Hamburg. Arnt Vespermann spricht im Abendblatt erstmals über den Verkauf an Maersk und seine Pläne für die Reederei.
Seit fast 20 Jahren ist Arnt Vespermann bei Hamburg Süd. Im Dezember 2017, nach der vollzogenen Übernahme der Reederei durch den dänischen Branchengiganten Maersk, nahm der 50-jährige Jurist auf dem Chefsessel bei Hamburg Süd Platz. In seinem ersten Interview mit einer Tageszeitung spricht er über den Jobabbau im Zuge der Integration, die Elbvertiefung und bekennt sich klar zum Standort an der Willy-Brandt-Straße.
Wie ist das für Hamburg Süd, nicht mehr eigenständig zu sein?
Arnt Vespermann: Wir sind jetzt nach der Übernahme durch Maersk genauso eigenständig wie früher bei Oetker. Wir haben letztlich nur einen neuen Gesellschafter bekommen, allerdings aus der gleichen Industrie ...
... was die Eigenständigkeit doch erheblich einschränkt, oder?
Es ist ein etwas anderes Arbeiten, da gebe ich Ihnen recht. Aber grundsätzlich hat sich wenig geändert.
Wie läuft denn die Integration in den Maersk-Konzern?
Die Integration wurde Mitte 2017 geplant. Sie betraf das Ship-Management, die Netzwerksparte, die Container-Steuerung und den Einkauf. Darüber haben wir die Mitarbeiter rechtzeitig im Herbst 2017 informiert, denn selbstverständlich hatte die Integration auch Auswirkungen auf die Zahl der Arbeitsplätze. Für Hamburg war geplant, die Zahl der Vollzeitstellen um 112 zu reduzieren. 131 sind abgebaut worden und 19 dazugekommen.
Ist die Integration bereits abgeschlossen?
Ja, sie ist komplett vollzogen. Tatsächlich haben wir uns auch nicht von 112 Mitarbeitern getrennt, sondern konnten viele Mitarbeiter in anderen Bereichen bei uns und im Maersk-Konzern unterbringen. Keinem Beschäftigten wurde betriebsbedingt gekündigt.
Ist der Arbeitsplatzabbau nun beendet?
Das hängt natürlich vom geschäftlichen Erfolg ab, doch hier sieht es im Moment sehr erfreulich aus. Wir stellen auch schon wieder ein. Im laufenden Jahr waren es bereits über 100 Stellen, die besetzt wurden. Momentan haben wir mehr als 50 offene Stellen bei Hamburg Süd. Wir beschäftigen insgesamt 35 Azubis sowie eine Hand voll dualer Studenten. In diesem Jahr haben 18 Azubis neu bei uns angefangen.
Wie laufen die Geschäfte konkret?
Wir haben 2017 das Ladungsvolumen um sechs Prozent erhöht. Und dieses Transportvolumen werden wir 2018 wohl verteidigen können. Das erste Halbjahr lief sehr erfreulich, im dritten Quartal hat sich unser Geschäft wegen des schwächeren Welthandels ein wenig abgekühlt. Aber selbst im dritten Quartal haben wir noch einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 148 Millionen Dollar abgeliefert, im zweiten Quartal waren es 155 Millionen Dollar. Das finden wir stark.
Was können Sie hier in Hamburg noch selbst entscheiden und was bestimmt Maersk in Kopenhagen?
Vorab: Wir konnten auch als Teil des Oetker-Konzerns nicht alles selbst entscheiden. Was glauben Sie, wie Herr Oetker reagiert hätte, wenn wir ihm kurz mitgeteilt hätten, dass wir gestern aus einer Laune heraus drei neue Schiffe bestellt haben (lacht). Die großen Kaufentscheidungen werden in Kopenhagen getroffen, aber nicht ohne Rücksprache mit uns, soweit sie Hamburg-Süd-Dienste betreffen. Im Tagesgeschäft sind wir kommerziell unabhängig. Wenn es zum Beispiel darum geht, in welchen Märkten wir wachsen oder auf welches Kundensegment wir uns fokussieren wollen.
Wie oft sind Sie in Kopenhagen?
Alle ein bis zwei Wochen.
Welche Bedeutung hat Hamburg Süd für den Riesenkonzern Maersk überhaupt?
