Hamburg . 44 Jahre altes Bauwerk muss dringend ersetzt werden. CDU kritisiert Entscheidungsschwäche. Weitere Einschränkungen für Lkw-Verkehr.

Sie ist ein Wahrzeichen der Stadt Hamburg, aber die Tage der Köhlbrandbrücke sind gezählt. Spätestens 2030 wird die Lebenszeit der 1974 in Betrieb genommenen Brücke überschritten.An diesem Donnerstag berät der Aufsichtsrat der Hafenbehörde Hamburg Port Authority, wie die Hauptroute des Hafens ersetzt werden soll. Nach Informationen des Abendblatts spricht alles für einen Tunnel.

Monatelang hatte die HPA mehrere Varianten geprüft. Eine neue Köhlbrandbrücke müsste 20 Meter höher werden, damit die künftig größeren Schiffe den Seitenarm der Norderelbe bis zum Containerterminal Altenwerder befahren könnten. Sie wäre zwar bis zu 500 Millionen Euro günstiger als eine unterirdische Lösung – dennoch favorisiert die HPA den Bau eines Tunnels, auch wenn der Aufsichtsrat heute noch keinen Beschluss fassen wird.

Ein Tunnel gilt als die zukunftsweisendere Variante

Der Grund: Ein Tunnel gilt als die zukunftsweisendere Variante. Im Gegensatz zur Brücke wäre er witterungsunabhängig und mit etwa 130 Jahren Nutzungszeit fast doppelt solange haltbar. Zudem sind die Instandhaltungskosten einer Brücke viel höher. Auch aus verkehrsökologischen Gründen spricht alles für den Tunnel. Lastwagen würden beim Anstieg auf die hohe Brücke mehr Kraftstoff verbrauchen als bei der Durchfahrt durch den Tunnel.

Wie das Abendblatt weiter erfuhr, plädiert die Hafenverwaltung für den Einsatz eines Tunnelbohrers. Die Variante, die Tunnelelemente überirdisch vorzubauen und vor Ort abzusenken, würden den Schiffsverkehr zu lange behindern. Den Vorzug hat nach den Planungen ein Bauwerk mit zwei Röhren, je eine pro Richtung, die im Abstand von 30 Metern verlaufen sollen und jeweils einen Durchmesser von etwa 16,5 Metern haben.

Die Köhlbrandbrücke wird zunehmend maroder

Die Tunnelröhren könnten auf zwei Ebenen genutzt werden. Oben wäre Platz für zwei Fahrstreifen je Richtung für Autos und Lkw sowie ein drei Meter breiter Standstreifen, der im Falle eines großen Verkehrsaufkommens auch als dritte Fahrspur genutzt werden könnte. Eine Ebene tiefer wäre Platz für eine Radverkehrsstrecke. Auch der Bau eines automatisierten Containerbeförderungssystems wäre möglich.

Fest steht: Die Zeit drängt. Die Köhlbrandbrücke wird zunehmend maroder. Schon in wenigen Monaten könnte es zu weiteren Einschränkungen beim Lkw-Verkehr kommen.

Es wird ein Wettlauf gegen die Zeit

Die alte Köhlbrandbrücke muss ersetzt werden, doch bis Planung und Finanzierung endlich fertig sind, werden noch Jahre vergehen. Deshalb macht die zuständige Hafenbehörde Hamburg Port Authority Druck. Seit Monaten prüft sie oberirdische und unterirdische Varianten für eine neue Köhlbrandquerung. Nach einer Machbarkeitsstudie kristallisiert sich jetzt ein Vorteil für den Tunnel heraus. Je nach Ausstattung ist er zwar zwischen 300 und 500 Millionen Euro teurer als eine neue Köhlbrandbrücke. Diese würde aber nur etwa 70 Jahre halten, ein Tunnel 130 Jahre. Zudem ist eine Brücke den Witterungseinflüssen ausgesetzt, was zu deutlich höheren Instandhaltungskosten führen würde.

Welche Variante gebaut wird, muss die Politik entscheiden. Der Senat zögert die Entscheidung aber hinaus. zum einen, weil er noch nicht weiß, ob und in welchem Rahmen sich die Bundesregierung finanziell an dem Mammutprojekt beteiligen wird. Zum anderen, weil die Stadt Hamburg selbst noch keinen Cent in ihrer mittelfristigen Finanzplanung für den Neubau eingestellt hat.

Opposition spricht von politischer Entscheidungsschwäche

Heute wird der Aufsichtsrat der HPA unter der Leitung seines Nochvorsitzenden, Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos), zusammenkommen. Einen Beschluss darüber, ob die Hafenhauptroute eine Brücke oder einen Tunnel unterm Köhlbrand erhält, wird er noch nicht treffen. Stattdessen wird dem Kontrollgremium das Ergebnis der Machbarkeitsstudie zur Kenntnis gegeben.

Der Köhlbrand-Tunnel im Querschnitt
Der Köhlbrand-Tunnel im Querschnitt © Grafik: Frank Hasse

Diese sieht zwei Tunnelröhren in einem Abstand von 30 Metern vor, die nördlich der heutigen Köhlbrandbrücke unter der Erde verlaufen sollen. Alle 300 Meter soll es einen Fluchtweg geben. Auf einer oberen Ebene wäre Platz für zwei Fahrstreifen in jede Richtung für Autos und Lkw – sowie einem breiten Standstreifen. Eine Ebene tiefer wäre darüber hinaus noch Platz für einen Radverkehrsweg, und auch ein automatisches Containerbeförderungssystem (siehe Grafik) ist geplant.

Bis 2030 muss der Ersatzbau für die alte Köhlbrandbrücke stehen

Ob der Tunnel so gebaut wird, ist unklar. Die Opposition spricht bereits von politischer Entscheidungsschwäche. „Schon lange ist bekannt, dass die Köhlbrandbrücke aufgrund des baulichen Zustands ersetzt werden muss. Bereits 2014 hat die CDU gefordert, stattdessen einen Tunnel zu bauen. Passiert ist seitdem viel zu wenig“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Union in der Bürgerschaft, André Trepoll. Die Entscheidungsschwäche von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und die Uneinigkeit zwischen SPD und Grünen würden zum Problem für die Stadt.

Bis 2030 muss der Ersatzbau für die alte Köhlbrandbrücke stehen. Und schon die Erhaltung des Altbaus über diesen langen Zeitraum bereitet der HPA Probleme. Täglich fahren 38.000 Fahrzeuge über die Brücke, die immer mehr Risse bekommt. Zur Entlastung hat die Hafenbehörde bereits 2012 ein Überholverbot verhängt. Lkw dürfen seitdem nur noch die äußere Spur benutzen. Doch das reicht wohl nicht: Jetzt erwägt die HPA auch noch von Januar 2019 an ein Mindestabstandsgebot von 50 Metern für Lkw anzuordnen, so wie es bei der Brücke über den Nord-Ostsee-Kanal bereits besteht.