Hamburg. Wie lege ich mein Geld 2019 an? Teil 2 der Abendblatt-Serie: Auch im Umland steigen die Preise stark.

Vor wenigen Monaten sah es so aus, als hätte der Hamburger Immobilienmarkt seinen Gipfel erklommen. So lagen die Preissteigerungen für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser aus dem Bestand im zurückliegenden Jahr auch bei weniger als drei Prozent. Doch für 2019 rechnen die Experten wieder mit zweistelligen Steigerungsraten. Bei Eigentumswohnungen aus dem Bestand dürfte nun die Marke von 4000 Euro pro Quadratmeter als Durchschnittspreis erstmals überschritten werden. Vorteil für Käufer bleiben die niedrigen Zinsen, die sich nur leicht nach oben bewegen dürften. Lohnt sich beim Blick auf diese Entwicklung der Immobilienkauf in Hamburg? Gibt es noch relativ günstige Stadtteile? Das Abendblatt sprach mit Experten und beantwortet im zweiten Teil der Serie zur Geldanlage 2019 die wichtigsten Fragen zum Betongeld.

Wie werden sich die Immobilienpreise 2019 in Hamburg entwickeln?

Durch den Mangel an Anlagealternativen, das niedrige Zinsniveau und den anhaltenden Zuzug von Menschen in Metropolen wie Hamburg bleiben Immobilien attraktiv. „Die Nachfrage nimmt eher noch zu, der Herdentrieb ist ungebrochen“, sagt der Hamburger Wirtschaftsprofessor Karl-Werner Hansmann. Viele hätten wegen der hohen Preise abgewartet, sehen aber, dass es keine Entspannung gibt, und springen jetzt noch auf den Zug. Deshalb werden für 2019 wieder hohe Preissteigerungen erwartet. Betroffen von dieser Entwicklung könnten vor allem Immobilien aus dem Bestand sein. „Wir rechnen bei Eigentumswohnungen in Hamburg 2019 mit einem Preisanstieg von 10,3 Prozent“, sagt Lars Seidel, Geschäftsführer von Grossmann & Berger.

Für einen Qua­dratmeter Wohnfläche einer Eigentumswohnung aus dem Bestand müssten Käufer dann 4300 Euro bezahlen, wie aus dem Wohnimmobilienbericht von Grossmann & Berger hervorgeht. 2018 waren es 3900 Euro. Bei Häusern im Stadtgebiet ist mit einem Preisanstieg von 6,3 Prozent zu rechnen. Für den Quadratmeter Wohnfläche müssten dann nach Meinung des Maklers 4900 Euro bezahlt werden. Ein Einfamilienhaus mit 130 Quadratmeter Wohnfläche und ortsüblichem Grundstück kostet in Hamburg im Schnitt bereits knapp 640.000 Euro. Ein Ende dieser Entwicklung ist derzeit nicht absehbar. „Solange die Immobilienwirtschaft die steigende Nachfrage nicht bedienen kann, werden die Preise in zentralen Innenstadtlagen und umliegenden Regionen weiter anziehen“, sagt Kai Enders, Vorstandsmitglied von Engel & Völkers.

Folgen die Preise im Hamburger Umland diesem Trend?

In den vergangenen fünf Jahren sind die Preise im Hamburger Umland bereits stärker gestiegen als in Hamburg. So verteuerten sich Eigentumswohnungen aus dem Bestand dort um 39 Prozent, während die Preise in der Stadt um 26,5 Prozent anzogen. „Eigentumswohnungen in den Umlandgemeinden mit guter Infrastruktur und Anbindung nach Hamburg werden für bestimmte Käuferschichten immer attraktiver“, sagt Seidel. Denn angesichts des bereits sehr hohen Preisniveaus in Hamburg würden sie als gute Alternative betrachtet. So sind Eigentumswohnungen im Umland im Schnitt ein Drittel günstiger als in Hamburg. Gegenüber 2018 werden sich im Umland nach der Prognose des Hamburger Maklers die Preise für Eigentumswohnungen um 10,3 Prozent erhöhen und für Einfamilienhäuser um 6,7 Prozent.

Welche Stadtteile sind noch relativ günstig?

Als Rising Stars (aufgehende Sterne) sehen die Immobilienexperten von Grossmann & Berger Wilhelmsburg, Bergedorf und Rahlstedt. Die Preise für Eigentumswohnungen liegen in den drei Stadtteilen im Schnitt unterhalb von 3600 Euro pro Quadratmeter. Darin eingerechnet ist in Wilhelmsburg schon ein überdurchschnittlicher Preisanstieg von 16 Prozent für 2019. Der Stadtteil ist vom Hauptbahnhof in wenigen S-Bahn-Minuten erreichbar. „Angesichts des hohen Preisniveaus im übrigen Stadtgebiet ist die Elbinsel zunehmend auch für Familien interessant“, sagt Seidel. Die Einfamilienhäuser sind hier mit aktuell 3200 Euro je Quadratmeter Wohnfläche rund ein Drittel günstiger als im Durchschnitt des Stadtgebietes (4900 Euro).

