Hamburg. 700 Mitarbeiter in Hamburg betroffen. Verbraucherschützer befürchten Nachteile für Kunden

Die Kunden der ehemaligen Hamburger Versicherung Hamburg-Mannheimer und der Victoria müssen befürchten, dass ihre klassischen Lebensversicherungen an einen anderen Anbieter verkauft werden. Betroffen sind sechs Millionen Policen. Die Hamburg-Mannheimer ist im Versicherungskonzern Ergo aufgegangen, zu der auch die Victoria gehört. Die niedrigen Zinsen machen das Geschäft mit Kapitallebensversicherungen immer unattraktiver. Die Versicherer müssen hohe Rücklagen, sogenannte Zinszusatzreserven, bilden, um Altverträge mit einem hohen Garantiezins von vier oder 3,25 Prozent zu erfüllen. Das bindet Kapital. Gleichzeitig werden solche Policen im Neugeschäft kaum noch angeboten, die Ergo hat sich bereits 2016 davon verabschiedet.

Da es also nur noch um eine Verwaltung von Altverträgen geht, liegt eine Trennung von diesem Geschäftsfeld nahe. Es stimme, dass man den Verkauf des traditionellen Lebensversicherungsgeschäfts prüfe, bestätigte Ergo-Vorstand Clemens Muth gegenüber Mitarbeitern, wie das Abendblatt aus Unternehmenskreisen erfuhr. Man habe Investoren angesprochen, die ein Interesse daran haben, dieses Geschäft zu managen, sagte Muth. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Mit den sechs Millionen Verträgen würde ein Käufer auch Kapitalanlagen von 56 Milliarden Euro übernehmen, um künftig Erträge für die Versicherten zu erwirtschaften.

In Hamburg sind 700 von insgesamt 2653 Ergo-Mitarbeitern mit der Verwaltung von Lebensversicherungen beschäftigt. „Für die 700 Hamburger Mitarbeiter gibt es eine Standort- und Arbeitsplatzgarantie bis 2021“, sagt eine Ergo-Sprecherin. Aber es kann sein, dass die Beschäftigten dann künftig für einen anderen Arbeitgeber tätig sind. Zunächst war geplant, das alte Lebensversicherungsgeschäft weiter selbst zu verwalten. Doch nachdem immer mehr Versicherer sich von ihren Lebensversicherungspolicen trennen oder das erwägen – wie auch die Generali (Abendblatt berichtete) – hat bei Ergo offenbar ein Umdenken eingesetzt. „Wir müssen bewerten, ob unser Lebensgeschäft außerhalb unserer Gruppe eine noch bessere Zukunft hat als innerhalb“, sagte Muth.

Für die Kunden ändert sich bei einem Verkauf der Policen formal nichts. Der Bund der Versicherten sieht die Entwicklung dennoch mit großem Unbehagen. „Die Versicherer haben viele Möglichkeiten, die Überschussbeteiligung zuungunsten der Kunden zu beeinflussen“, sagt Axel Kleinlein, Vorstandsvorsitzender des Bundes der Ver­-sicherten. Das falle den Aufkäufern leichter, weil sie als reine Abwicklungsgesellschaften keine Reputationsschäden wie die Ergo befürchten müssten, die noch andere Versicherungen verkaufen will. Zumindest der Garantiezins steht den Versicherten zu. „Aber die meisten Verbraucher haben die Verträge in der Hoffnung abgeschlossen, mehr zu bekommen als den Garantiezins“, sagt Kleinlein.