Hamburg. Die Hamburger Marke Sesamstraße Bio ist mit Graf-Zahl-Keksen und Kichererbsenkräckern für Kinder auf Wachstumskurs.

Ernie und Bert sind bei der Besprechung dabei. Als Pappfiguren in Menschengröße stehen sie im Konferenzraum des Hamburger Unternehmens Brand & Vision. Ihre Kollegen aus der Sesamstraße sind in kleinerer Form vertreten. Auf Verpackungen sind Oscar aus der Mülltonne, Graf Zahl und das Krümelmonster zu sehen. Diese sind in kleinen Holzregalen verstaut, die an der Wand hängen.

Das Büro im siebten Stock eines Geschäftshauses in der Altstadt wirkt wie die Zentrale der US-Fernsehserie – und irgendwie ist sie das auch. Denn Brand & Vision besitzt die Lizenzrechte für die Vermarktung der Figuren im Bereich Lebensmittel für Kinder.

Sesamstraße als Lizenzpartner

2010 fängt die Geschichte mit Ernie, Bert und Brand & Vision an. Firmeninhaber Leif Schmidt und seine Frau Kirsten waren Eltern geworden. Das Essen, das sie ihrem Sohn geben wollten, sollte möglichst gesund und qualitativ hochwertig sein. Also kauften sie nur Bioware. Bei den fertigen Produkten hätten aber Hipp und Alete den Markt dominiert, Ökoware habe es selten gegeben – das wollten die Wirtschaftswissenschaftlerin und der Wirtschaftsingenieur ändern. Sie überlegten, ihre eigene Marke zu entwickeln, entschlossen sich dann aber, sich um eine Lizenzmarke zu bewerben. „Wir wollten einen Klassiker haben und da kam für uns nur die Marke Sesamstraße mit ihren positiven Werten infrage“, sagt Leif Schmidt, der bis dahin sein Geld mit Brand & Vision in der Kosmetikbranche verdiente.

Er erfuhr, dass bei der Sesamstraße die Lizenz für drei Bereiche wie zum Beispiel Pasta frei wurde. Das Ehepaar schrieb ein Konzept und bewarb sich mit Nudeln in Buchstabenform für die Lizenz. „Sesamstraße steht für spielerisches Lernen“, sagt Kirsten Schmidt. Ihre Ideen kamen offenbar gut an. 2012 erhielten sie den Zuschlag aus New York. Der Beginn einer Verbindung, die sich für die Hamburger lohnen sollte. „Die Eltern und Großeltern finden die Marke toll und die Kinder – falls sie die Sendung nicht kennen – auf jeden Fall die lustigen Figuren auf der Verpackung“, sagt Leif Schmidt.

Rohstoffe aus Europa

Es dauert rund ein Jahr von den ersten Überlegungen bis zum fertigen Produkt. Zusammen mit einem Ökotrophologen werden die Kernbestandteile des Artikels grob festgelegt. Das Feintuning erfolgt gemeinsam mit den Produzenten. Besonders am Anfang war es aber schwer, diese zu finden. Mittlerweile haben sie sich ein Netzwerk aufgebaut. „Uns ist wichtig, dass die Hersteller in Deutschland oder Westeuropa sitzen und die Rohstoffe jeweils aus deren Umgebung stammen“, sagt der 45-Jährige. Am Ende der Produktentwicklung steht die Freigabe durch die Sesamstraße. Die Ideen für Rezept, Design und Verpackung sind alle made in Hamburg, müssen aber auf der anderen Seite des Atlantiks vorgelegt werden. „Wir haben regelmäßig Calls mit den USA. Die achten sehr auf die Produkte, denn denen liegt die Produktqualität genauso am Herzen wie uns“, sagt Leif Schmidt.

Eigene Kinder sind die Tester

Im Laufe der Jahre sind aus drei Artikeln 27 geworden. Neben Pasta gibt es Tee, Müsli, Fruchtschnitten und Knusperbällchen aus Erbsen, Hirse und Mais – alles zu 100 Prozent in Bioqualität. „Unsere Kinder sind unsere besten Tester“, sagt Kirsten Schmidt über ihren acht Jahre alten Sohn und die sechs Jahre alte Tochter. Zuletzt gaben die beiden ihr Okay zu den Kichererbsenkräckern mit Ernies Konterfei und Karottengeschmack und mit Oscar auf der Verpackung in der Tomatenversion. Auch die Graf-Zahl-Zahlenkekse, ausschließlich mit Apfelsaftkonzentrat gesüßt, entsprachen dem Gusto des Nachwuchses. Diese Artikel sind im Frühjahr auf den Markt gekommen. „90 Prozent unserer Produkte sind für Kinder unter drei Jahren geeignet“, sagt die 42-Jährige. Diese müssen der diätischen Lebensmittelverordnung entsprechen und damit höhere Qualitätsansprüche erfüllen.

Ihren Verkaufsschlager brachten die Hamburger im Vorjahr heraus: Krümelmonster Cookies. Der Beutel mit 150 Gramm Inhalt kostet bei dm im Onlineshop 1,95 Euro. Apropos Geschäfte: Bundesweit sei man in rund 8000 Märkten vertreten. Mit dm, Budni, Rossmann und Müller sind alle großen Drogerieketten dabei, auch Kaufland, Real, Markant bieten die Produkte an. Allerdings war der Weg in die Regale der Supermärkte und Drogerien holperig. „Der Handel ist sehr schwierig. Und in den ersten zwei Jahren bin ich durch eine harte Schule gegangen“, sagt Leif Schmidt. Der entscheidende Vorstoß gelang ihm dann bei Famila. 82 Märkte der Kieler Kette besuchte er, dann wurden seine Waren gelistet. Als nächstes soll der Schritt ins Sortiment der Edeka-Gruppe gelingen.

Rasant gewachsen

Sesamstraße Bio ist auch außerhalb der Bundesrepublik zu finden. Neben Österreich, der Schweiz und den Niederlanden gibt es die Marke in Katar, China und Hongkong. „Im Ausland ist das Potenzial der Marke sehr groß. Die Sesamstraße ist in mehr als 140 Ländern bekannt“, sagt Leif Schmidt. Die Verträge laufen über mehrere Jahre und verlängern sich automatisch. Einen zusätzlichen Absatzschub könnte das 50. Jubiläum im nächsten Jahr geben.

Aber auch ohne runden Geburtstag ist die Marke in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Erste nennenswerte Umsätze wurden 2014 erzielt, sie lagen im niedrigen sechsstelligen Bereich. 2018 sollen die Erlöse auf vier Millionen Euro steigen. „Dieses Jahr möchten wir mit Gewinn abschließen“, sagt Leif Schmidt, nachdem das Start-up im Vorjahr erstmals eine schwarze Null geschrieben hat.

In der Zwischenzeit sind eine Immobilien- und eine Logistikfirma als Teilhaber bei der zwölf Personen großen Firma eingestiegen und gaben Kapital für das weitere Wachstum. Wie hoch deren Anteile sind, verrät Leif Schmidt nicht, er sagt nur: „Es ist für uns als Gründer wichtig, die Mehrheit am Unternehmen zu halten. Denn schließlich bleibt es immer das Baby von meiner Frau und mir.“