Hamburg. Die Hamburger Privatbank streicht Stellen im IT-Bereich. Auch im Londoner Aktienteam fallen Arbeitsplätze weg.

Jahrelang hat das Hamburger Privatbankhaus Berenberg stetig Personal am Stammsitz an der Binnenalster aufgebaut – ganz im Gegensatz zu den großen Bankkonzernen, die in der Hansestadt im Hinblick auf die Mitarbeiterzahl seit langer Zeit auf dem Rückzug sind.

Doch nun hat auch Berenberg einen gemessen an der Unternehmensgröße empfindlichen Einschnitt verkündet: Nach Informationen des Abendblatts müssen rund 100 von gut 300 Beschäftigten der IT-Abteilung gehen, die ihre Arbeitsplätze zum weitaus größten Teil in Hamburg hat.

Berenberg-Sprecher Karsten Wehmeier bestätigte den Beschluss im Grundsatz, nannte aber keine Zahlen. Zum Hintergrund der umfangreichen Stellenstreichungen sagte er: „Weil die Banken 2016/2017 sehr aufwendige Anforderungen der Regulierungsbehörden zu erfüllen hatten und wir darüber hinaus eigene Projekte hatten, haben wir im IT-Bereich stark Personal aufgebaut.“ Nachdem die entsprechenden Mehrarbeiten jetzt abgeschlossen seien, „werden die IT-Abteilungen nun wieder auf den regulär erforderlichen Umfang zurückgeführt“, so Wehmeier. „In diesem Zuge haben wir uns von Mitarbeitern getrennt.“

Berenberg will den Abbau „zügig umsetzen“

Aus dem Kreis der Beschäftigten der Bank hieß es gegenüber dem Abendblatt, es seien „Entlassungen“ ohne Sozialplan ausgesprochen worden. Berenberg habe Aufhebungsverträge mit Abfindungen angeboten. Ein Fachsprecher der Gewerkschaft Ver.di erklärte, auch nach seiner Kenntnis gehe es um 100 Mitarbeiter in Hamburg, weitere Informationen über die „Massenentlassung“ habe er jedoch bislang noch nicht.

„In der vergangenen Woche haben wir mit den betroffenen Beschäftigten gesprochen mit dem Ziel, einvernehmliche Lösungen zu finden“, sagte Wehmeier. Berenberg werde den Abbau „zügig umsetzen.“

Auch andere Geldhäuser, darunter die Haspa, hatten zuletzt auf den gestiegenen Aufwand angesichts zunehmender Anforderungen durch die Bankenregulierung hingewiesen. So mussten in den zurückliegenden beiden Jahren unter anderem die EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II, das Investmentsteuerreformgesetz, die neue Zahlungsdiensterichtlinie PSD II und die Datenschutz-Grundverordnung DSGVO praktisch zeitgleich durch die Computerabteilungen der Banken umgesetzt werden. Auf die Frage, warum Berenberg für die Erledigung von absehbar zeitlich begrenzten Arbeiten nicht auf befristete Verträge gesetzt habe, sagte Wehmeier: „IT-Personal ist schwer zu finden, außerdem wollten wir internes Know-how aufbauen.“

Sinkende Aktienkurse

Doch nicht nur im IT-Bereich baut Berenberg aktuell Personal ab. Laut einem Bericht des Fachblatts „private banking magazin“ müssen in der Investmentbankingsparte des Unternehmens 50 Mitarbeiter gehen. Betroffen seien Beschäftigte des Analysten- und Vertriebsteams in London. Berenberg-Sprecher Wehmeier äußerte sich auf Abendblatt-Anfrage nicht zu der genannten Zahl, bestätigte aber, dass im Aktienteam ebenfalls Arbeitsplätze gestrichen werden. „Auch der Stellenabbau in der Aktienanalyse hat einen regulatorischen Hintergrund“, sagte er: „Bis vor Kurzem haben institutionelle Anleger Research-Informationen nicht direkt bezahlt, sondern über Wertpapierhandelsaufträge. Diese Kopplung wurde Anfang 2018 abgeschafft.“

Erst im vergangenen Jahr hatte Berenberg die Zahl der Aktienanalysten in London nach eigenen Angaben um 22 Prozent auf 122 erhöht. „Auch nach dem Personalabbau werden wir mehr als 100 Aktienanalysten haben und damit einer der größten Anbieter von Analyse-Dienstleistungen in Europa sein“, so Wehmeier.

Abgesehen von Neuregelungen durch die Bankenaufseher dürfte die Investmentbanking-Sparte von Berenberg derzeit aber auch mit Gegenwind durch die Marktentwicklung zu kämpfen haben: Die seit dem Frühjahr tendenziell sinkenden Aktienkurse lassen Börsengänge und Kapitalerhöhungen derzeit wenig attraktiv erscheinen.

Ausbau der eigenen Kerngeschäftsfelder

Trotz der genannten Stellenstreichungen werde die Mitarbeiterzahl in der gesamten Berenberg-Gruppe „in diesem Jahr abermals leicht zunehmen“, sagte Wehmeier. In Hamburg werde sie ungefähr gleich bleiben: „Ende 2017 hatte Berenberg in Hamburg 899 Beschäftigte. Nach der Umsetzung des aktuellen Abbaus wird die Zahl wieder auf diesem Niveau liegen.“

Erst Mitte September hatte die Privatbank die Mehrheit an ihrer Schweizer Tochterfirma verkauft. „Wir wollen unsere Ressourcen auf den Ausbau unserer eigenen Kerngeschäftsfelder konzentrieren, in denen wir das starke Wachstum der letzten Jahre fortsetzen“, hatte Berenberg-Chef Hans-Walter Peters bei dieser Gelegenheit gesagt. Berenberg habe die Mitarbeiterzahl in zehn Jahren auf mehr als 1600 verdoppelt und sei eine der am stärksten wachsenden Banken Europas.