Gibt es auch im Umland Standorte mit Potenzial?

„Die im Speckgürtel identifizierten Rising Stars sind Lagen, in denen sich unserer Einschätzung nach der Wohnimmobilienmarkt besonders dynamisch entwickeln wird“, sagt Andreas Gnielka, Bereichsleiter Wohnimmobilien Bestand bei Grossmann & Berger. Dazu gehören Buchholz, Buxtehude, Pinneberg, sowie Norderstedt, Quickborn und Geesthacht. Mit Quadratmeterpreisen von rund 2500 Euro je Quadratmeter für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser werden in Geesthacht die niedrigsten Preise aufgerufen. „Wohnen an der Elbe ist hier noch zu erschwinglichen Preisen möglich“, sagt Gnielka. Auch in Buxtehude, Buchholz und Quickborn werden 2019 die Preise je Quadratmeter Wohnfläche für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser noch unter 3000 Euro liegen.

Wie werden sich die Hypothekenzinsen 2019 entwickeln?

Die Europäische Zentralbank (EZB) stellt Ende 2018 den Aufkauf von festverzinslichen Wertpapieren ein. Auch eine Anhebung des Leitzinses, der gegenwärtig bei null Prozent liegt, ist zu erwarten. „Ich rechne mit einem leichten Zinsanstieg“, sagt Max Herbst von der FMH Finanzberatung dem Abendblatt. Doch selbst für eine sehr langfristige Zinsbindung wie 20 Jahre müssen gegenwärtig kaum mehr zwei Prozent Zinsen gezahlt werden. Leicht steigende Zinsen werden den Immobilienboom kaum bremsen.

Welche Zinsbindung ist für Käufer empfehlenswert?

„Wir raten insbesondere bei hohen Kreditbeträgen zu 15 oder 20 Jahren Zinsbindung“, sagt Dirk Scobel von der Verbraucherzentrale Hamburg. Das bringe Sicherheit bei der Planung der monatlichen Belastung. Nach zehn Jahren ist ein vorzeitiger Ausstieg aus der Zinsbindung möglich, falls bis dahin die Konditionen noch günstiger geworden sein sollten. Wichtig sei, dass im Kreditvertrag Sondertilgungen möglich sind, rät Scobel. So können Zusatzzahlungen wie Weihnachtsgeld genutzt werden, um die Schulden schneller abzutragen. Nicht vergessen sollte man, die KfW-Förderdarlehen und das neue Baukindergeld in die Finanzierung mit einzubeziehen. „Die monatliche Belastung aus dem Kredit sollte 40 Prozent des Nettoeinkommens eines Haushalts nicht übersteigen“, sagt Scobel. Dabei müssen aber auch die Nebenkosten für die Immobilie mit einbezogen werden.

Taugt eine Immobilie als Geldanlage?

Wer in die eigenen vier Wände ziehen will, denkt weniger an Rendite, sondern eher an die Vorteile einer eigenen Immobilie wie Unabhängigkeit und Gestaltungsfreiheit (siehe Grafik). Wer sein Geld als Anlage in eine Immobilie investieren will, hat es schon schwerer, eine angemessene Rendite in Hamburg zu erzielen. Denn wenn der Käufer seine Immobilie vermietet, bekommt er nicht selten im Vergleich zum Kaufpreis wenig für sein Investment.

Befindet sich Hamburg in einer Immobilienblase?

Banken und Makler in Hamburg und Umgebung sehen noch keine Immobilienblase. „Die steigenden Preise sind die Folge eines sehr knappen Angebots und einer sehr hohen Nachfrage“, sagt Seidel. Das sieht auch Experte Hansmann so. Aber nach seiner Einschätzung befindet sich Hamburg schon seit zwei Jahren in einer Immobilienblase. „Die Kaufpreise steigen stärker als die Mieten“, sagt Hansmann. Als Warnzeichen sieht er auch, dass immer mehr Regionen von den Preissteigerungen erfasst werden. Das zeige sich deutlich im Hamburger Umland. So erwarten die Experten von Grossmann & Berger dort 2019 überproportionale Preissteigerungen bei Eigentumswohnungen aus dem Bestand an einzelnen Standorten wie Glinde, Tremsbüttel oder Henstedt-Ulzburg. Auch der Internationale Währungsfonds warnt vor Preisblasen in deutschen Großstädten wie Hamburg. Noch sei Zeit, aus der Blase kontrolliert die Luft abzulassen, sagt Hansmann. „Dazu müssen die Kriterien für die Kreditvergabe bei Eigenkapital und Tilgung verschärft werden. Dann werden Käufer abgeschreckt, und die Nachfrage normalisiert sich.“