Hamburg. Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten und Diensten. Wir erzählen die Geschichte dahinter und prüfen, wie gut sie sind.

    Mama ist schuld. Na ja, zumindest legte sie den Grundstein für das zweite Berufsleben von Maren Thobaben. Von ihrer Mutter erhielt die 41-Jährige im Kindesalter ein Minipuppengeschirr und übte sich früh spielerisch in Teerezeremonien. „Teatime war immer mein Thema. Es geht dabei um bewussten Genuss. Das finde ich toll und möchte ich mit meinen Produkten auch erreichen“, sagt Thobaben.

    Ihre Produkte – das waren in der ersten Berufswelt der studierten Medienwissenschaftlerin Webseiten. Vor fünf Jahren fing sie ihre zweite Karriere an. „Ich bin mit 36 Jahren noch mal in die Backstube gegangen. Als Stift“, sagt Thobaben. Nach der Ausbildung zur Konditorin ging sie auf die Meisterschule in Potsdam. Ihre Prüfungsstücke hatten alle – bis auf den Baumkuchen, der als Krönungsstück des Handwerks gilt – eine gemeinsame und für Deutschland ungewöhnliche Zutat: Tee. „In den Teeländern hat das Kochen und Backen mit Tee eine jahrhundertelange Tradition“, sagt Thobaben. In Europa sei es fast völlig unbekannt. Bei den Prüfern kamen ihre Köstlichkeiten sehr gut an. Sie schloss den Jahrgang 2016 als Beste ab.

    So urteilen Abendblatt-Redakteure über das Shortbread aus der Backstube von Mrs T

    Ihr Plan für die Zukunft war klar. Sie wollte sich selbstständig machen – aber zunächst Berufserfahrung sammeln als angestellte Betriebsleiterin von Gretchens Zuckerbude. In dem Café im Karoviertel durfte sie auch ihre eigenen Teegebäckkreationen anbieten. Sie startete mit Shortbread, einem schottischen Mürbeteiggebäck. Häufig stieß sie auf Skepsis. „Kann man Tee essen? Ist das nicht giftig?“, fragten einige Kunden sogar. Wer es probierte, fand es meist „spannend und lecker“. Parallel zum Job arbeitete sie mit Ehemann Bernd an der Finanzierung, dem Design, der Verpackung und suchte Produktionsräume. Am 3. Januar dieses Jahres war der große Tag gekommen. Der Ofen für die eigene Backstube in Bahrenfeld wurde geliefert – und die Produktion ging los.

    Mit gleich acht Produkten – sowohl Süßes als auch Herzhaftes – startete sie ihr Unternehmen Mrs T: Popcorn mit Pu-Erh-Tee, Mandeln mit Jasmin-Tee, Baiser mit Wu-Lu-Tee, eine Karamellsauce mit Milky-Oolong-Tee sowie eine Nussmischung, ein Bacon Salz und eine Tomatensauce jeweils kombiniert mit Rauchtee. Das Shortbread gehörte natürlich auch dazu – und hatte zuvor viel Zeit gekostet. Ihr war klar, dass sie Earl Grey verwenden wollte – aber welchen? Sie verkostete gut ein Dutzend verschiedene Sorten. Der Earl Grey müsse im Kampf gegen die Schokolade bestehen, sagt die Konditormeisterin. Dann tüftelte sie am Rezept. „Der Tee bleibt wie ein Gewürz im Produkt. Die richtige Dosierung hinzubekommen, ist schwierig. Das beeinflusst die Konsistenz.“

    Die Herstellung des Shortbreads dauert drei Tage

    Am ersten Tag wird der in einer Espressomühle gemahlene Tee mit erhitzter Butter versetzt. Anschließend muss er 24 Stunden ruhen, damit sich das Aroma entfaltet. Am zweiten Tag wird der Teig gemacht, per Hand in Silikonformen gedrückt und gebacken. Dann muss das Shortbread ruhen, sonst wird es zu bröselig. Erst am dritten Tag wird das Shortbread aus der Form gedrückt. „Man muss es reinpulen und rauspulen – das ist halt Handwerk“, sagt Thobaben.

    Verpackt in den per Hand etikettierten Tüten ist das Gebäck vier Monate haltbar – zu wenig für viele Händler und Kunden, die das häufig monierten. Thobaben hofft, dass sich eine Einstellung aus einem Nachbarland auch hierzulande durchsetzt: „In Frankreich ist ein kurzes Mindesthaltbarkeitsdatum ein Merkmal für Qualität.“ In rund 20 Läden gibt es ihre Kreationen bisher, darunter die Hamburger Teespeicher-Läden in Volksdorf und Bramfeld, das Leckerlädchen im Karoviertel, neuerdings die Kochhäuser in Eimsbüttel und Eppendorf – und natürlich der eigene Onlineshop mrs-t.de. „Wir sind kein Produkt für den Supermarkt, sondern für Feinkostläden“, sagt Thobaben.

    8500 Produkte verkaufte Mrs T seit Jahresbeginn

    Alles werde frisch auf Bestellung produziert. Rund 8500 Produkte setzte das Start-up im ersten Dreivierteljahr ab, ein Großteil davon machte ein Großauftrag im September aus. Das Shortbread ist der Bestseller. Nach dem schwachen, weil zu heißen Sommer laufe das Geschäft jetzt sehr gut. Fünftagewoche und 7,5-Stunden-Tage seien passé. „Jede Woche melden sich bei uns zwei bis drei Händler, die Interesse an den Produkten haben“, sagt Bernd Thobaben. Der 47-Jährige ist für die Zahlen zuständig – im doppelten Sinne, denn er finanziert momentan mit seinem Marketingjob auch das Ehepaar. Im Herbst erweiterte Mrs T die Produktpalette um vier Bioprodukte, drei Varianten des Shortbreads und Cantuccini mit Jasmin-Yuncui-Tee – auch daran ist Mama schuld. Maren Thobaben: „Das Cantuccini-Rezept stammt von meiner Mutter.“

    Der Abendblatt-Test – jeden Dienstag im Wirtschaftsteil des Hamburger Abendblatts. Alle bisherigen Folgen gibt es online unter www.abendblatt.de/testserie