramazan Sahin, der seit fünf Jahren bei den Bodenverkehrsdiensten arbeitet. Der Aufstieg in eine höhere Gehaltsstufe sei nicht mehr möglich. „Ich mache zusätzliche Schichten an meinen freien Tagen, um über die Runden zu kommen.“

Mitarbeiter der BVD berichteten von Sonderschichten, bei denen ihnen ein Stundennettolohn von zehn Euro garantiert und auch bar ausgezahlt wird. Der Schichtrhythmus bringt es mit sich, dass die Beschäftigten drei bis vier Tage am Stück frei haben. „Diese Tage nutzen wir dann zum Teil dafür, um unseren Lohn aufzubessern“, sagt Sahin. „Der Verdienst erscheint auch auf dem Gehaltszettel, es ist keine Schwarzarbeit“, sagt Hatzidimou.

Als 2017 das Kofferchaos mit langen Wartezeiten am Flughafen herrschte, sei der Lohn für die Sonderschichten auf 20 Euro verdoppelt wurden. Auf Nachfrage wollte sich der Flughafen dazu nicht äußern, versicherte nur, alle gesetzlichen Reglungen einzuhalten.