Hamburg/San Jose. Lufthansa, Emirates oder Singapore profitieren von Youtube, Instagram und Twitter. Doch Bloggen in der Reisebranche kann heikel sein.

Für Sitz 24E ist die Gepäckablage nicht verfügbar. Die Crew hat hier ihren Stauraum, die Flugbegleiter und womöglich auch der Pilot des nagelneuen Airbus A350 der Lufthansa. Diese Einschränkung gibt es ebenso in Reihe 25, schreibt der User des Internet-Portals Seatguru.com. Auf 41H, schreibt ein anderer, kann man den Sitz nicht richtig nach hinten lehnen. Aber es gibt eine Steckdose, die er in keinem vergleichbaren A350 in der Economy Class gefunden hat. Bei Finnairs neuem A350 jammern sogar die Kunden der Business Class: Sitz zu klein, man schläft „wie in einem Sarg“.

Andere Kunden posten positive Bewertungen. Bei Cathay Pacific dagegen (38 Open Suites in der Business Class) ist Airbus‘ neuer Langstreckenflieger beliebt. Seatguru.com listet wie bei den Business-Kunden der Lufthansa fast nur gute Meinungen auf.

Seatguru: Internet-Plattform für Fluggäste

Das Sitzplatz-Portal ist eine der beliebtesten Internet-Plattformen für Fluggäste weltweit. Hier sind alle Sitze aller großen und der meisten kleinen Airlines zu sehen: Wie nah oder weit ist es zum Klo? Wie viele Sitze in einer Reihe? Wo kann man am Notausgang Platz nehmen? Und wer hier als Vielflieger oder Influencer postet, darf auf eine große Resonanz hoffen.

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Und das ist nach den Hotels und den Bewertungsportalen, den Myriaden von Tests und Bewertungen in allen Lebensfragen im Internet auch für die Reisebranche und die beinhart konkurrierenden Fluggesellschaften zum Einflussfaktor geworden. Es gibt die Influencer, die Youtuber, die Blogger, Facebook-Freundeskreise, die bezahlten Social-Media-Experten, die Instagram-Freaks, die Snapchat-Poster – und oft sind die einen nicht von den anderen zu unterscheiden, wenn es um den Flug von A nach B mit dem Flugzeug C und um jeden erdenklichen Tipp geht.

Lufthansa nimmt Influencer ernst

Die Lufthansa nimmt die neuen Meinungsbildner ernst, wie Sprecherin Mirjam Eberts dem Abendblatt sagte. Beim Flug eines A350 nach der Taufe, der von München über die Elbphilharmonie zum Flughafen Hamburg führte, waren auch Influencer an Bord, ebenso beim Erstflug des A320neo, der deutlich Kerosin sparen und die Lufthansa in Umwelttechnologie und wirtschaftlich voranbringen soll.

Die Youtuber, die da mitflogen, haben sich vor allem mit Luftfahrt auseinandergesetzt – und ihre Beiträge oft sofort auf Twitter verbreitet. „Wir erhalten mehrfach täglich Anfragen nach reinem Ticket-Sponsoring“, so Eberts. Das mache die Lufthansa aber nicht, um im Gegenzug ein paar Posts bei Twitter oder Instagram zu bekommen. Allerdings beauftrage das Lufthansa-Marketing auch Influencer, um eigene Kampagnen mit deren Material anzureichern.

David Pauritsch und sein Blog-Partner Felix betreiben die Seite Simply Aviation, verdienen mit Werbeeinnahmen bei Youtube etwas Geld, können aber nicht davon leben. „Einen Videoblog über das Fliegen zu machen ist ja nicht gerade günstig“, sagt Pauritsch.

David Pauritsch und sein Blog-Partner Felix von Simply Aviation
David Pauritsch und sein Blog-Partner Felix von Simply Aviation

Ihre Videos werden etwa zweimillionenmal pro Monat aufgerufen. Die „Tripreports“ haben nach seinen Angaben im Durchschnitt rund 90.000 Aufrufe pro Video. 67.000 Abonnenten hat Simply Aviation bei Youtube, bei Instagram 10.000 Follower. Das ist die neue Währung auch in der Reisebranche. Viele Kunden durchpflügen das Internet und die sozialen Medien nach Tipps, Bewertungen, Rankings und Warnungen.

