Hamburg. Knapp die Hälfte der 40 größten Gesellschaften hält die Verzinsung stabil. Im Schnitt gibt es 2,37 Prozent für 2018.

Erstmals seit vielen Jahren hat knapp die Hälfte der 40 größten Lebensversicherer angekündigt, die Überschussbeteiligung der klassischen Lebens- und Rentenversicherung 2018 stabil zu halten. Die Überschussbeteiligung ist die laufende Verzinsung für das bisher angesparte Kapital der Kunden. Sie wird jedes Jahr neu festgelegt. Nach der Umfrage des Abendblatts halten 17 Versicherer die laufende Verzinsung auf Vorjahresniveau, darunter sind große Anbieter wie Allianz, Zurich und Axa.

Im Schnitt liegt die Überschussbeteiligung der 40 größten Lebensversicherer, die einen Marktanteil von mehr als 80 Prozent haben, 2018 bei 2,37 Prozent. Der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr beträgt nur noch 0,16 Prozentpunkte. Das ist der niedrigste Wert seit 2012. Die durchschnittliche Überschussbeteiligung lag 2017 bei 2,53 Prozent. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zur beliebtesten Altersvorsorge der Deutschen.

Die Fachbegriffe

Wer kann sich an den Werten
der Gesellschaften orientieren?

Sie gelten vor allem für Kunden, die in den vergangenen elf Jahren eine Kapitallebens- oder Rentenversicherung abgeschlossen haben. Denn diese Kunden haben einen Garantiezins von maximal 2,25 Prozent, und die durchschnittliche Überschussbeteiligung liegt mit 2,37 Prozent (inklusive Garantiezins) noch leicht darüber. Die Werte gelten in der Regel auch für Kunden mit einem staatlich geförderten Riester-Vertrag.

Bekommen manche Kunden eine
höhere Verzinsung als in der Tabelle?

Ja, denn in jedem Fall erhalten Kunden ihren Garantiezins, dessen Höhe sich nach dem Jahr des Abschlusses richtet (siehe Grafik). „Der Garantiezins ist den Kunden zugesichert“, sagt Lars Heermann von der Rating-Agentur Assekurata. Wer einen hohen Garantiezins habe, bekomme diesen, könne dann aber nicht noch mit zusätzlichen Überschüssen rechnen. In der Regel werden aber alle Kunden, die einen niedrigen Garantiezins (0,90 bis 2,25 Prozent) haben, gleich behandelt, wie die Umfrage des Abendblatts ergab. Bei der Generali, die mit 1,25 Prozent die mit Abstand niedrigste Überschussbeteiligung hat, erhalten alle Kunden, die seit 2015 einen Vertrag abgeschlossen haben, nur noch diese Verzinsung. Nur wer einen Garantiezins von 0,90 Prozent in seiner Police hat, erhält bei dieser Gesellschaft noch einen kleinen Aufschlag.

Wie groß sind die Unterschiede
zwischen einzelnen Versicherern?

Wie das Beispiel Generali oder auch Gothaer (1,80 Prozent) zeigt, hängt die künftige Rente sehr stark davon ab, wo man seine Lebens- oder Rentenversicherung abgeschlossen hat. 23 Gesellschaften liegen mit ihrer Überschussbeteiligung noch über dem Durchschnittswert. „Trotz schwieriger Kapitalmarkt-bedingungen konnten wir unsere Ertragskraft stärken“, sagt Patrick Dahmen, Vorstand der Axa. „Von dieser Stabilität profitieren unsere Kunden durch eine laufende Verzinsung über dem Marktdurchschnitt.“ Denn von den zehn größten Versicherern hat die Axa mit 2,90 Prozent die höchste Überschussbeteiligung, gefolgt von Marktführer Allianz mit 2,80 Prozent. Die einst sehr erfolgreiche Debeka liegt mit 2,50 Prozent nur noch im Mittelfeld. Eine Drei von dem Komma bei der laufenden Verzinsung hat nur noch die Ideal Lebensversicherung. Die stärkste Absenkung im Vergleich zum Vorjahr hat die Generali mit 0,50 Prozentpunkten vorgenommen. Eine unterdurchschnittliche Überschussbeteiligung haben auch die Hamburger Versicherer Signal Iduna (2,00 Prozent) und Hanse Merkur (2,20 Prozent).

Zeichnet sich bei der Überschuss-
beteiligung eine Trendwende ab?

