Hamburg. Sieben Unternehmen teilen sich das Geschäft mit Stadtrundtouren in Hamburg. Schon 2020 müssen neue Wagen emissionsfrei sein.
Gibt es mal einen Moment, in dem kein Telefon läutet? Katharina Fest bleibt trotz Dauerklingelns ziemlich gelassen. Die Geschäftsführerin der Roten Doppeldecker sitzt in einem Bürocontainer auf dem Betriebshof in Hammerbrook. Es ist kurz nach 10 Uhr. Die ersten Busse sind unterwegs. An Wochentagen ist das Unternehmen mit acht Omnibussen in Hamburg unterwegs, am Wochenende sogar mit zwölf. „Wir haben die größte Flotte in der Stadt“, sagt Katharina Fest selbstbewusst. Sie managt die Firma mit Gründer Heinrich Schuster und dessen Ehefrau Marlis. Die 35-Jährige soll das Geschäft mit den Stadtrundfahrten in die Zukunft führen. Dazu gehört auch die Umstellung des Fuhrparks auf Elektro-Mobilität. Schon in zwei Jahren sollen neue Stadtrundfahrt-Busse grundsätzlich emissionsfrei fahren.
Mittags am Rathausmarkt. An der Haltestelle sind die Fahrpläne der unterschiedlichen Sightseeing-Bustouren angeschlagen, davor hat sich eine Traube Menschen gebildet. Gerade hält ein gelber Doppeldecker. Einige Fahrgäste steigen aus, andere ein. Das Prinzip heißt Hop on, Hop off. Seit 2010 ist der Betrieb der Stadtrundfahrten in Hamburg klar geregelt. Die Konzessionen an die Privatanbieter vergibt die Stadt, zuletzt am 16. Dezember 2017. Die Laufzeit beträgt zehn Jahre, bei zwei Firmen ist sie bis 2020 begrenzt.
Erste sogenannte Hummelbahn
Aktuell fahren sieben Anbieter die Sehenswürdigkeiten im Innenstadtbereich auf ihrer Linie ab – immer im Kreisverkehr. Neben der Hamburger Stadtrundfahrt – Die Roten Doppeldecker sind das SRH Stadtrundfahrt in Hamburg, Hamburg City Vision, HCT Hamburg-Citytours, Hansa Rundfahrt, Stadtrundfahrt Hamburg – Die Gelben Doppeldecker sowie Die Hanse Stadtrundfahrt.
Die roten Doppeldecker fahren auf der Linie A. Das Unternehmen ist der Platzhirsch in Hamburg und hat vor acht Jahren bei der Neuordnung des Gewerbes die erste Konzession bekommen. Das hat vor allem mit Gründer Heinrich Schuster zu tun. Der heute 68-Jährige hatte 1979 die erste sogenannte Hummelbahn an die Elbe geholt, die fortan mit Touristen an die wichtigsten Punkte der Stadt zuckelte. 1990 startete der findige Geschäftsmann die zweite Stufe der Stadtrundfahren-Ära.
Aus London hatte er einen der typischen roten Doppeldecker-Busse mitgebracht, den er für seine Angebote umbauen lassen wollte. Weil sich das als ziemlich aufwendig herausstellte – Lenkrad und Einstieg waren auf der falschen Seite –, kaufte er ein ähnliches Modell in Berlin. Seine Idee: Er ließ das Dach demontieren, ersetzte es durch eine Plane und machte ihn zum Cabrio-Bus. Die Gäste waren begeistert, das Kraftfahrzeugbundesamt anfangs nicht. „Inzwischen“, sagt Geschäftsführerin Katharina Fest, „ist das Prinzip Normalität.“
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Umgebaute MAN-Oldtimer
Die Rundtour der Linie A, im Einsatz sind umgebaute MAN-Oldtimer aus den Baujahren 1980 bis 1983, startet an den Landungsbrücken und führt über HafenCity, Hauptbahnhof, Alsterufer, Messe, Rathaus, Reeperbahn, Fischmarkt zurück zur Ausgangshaltestelle. „Wenn man zwischendurch nicht aussteigt, dauert die Strecke 1,5 Stunden“, sagt die Stadtrundfahrten-Chefin. Mit Besichtigungszeiten an den insgesamt 29 Haltestellen könne man aber locker einen ganzen Tag mit dem roten Doppeldecker verbringen.
