Hamburg . Neue Abteilung der Marketing-Gesellschaft will Belastungen für Hamburger durch immer mehr Gäste reduzieren.
Die Stadt Hamburg will den wachsenden Tourismus künftig bürgerfreundlicher und zugleich für die Gäste angenehmer organisieren. Zu diesem Zweck wird bei der Hamburg Tourismus GmbH (HHT) im Januar die neue Abteilung „Destination Management“ eingerichtet. Diese soll laut Antwort des Senates auf eine Kleine Anfrage des FDP-Fraktionsvorsitzenden Michael Kruse „zu einer Erhöhung der Gästezufriedenheit durch eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität führen“.
Dafür sei „auch die Balance zwischen den Bedürfnissen von Gästen und Einwohnern entscheidend“. Vom Januar an soll sich die Abteilung um die „Förderung einer nachhaltigen Tourismusentwicklung“, die „Qualitätssicherung und die Unterstützung der touristischen Leistungsträger“ kümmern. Die Stelle des Abteilungsleiters wurde bereits ausgeschrieben. Wieviele Mitarbeiter die neue Abteilung für sozial verträglichen Tourismus haben soll, ist laut Wirtschaftsbehörde noch unklar.
Wachsende Touristenzahlen führen zu Unmut
Hintergrund der Planung ist offenbar auch die Einsicht, dass stetig wachsende Touristenzahlen zu Unmut und Widerstand führen können, wenn die Bürger sich überfordert fühlen. In den teils sehr überlaufenen spanischen Städten und Ferienorten gab es sogar Übergriffe auf Gäste. Noch fühlen sich laut Wirtschaftsbehörde nach einer HHT-Umfrage zwar stadtweit nur acht Prozent der Hamburger von Touristen gestört – und in der City 14 Prozent.
Damit diese Zahlen nicht wachsen, will man aber frühzeitig vorsorgen. „Eine der Kernaufgaben ist es dabei, das Verhältnis zwischen Bürgern und Gästen weiter positiv zu gestalten“, heißt es aus der Behörde. Dazu gehöre die stärkere Vermarktung „nachhaltiger Reiseangebote“, die Unterstützung und Schulung von Hamburger Anbietern und die „stärkere Einbeziehung und Vermarktung von touristischen Zielen außerhalb der Innenstadt“. Mithin: Nicht nur Elbphilharmonie, Rathaus und Reeperbahn sollen im Zentrum stehen. Auch Bergedorf oder Harburg sollen besser vermarktet werden.
Relevanz der Branche wächst stetig
„Eine Stadt, die für ihre Einwohner nicht gut ist, ist auch für Touristen nicht gut – und umgekehrt“, sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) dem Abendblatt. „Nachhaltiger Tourismus hat das Potenzial, die städtische Infrastruktur und auch die Lebensqualität der Bürger zu fördern, das Angebot an Kulturveranstaltungen und Freizeitaktivitäten zu erhöhen und das Kulturerbe zu bewahren. Mehr Investitionen in Infrastruktur machen Städte intelligenter, lebenswerter und grüner, und davon profitieren am Ende auch die Bürger.“
Dabei verweist seine Behörde auf die große Bedeutung des Tourismus für Hamburg. Die Relevanz der Branche wachse stetig: Aktuell generiere der Tourismus einen Bruttoumsatz von jährlich sechs Milliarden Euro, das Steueraufkommen für die Stadt liege bei mehr als 600 Millionen Euro. Zudem lebten in Hamburg 97.000 Menschen vom Tourismus.
Gilt Unmut der Hamburger eher Großevents?
Im Senat geht man bei all dem davon aus, dass der Unmut vieler Einwohner der Innenstadt-Gebiete eher den Großevents gilt – und dem Verhalten von Partygästen in den Szeneviertel, die oftmals selbst aus Hamburg oder dem Umland kämen. Dabei gehe es zum Beispiel um das so genannte „Cornern“, bei dem sich das Partyvolk am Kiosk mit Getränken versorgt und auf der Straße feiert.
Besonders viele Konflikte gibt es erwartungsgemäß auf St. Pauli. Dort gehen man „bereits heute aktiv gegen sogenannte Wildpinkler vor und setzt verstärkt auf Aufklärung bei den Besuchern“, sagt Wirtschaftsbehördensprecherin Susanne Meinecke. Durch die Aktion „St. Pauli pinkelt zurück“, bei der besonderer Lack den Urin quasi von Wänden auf den Pinkler zurückspritzt, habe man „für ein zentrales Problem sensibilisiert“. Neuerdings werde auf dem Kiez zudem von Veranstaltern eine „Willkommenstüte“ an Gäste verteilt. Neben einem Stadtplan, einem Kondom und der sogenannten „Pinkelkarte”, mit der Besucher Stempel in verschiedenen Bars und Kneipen sammeln können, enthalte die Willkommenstüte auch die „10 Gebote von St. Pauli”. Darin heißt es u.a.: „WC ist keine Kür, sondern Pflicht, sonst pinkeln wir zurück.”
Online-Portal soll helfen, Event-Termine zu entzerren
Bereits seit 2016 versuche man zudem, die Masse von Großveranstaltungen etwas zu entzerren. Das Online-Portal Eventlotse ist laut Behörde nicht nur ein Service-Angebot für Veranstalter. „Es wird in einem Log-In-geschützten Kalender auch dazu genutzt, die terminliche Veranstaltungsdichte zu entzerren und Terminkollisionen von Großveranstaltungen in der Stadt bereits während der Planung zu vermeiden.“
FDP-Fraktionschef Michael Kruse hält die Pläne für eine neue Abteilung bei der Hamburg Tourismus GmbH derweil für „unausgereift“. Der Senat habe die Anliegen der Hamburger nicht ausreichend verstanden, so der Bürgerschaftsabgeordnete. „Hamburg braucht keine weitere PR-Einheit, die Flyer druckt und über Touristen informiert“, so Kruse. „Das Destination Management muss als Querschnittsaufgabe im ganzen Senat verstanden werden.“
Die Zahl der Touristen, die Hamburg besuchten, steige stetig – „und damit auch das Konfliktpotenzial zwischen Touristen und Hamburgern“, so der FDP-Mann. „Der Senat muss die Anliegen der Hamburger ernst nehmen und endlich ein Konzept für Großveranstaltungen erarbeiten, das auch Hamburgs Randbezirke einbezieht.“
Es sei zudem sinnvoll, „die mit dem Tourismus verbundenen Verkehrsströme möglichst gering zu halten“, so Kruse. „Ein Kreuzfahrtterminal mitten im Hafen ist dazu kein guter Beitrag – ebenso wenig wie die schlechte Anbindung von großen Veranstaltungsorten wie den Arenen an das ÖPNV-System.“