Youtube, Instagram und Snapchat erreichen Millionenpublikum

Für Gabriele Kuminek von der Agentur Global Communication Experts sind die Influencer ebenso wichtig: „Durch Blogs oder soziale Netzwerke wie Youtube, Instagram, Pinterest oder Snapchat haben erfolgreiche Blogger und Influencer enorme Reichweite und erreichen mit ihren Beiträgen zum Teil ein Millionenpublikum. Für ihre Follower sind sie Experten auf ihrem Gebiet, das heißt wenn sie etwas gutheißen oder empfehlen, hat ihre Meinung Gewicht.“

Die Agentur arbeitet unter anderem für Kunden wie Ritz-Carlton. „Obwohl die Follower in dieser Altersgruppe nicht zwingend über die finanziellen Mittel für eine Reise in ein solches Hotel verfügen, sehen wir sie als Kunden von morgen mit Multiplikatoreffekt. Ein Influencer tritt sozusagen als Markenbotschafter für eine Destination oder ein touristisches Unternehmen auf. Daher ist es wichtig, dass die Persönlichkeit des Influencers zum Unternehmen passt und ob er die Botschaft oder das Produkt glaubwürdig vermitteln kann.“

Hotelbewertungen verändern Reisepläne

Vor allem Bilder und Videos würden immer wichtiger. Kuminek sagt: „Etwa die Hälfte der Internetnutzer ändert ihre Reisepläne, wenn sie schlechte Hotelbewertungen online gelesen hat. Hotelkooperationen mit Bloggern sind nichts anderes als Erfahrungsberichte, die sich an einen breiten und/oder zielgruppengenauen Followerkreis wendet. Das ist ganz in unserem Sinne, solange die Posts authentisch, nachvollziehbar und gut geschrieben sind.“ Allerdings gibt es auch rechtlich klare Rahmen im Internet.

Influencer: Strafen für platte Werbung

Machen Influencer Werbung, muss sie so gekennzeichnet werden. Denn der Internet-User muss sehen können, ob für eine Meinung direkt gezahlt wurde.

Bar in der Business Class eines A380 von Emirates
Bar in der Business Class eines A380 von Emirates © Picture Alliance

Erst kürzlich musste ein Hamburger Youtuber deshalb eine Geldstrafe zahlen. Die Blogger von Simply Aviation bestehen darauf, dass sie selbst auf Fluggesellschaften zugehen, um ihre Test-Berichte zu machen. Allerdings sei es üblich, dass man sich bisweilen Flugtickets erstatten lässt, alle anderen Kosten allerdings selber trägt.

Das Netz hat die großen Fluggesellschaften und ihre Zielgruppen und Märkte noch weiter globalisiert als ohnehin. Von überall lässt sich auf Testberichte zugreifen, lassen sich Impressionen von den Begleiterscheinungen des Fliegens verbreiten. Die Sitze, das Essen, das Bord-Unterhaltungsprogramm, die Toiletten, die Amenity Kits (Kulturbeutel für Business-Passagiere), die Lounge am Flughafen – nichts, was nicht für alle Airlines im Videotest vorläge.

Lufthansa hat klare Regeln für Youtuber

Doch die Lufthansa hat klare Regeln, wie sie an Bord mit den Test-Freaks und ihren schnell gezückten Kameras umgeht. Vorher muss die Crew gefragt werden, jeder darf Nein sagen. Dasselbe gilt für die Passagiere, die alle ein Recht am eigenen Bild haben. Läuft es gut für die Youtuber, dürfen sie sogar vor allen anderen Fluggäste an Bord: Pre-Boarding heißt das.

Aus praktisch jedem Lufthansa-Flug gibt es mehrere Posts auf Twitter, Facebook oder Instagram, meistens private, belanglose Informationen. Die Macht der Blogger ist auch begrenzt, wie Marketing-Referent Florian Gnieser von der Lufthansa sagt. „Keine Airline baut ihr Marketing allein auf Influencern auf. Der Wettbewerb wird nicht allein in den sozialen Netzwerken entschieden.“