Alle paar Minuten kommt der nächste Bus. 25 Busfahrer arbeiten in dem Betrieb, insgesamt sind es 45 Mitarbeiter. „Das Geschäft läuft“, sagt Betriebswirtin Fest, die vor neun Jahren über ein Praktikum ins Unternehmen gekommen war. Neben dem Linienbetrieb sind zahlreiche Sondertouren, teilweise inklusive Hafenrundfahrt oder Alsterfahrt im Programm. Beliebt bei den Touristen sind auch historische Touren und Lichterfahrten am Abend.
Zahl der Passagiere sinkt
Trotzdem gibt es einiges, was den Anbietern zu schaffen macht. Die Geschäftsführerin von HCT Hamburg-Citytours, Heike Januzi-Schlatermund, kritisiert vor allem die Preiserhöhung im Rahmen der Liniengenehmigungen Ende 2017. Ein Tagesticket für einen Erwachsenen kostet jetzt 18,50 Euro – bei allen Anbietern. „Die höheren Preise merken wir deutlich. Wir haben weniger Fahrgäste als im vergangenen Jahr“, sagt die Unternehmerin, in deren Flotte vier Stadtrundfahrt-Busse fahren – die hellblauen auf der Linie F.
Auch die vielen Großveranstaltungen wie etwa der Schlagermove, aber auch die vielen Baustellen im Stadtgebiet wirkten sich auf das Geschäft aus. Und: Der Supersommer 2018 hatte zumindest in den ersten Monaten eher für Flaute in den Bussen gesorgt. „Das Wetter war zu gut“, sagt Januzi-Schlatermund. Erst in der zweiten Sommerhälfte habe sich das wieder eingespielt.
Frage des Antriebs
Die sonst so gelassene Firmenchefin der Roten Doppeldecker, Katharina Fest, treibt gerade noch ein ganz anderes Problem um. Es geht um die selbstständigen Gästeführer, die in den Bussen für die Informationen zuständig sind. Die Deutsche Rentenversicherung fordert von Busunternehmen, dass die Führer eingestellt werden müssen. „Das funktioniert nicht“, schimpft Fest mit ihrem typisch Hamburger Zungenschlag. 60 selbstständige Gästeführer umfasst ihr Pool. „Das sind alles Originale, die ihre Touren individuell gestalten.“ Teilweise seien sie in anderen Berufen tätig. „Wir würden niemand finden, der 40-Stunden-Stadtrundfahrten machen will“, so die Geschäftsfrau, für die es auch um viel Geld geht. Der Streit ist jetzt vor Gericht.
Entscheidend für die Zukunftsfähigkeit der Stadtrundfahrten in Hamburg wird aber vor allem die Frage des Antriebs sein. Aktuell müssen nach den Vorgaben der Stadt Kraftomnibusse eingesetzt werden, die mindestens die Anforderungen an die Euro-5-Abgasnorm erfüllen. Ersatzbeschaffungen werden dem jeweiligen Stand der Technik angepasst. Vom Jahr 2020 an dürfen nur noch emissionsfreie Busse angeschafft werden, heißt es aus der Verkehrsbehörde. Anders als bei den städtischen Bussen gilt das allerdings nur, „wenn dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist“.
Investitionsbedarf ist erheblich
Der Investitionsbedarf für die Privatunternehmer ist erheblich. Ein neuer Stadtrundfahrten-Bus mit Dieselantrieb kostet zwischen 250.000 und 350.000 Euro. Der Preis für ein Modell mit E-Motor ist mindestens doppelt so hoch. „Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Thema Elektrifizierung“, sagt Katharina Fest. Ein Problem sei auch die nicht vorhandene Lade-Infrastruktur. Trotzdem ist ihre Prämisse klar: „Unsere nächsten Neuanschaffungen werden E-Busse sein.“ Da wollen die Roten Doppeldecker wieder Vorreiter sein.