Hamburg. Alles nur ein Versehen? Hamburg Port Authority soll 148.000 Kubikmeter Schlick ohne gültige Genehmigung gelagert haben.

Es ist ein ungewöhnlicher Vorgang, der politischen Zündstoff birgt: Ein Mitarbeiter der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) hat Strafanzeige gegen die Hamburg Port Authority (HPA) gestellt. Sein Vorwurf: Die Hafenverwaltung habe Schlick illegal auf einer brachen Hafenfläche im ehemaligen Mittleren Freihafen deponiert. Die Fläche, um die es geht, befindet sich auf Kuhwerder. Die Behörden spielen den Vorfall herunter: Es handele sich lediglich um „ein formales Problem“, sagte ein Sprecher der Umweltbehörde auf Anfrage dem Abendblatt.

Fakt ist: Die HPA hatte ursprünglich eine Genehmigung zur Zwischenlagerung des Baggerguts. Doch dann gab es ein Problem, denn die Genehmigung war abgelaufen. Die 148.000 Kubikmeter Schlick hätten also gar nicht mehr auf Kuhwerder lagern dürfen – zumal es sich um mit Schwermetallen schwach belastetes Material handelte. „Das Baggergut blieb dort länger als geplant. Für die längerfristige Lagerung wäre eine andere Art der Genehmigung nötig, die aber noch nicht vorliegt“, räumt der Behördensprecher ein.

Geschehen liest sich wie ein Krimi

Was dann geschah, liest sich wie ein Krimi: Am 26. November hat die Sachbearbeitungsebene ohne Information der Behördenleitung aus dem Amt für Umweltschutz die ungenehmigte Lagerung des Schlickbergs bei der Wasserschutzpolizei angezeigt. Wie die Umweltbehörde nun erklärte, geht diese Anzeige auf eine Verwaltungsvereinbarung aus dem Jahr 1995 über die Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungs- und Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung von Umweltverstößen zurück. Die HPA habe sich nach Paragraf 327 des Strafgesetzbuches des „unerlaubten Betreibens von Anlagen“ strafbar gemacht. Die Einschaltung der Wasserschutzpolizei sei ein „nicht unüblicher“ Vorgang, heißt es dazu aus der Umweltbehörde.

Die HPA stellt klar, dass sie schon bei der Einschaltung der Wasserschutzpolizei im November deutlich darauf hingewiesen habe, dass in Absprache mit der Umweltbehörde bereits erste Maßnahmen getroffen worden seien, um die erforderliche weitere Genehmigung zu erlangen. „Die HPA hat in Abstimmung mit der Umweltbehörde ein schlüssiges Konzept zum Umgang mit dem Baggergut erarbeitet. Das fließt jetzt in den erforderlichen Übergang der Genehmigung ein. Wir sind im kon­struktiven Austausch, eine akute Umweltgefahr bestand nie und besteht nicht“, so der Sprecher der Umweltbehörde.

FDP: „Stück aus dem Tollhaus“

Wozu dann die Anzeige?, fragt man sich – nicht nur im Hafen, auch im Rathaus: „Das ist wirklich ein Stück aus dem Tollhaus“, sagte der FDP-Fraktionschef Michael Kruse. „Beim rot-grünen Senat weiß die linke Hand schon lange nicht mehr, was die rechte tut. Dass Mitarbeiter jetzt schon gerichtlich gegen öffentliche Institutionen vorgehen, ist eine neue Qualität.“

Tatsache ist, dass weder die Leitung der Umwelt- noch jene der Wirtschaftsbehörde in das Verfahren eingebunden wurden. Sie erfuhren erst im Nachhinein über die Strafanzeige, die nun rasch wieder abgeräumt werden soll. „Umweltsenator Kerstan und Wirtschaftssenator Westhagemann müssen offensichtlich endlich mal ihre Telefonnummern austauschen, denn dieser Behörden-Kleinkrieg nützt niemandem“, sagt dazu Kruse. Die Wirtschaftsbehörde äußerte sich am Dienstag nicht zu dem Vorfall. Aus Rathauskreisen hieß es aber, dass die Zusammenarbeit der Fachbehörden untereinander aktuell nicht wirklich gut laufe.

2015 wurde Westerweiterung verschleppt

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Verwaltung des Grünen-Umweltsenators Jens Kerstan mit der Wirtschaftsbehörde anlegt. 2015 versuchte Kerstan das Verfahren zur Elbvertiefung zu verzögern. Ohne das Wissen der Wirtschaftsbehörde und der Senatskanzlei bat er die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes darum, die Frist für die Stellungnahmen zur Elbvertiefung zu verlängern.

Auch aus dem Jahr 2015 stammt der Fall eines Mitarbeiters der Umweltbehörde, der beruflich für die Lärmgutachten zur geplanten Westerweiterung des Hafens zuständig war, zugleich aber als Privatmann Einwendungen gegen das Projekt erhob. Der betroffene Behördenmitarbeiter informierte seine Vorgesetzten darüber nicht. Schlimmer war aber, dass er das Verfahren um mehr als ein Jahr verschleppt haben soll, wie Eurogate ihm später vorwarf. So schwerwiegend ist dieser Fall offensichtlich nicht. Dennoch steht das Verhältnis zwischen Umwelt- und Wirtschaftsbehörde nun mal wieder unter besonderer Beobachtung.