Das Ergebnis für 2018 ist mit 17 Gesellschaften, die ihre Überschussbeteiligung stabil halten, überraschend. Denn in den vergangenen Jahren haben fast alle Versicherer kontinuierlich gesenkt. Dabei gab es bei der Zinsentwicklung für die Versicherer keine Entspannung. Die Europäische Zentralbank (EZB) hält unverändert an ihrer Niedrigzinspolitik fest. Eine zehnjährige Bundesanleihe bringt nur noch eine Rendite von 0,47 Prozent. Mit ihr können die Versicherer nicht einmal die Garantiezinsen erwirtschaften. „Großen Einfluss hat sicherlich die Entscheidung der Allianz gehabt, ihre laufende Verzinsung nicht weiter abzusenken“, sagt Heermann. Viele Anbieter richten sich gerne am Marktführer aus. „Eine Trendwende sehe ich aber nicht“, sagt Heermann von der Rating-Agentur Assekurata. Vielmehr sei es auch so, dass eine stetige weitere Absenkung nur noch begrenzte Auswirkungen habe, da Altverträge mit höherem Garantiezins davon nicht betroffen sind. „Von einer Trendwende kann keine Rede sein“, sagt auch Axel Kleinlein, der Vorstandsvorsitzender des Bundes der Versicherten ist. „Seit 20 Jahren sinken Garantiezins und Überschussbeteiligung.“

Warum profitieren Versicherer
nicht von steigenden Aktienmärkten?

Der Aktienanteil der Lebensversicherer liegt unter fünf Prozent. Außerdem müssten Aktieninvestments zur Absicherung mit einem hohen Anteil an Eigenkapital unterlegt werden. Das können sich nur wenige finanzstarke Lebensversicherer leisten. Eine der Ausnahmen ist die Allianz. Ihre Aktienquote liegt bei knapp zehn Prozent.

Wie schaffen es die Versicherer, hohe Garantiezinsen von früher zu erfüllen?

Die Versicherer müssen jedes Jahr sogenannte Zinszusatzreserven bilden. „Bisher sind das seit 2011 insgesamt 65 Milliarden Euro“, sagt Heermann. Dazu werden hochverzinste Anleihen aus Altbeständen verkauft. Die Wertpapiere stehen dann für künftige Zinserträge aber nicht mehr zur Verfügung. Für die Jahre 2018 und 2019 rechnet Heermann mit jeweils weiteren 25 Milliarden Euro, die die Versicherer bilden müssen, wenn der Gesetzgeber keine Änderungen der aktuell gültigen Regelung beschließt. „Durch dieses System, das wir für einen großen Fehler halten, werden gutverzinste Altverträge auf Kosten der jüngeren Verträge subventioniert“, sagt Kleinlein.

Serie: Wie Hamburger 2018 ihr Geld anlegen sollten

Sind die hohen Garantiezinsen
wirklich sicher für die Kunden?

Die Versicherer haben keine Möglichkeit, die einmal zugesagten Garantiezinsen zu kürzen. „Aber eine absolute Sicherheit gibt es nicht“, sagt Kleinlein. Wenn ein Versicherungsunternehmen in eine existenzielle Schieflage gerät, kann die Aufsichtsbehörde BaFin die Leistungen für die Kunden kürzen. „Das gilt auch für die garantierten Leistungen und damit den Garantiezins“, sagt Kleinlein.

Was bedeutet die sinkende Über-
schussbeteiligung für die Kunden?

Sie müssen sich darauf einstellen, dass die Ablaufleistung oder die monatliche prognostizierte Rente weiter sinkt. Die einst bei Abschluss prognostizierten Werte werden bei Weitem nicht erreicht. „Sicher sind zunächst nur die garantierten Renten oder Kapitalabfindungen“, sagt Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg. Gefährlich kann es bei sogenannten Kombiverträgen im Zusammenhang mit einer Immobilienfinanzierung werden. „Dann steht für die Tilgung weniger Geld zur Verfügung als einst kalkuliert“, sagt Becker-Eiselen.

Soll ich meine Lebensversicherung
jetzt kündigen?

„Das ist meist nicht ratsam und erfordert eine gründliche Beratung“, sagt Becker-Eiselen. Eine vorzeitige Kündigung ist außerdem meist mit Einbußen verbunden. „Das niedrige Zinsniveau führt außerdem dazu, dass es mit dem ausgezahlten Geld schwierig wird, eine höhere oder gleiche Rendite im Vergleich zur Versicherung zu erzielen“, sagt Becker-Eiselen. Verträge mit einem noch verhältnismäßig hohem Garantiezins sollten ohnehin nicht gekündigt werden.

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