Hamburg . Neuer Digital-Vorstand des Handelskonzerns will den technologischen Ausbau beschleunigen. Online-Umsatz erneut gestiegen.
Es war kein Zufall, dass die Hamburger Otto-Gruppe in diesem Jahr About-you-Chef Tarek Müller als Gastgeber für die Präsentation des Online-Umsatzes 2018 ausgewählt hat. Die stark wachsende Modeplattform war vor fünf Jahren als digitales Projekt auf Initiative des ehemaligen Versandhändlers gegründet worden – heute gehört sie zu den Vorzeigefirmen im Online-Markt. 2018 hatte About you die Bewertungsgrenze von einer Milliarde Euro durchbrochen und konnte einen weiteren großen Investor ins Boot holen. Otto ist nicht mehr Mehrheitseigner. „Unser Ziel war es immer unabhängig zu werden“, sagte Müller.
Online-Umsatz stieg auf 7,7 Milliarden Euro
Die Geschichte von About you macht den Wandel der Gruppe deutlich, zu der neben Händlern wie Otto, Bonprix, Heine, Baur und Mytoys auch die Start-up-Schmiede Otto Group Digital Solution gehören. Im gerade abgelaufenen Geschäftsjahr erwirtschaftete der Konzern mit einem Plus von 5,1 Prozent auf vergleichbarer Basis E-Commerce-Erlöse in Höhe von 7,7 Milliarden Euro. Das ist mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes. Im deutschen Online-Geschäft setzte das Familienunternehmen 5,4 Milliarden Euro um. Die Zahlen sind nicht direkt mit denen des Vorjahres vergleichbar. Der Händler About you wurde wegen des Anteilsverkaufs herausgerechnet, zudem wurden Anpassungen sowie Geschäftsjahresharmonisierungen vorgenommen. Insgesamt hat die Otto Group etwa 17 Millionen Kunden.
Otto setzt auf Virtual Reality und smarte Haushaltsgeräte
„Wir sind zufrieden“, sagte Digital-Vorstand Rainer Hillebrand. Dass das etwas verhalten klingt, erklärt er mit dem heißen Sommer und der damit verbundene Konsumflaute vor allem im Modemarkt. Für Hillebrand war es der letzte öffentliche Auftritt im Amt, nach 28 Jahren bei Otto geht er Ende April in den Ruhestand. Für ihn rückt Sebastian Klauke nach. „Um am Markt auch künftig erfolgreich zu sein, muss Technologie Teil unserer Unternehmensidentität werden“, so der 39-Jährige Physiker, der seit 2017 bei Otto ist. Innerhalb der Gruppe sollen der technologische Ausbau in den nächsten Jahren weiter beschleunigt und Standards vereinheitlicht werden. Unter anderem werden Lösungen in den Bereichen Virtual Reality und internetfähiger Haushaltsgeräte getestet. Künftig sollen auch andere Otto-Gesellschaften ein von About you entwickeltes Software-System nutzen.
Schnäppchen-Anbieter Limango erlöst 230 Milliarden Euro
Wichtigster Wachstumstreiber des 1949 gegründeten Unternehmens ist weiterhin das Kerngeschäft der Otto-Einzelgesellschaft, die mit einem Umsatzplus von acht Prozent im vergangenen Jahr mehr als drei Milliarden Euro erlöste. Otto.de erreicht sieben Millionen Kunden. Sehr positiv entwickelt sich laut Hillebrand auch die Konzerngesellschaft Limango. Der Online-Händler, der über ein Mitgliedermodell Produkte und Services für die Familie zu niedrigen Preisen anbietet, wuchs um 20 Prozent und erzielte 2018/19 einen Umsatz von 230 Millionen Euro.
Die Otto-Gruppe, die weltweit in 123 Unternehmen mehr als 51.000 Mitarbeiter beschäftigt, investiert jährlich zwischen 300 und 400 Millionen Euro vor allem in die technologische und digitale Entwicklung und ist nach dem US-Online-Händler die Nummer zwei im deutschen Markt. „Wir sind die einzige Unternehmensgruppe, die Amazon ernsthaft Konkurrenz machen kann“, sagt der designierte Digitalvorstand Klauke selbstbewusst.