Wir stellen eine weitere Stärkung der Nummer-eins-Position dar. Wir machen 15 Prozent des Gesamtumsatzes von Maersk aus. In unseren wichtigen Märkten Südamerika und Ozeanien sind wir eine massive Stärkung für Maersk.
Ihre Zentrale an der Willy-Brandt-Straße gehört ja weiter Oetker. Bleiben Sie hier?
Ja, wir haben einen langfristigen Mietvertrag – und es gibt keinen Grund für uns, hier auszuziehen. Das Gebäude liegt sehr zentral und ist gut angebunden. Zudem identifizieren sich die Mitarbeiter sehr stark mit ihrem Hamburg-Süd-Haus. Ich gehe davon aus, dass wir noch viele, viele Jahre hier bleiben werden.
Fühlen sich die Mitarbeiter eher als Hamburg-Süd- oder Maersk-Beschäftigte?
Sie fühlen sich sicher sehr stark als Teil von Hamburg Süd, aber auch als Mitarbeiter von Maersk.
Wie sehr freut Sie die Entscheidung für die Elbvertiefung?
Als Hamburg Süd fahren wir Schiffe mit einem Ladungsvolumen von maximal 10.500 Containern. Deshalb ist die Elbvertiefung für uns nicht ganz so entscheidend. Als neuer Teil der Maersk-Gruppe mit sehr viel größeren Schiffen sieht das anders aus. Und ich weiß, dass der Start der Elbvertiefung in Kopenhagen sehr positiv aufgenommen wurde. Eine tiefere Elbe macht den Hamburger Hafen attraktiver. Denn die Reedereien werden durch die Elbvertiefung größere Zeitfenster haben, um Hamburg anzulaufen – und das senkt die Kosten.
Maersk hatte lange Vorbehalte gegenüber Hamburg, schließlich ist man auch am Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven beteiligt. Werden nach der Elbvertiefung mehr Maersk-Schiffe nach Hamburg kommen?
Das kann ich nicht pauschal beantworten. Am Ende entscheidet der Kunde. Wenn der Kunde viele Boxen in Hamburg haben will, dann fahren wir sie nach Hamburg. Will der Kunde sie woanders haben, in andere Häfen.
Derzeit wird in Hamburg über eine neue Köhlbrandquerung diskutiert. Sind Sie für einen Tunnel oder für eine neue Brücke?
Für uns ist wichtig, dass der Hinterlandverkehr weiter gut fließt. Ob das durch einen Tunnel oder über eine Brücke geschieht, ist für uns nicht entscheidend. Allerdings sollte man es nicht soweit kommen lassen, dass die alte Brücke so marode ist, dass der Verkehr über sie nicht mehr fließen kann. Hier muss die Politik rechtzeitig handeln.
Wie ist Ihre Prognose für die weltweite Schifffahrt?
Wir gehen auch für 2019 davon aus, dass der Seehandel wächst, möglicherweise etwas reduziert – um zwei bis vier Prozent. Allerdings bleibt abzuwarten, wie sich der Zollstreit zwischen den USA und China entwickelt. Das lässt sich schwer voraussagen. Daher liegt hier ein größeres Risikopotenzial. Blickt man auf die weltweite Schiffsflotte 2019, so bietet das Jahr für die Linienreedereien durchaus eine positive Perspektive. Es sind nur relativ wenige neue Schiffe bestellt worden, die 2019 ausgeliefert werden. Zudem werden einige Schiffe aus dem Verkehr genommen, unter anderem um sie ökologisch nachzurüsten. Die Kapazitäten auf den Weltmeeren dürften nicht allzu stark ansteigen. Allerdings sind die Frachtraten weiter zu niedrig, um auf eine angemessene Eigenkapitalverzinsung zu kommen. Die Frachtraten müssen – auch mit Blick auf die Investitionen in der Branche – ein ganzes Stück höher liegen.
Was macht Hamburg Süd beim Thema Umweltschutz auf See?
Wir haben bei Hamburg Süd schon immer sehr auf Nachhaltigkeit geachtet. Unsere Schiffe haben kleine Hauptmaschinen, die vergleichsweise wenig Sprit pro Container verbrauchen. Ende 2019 stellen wir – wie andere Reedereien – auf Treibstoff mit weniger Schwefel um.
Was ist mit dem Flüssigerdgas LNG?
LNG macht aus meiner Sicht nur bei Neubauten Sinn. Und die Zeit für Neubauten sehe ich im Moment bei uns nicht.