Hamburg. Planer reagieren auf Nachfrage mit kompakten Schnitten und mehr Apartments. Weniger Flächen zum Bauen. Stadt zahlt Zuschüsse.

Die Familie, die innenstadtnah auf 150 Quadratmetern lebt. Und der Alleinstehende, der in Winterhude 80 Quadratmeter bewohnt. Bisher ist das nicht außergewöhnlich. Doch jetzt könnten Wohnformen wie diese in Hamburg zum Auslaufmodell werden. Viele Immobilienexperten sagen voraus: Hamburgs Wohnungen werden im Schnitt kleiner.

Es wird enger in den Wohnungen

Kleinere Zimmer, weniger Gesamtfläche, dafür ausgefeilte Schnitte. Ein aktuelles Beispiel dafür ist das Holsten-Quartier in Altona. Projektentwickler Mathias Düsterdick, Vorstandsvorsitzender der Gerchgroup, will auf dem rund 86.500 Quadratmeter großen Areal der Bierbrauerei mit kleineren Wohneinheiten auf die veränderte Nachfrage reagieren.

„Aufgrund geringerer Flächenverfügbarkeiten müssen sich Bewohner der deutschen Metropolen und auch Projektentwickler zukünftig auf die Realisierung kleinerer Wohnungen einstellen, um der Nachfrage nach städtischem Wohnraum gerecht zu werden“, sagt Düsterdick. „Unseren Erfahrungswerten nach werden im Neubausegment kaum noch Wohnungen mit einer Fläche über 120 Quadratmetern realisiert. Zum einen aufgrund der steigenden Kosten sowohl für Eigentum als auch für die Miete. Zum anderen spielt die sinkende Flächenverfügbarkeit eine erhebliche Rolle.“

Jeder Quadratmeter zählt in den „Hanse Suites“ an der Gertigstraße
Jeder Quadratmeter zählt in den „Hanse Suites“ an der Gertigstraße © Adolf Weber | Adolf Weber

Zwar ließen sich mit kleineren Grundrissen auf einer begrenzten Grundfläche mehr Wohnungen entwickeln, sodass ein höherer Bedarf gedeckt werden könne. „Allerdings stellt sich hier die Problematik heraus, dass vor allem Familien mit mehreren Kindern räumlich an ihre Grenzen gelangen werden.“ Die Zielgruppe für kompaktere Wohnungen wächst stetig: alte Menschen, Pendler, Alleinstehende und Familien, die zentral wohnen möchten, aber sich die „XXL“-Altbauwohnung nicht mehr leisten können.

Kleiner mit mehr Zimmern

Die Stadt Hamburg fördert die neuen Bauformen: „Viele Familien bevorzugen etwas kleinere Wohnungen und dafür mehr Zimmer. Die Stadtentwicklungsbehörde unterstützt diesen Trend insbesondere in der Wohnungsbauförderung, weil kompaktere Wohnungen für geringverdienende Haushalte besser bezahlbar sind als Wohnungen, die großzügiger geschnitten sind“, sagt Magnus-Sebastian Kutz, Sprecher der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen. Demnach gebe es gesonderte Zuschüsse für besonders kleine Wohnungen. „Hintergrund ist, dass kleine Wohnungen höhere Kosten pro Qua­dratmeter verursachen, weil ja auch hier Küche und Bad eingebaut werden müssen“, sagt Kutz.

Auch Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), bestätigt den Trend: „Kleinere Wohnungen sowohl für Familien als auch für Singles spielen eine immer größere Rolle auf dem Hamburger Wohnungsmarkt. Weniger, aber intelligent genutzte Fläche ist auch ein Beitrag für mehr bezahlbare Wohnungen. Das wissen auch die Verbandsunternehmen und planen entsprechend“, sagt Breitner. „Wo es Sinn macht und von den Nutzern akzeptiert wird, werden auch Gemeinschaftsräume wie Waschküchen errichtet, um die Wohnung selbst zu entlasten.“

Hohe Nachfrage nach 50 bis 90 Quadratmetern

Setzt sich die neue Art zu planen und zu bauen durch, wäre der Trend zu immer größeren Wohnungen, wie er bis 2014 noch in den Statistiken abzulesen war, gestoppt. Das Bauunternehmen Otto Wulff sieht kleinere Wohnungen vor allem als Trend für Alleinlebende. „Es stellt sich die Frage, ob etwa die Zunahme der Zahl von Singlehaushalten mit ihrem größeren Pro-Kopf-Bedarf an Wohnraum unvermindert weitergehen kann. Hier kann oder muss es durchaus zum Sinken der Pro-Kopf-Fläche kommen“, sagt Geschäftsführer Stefan Wulff.

So sieht es auch der Projektentwickler Wohnbau und Projektentwicklung Hamburg GmbH (wph). „Der großzügige Flächenverbrauch der vergangenen Jahrzehnte hat sich deutlich reduziert. Inzwischen geht es für uns Projektentwickler häufig darum, so effizient zu planen, dass auch eine Vierzimmerwohnung bei unter 100 Quadratmetern liegt“, sagt Geschäftsführer Ole Klünder. Darüber hinaus würde der Trend auch zu kleineren Wohnungen zwischen 40 und 50 Quadratmetern gehen. Als Beispiel nennt Klünder das gerade in Bau befindliche Wohnprojekt „Leos“ an der Löwenstraße in Hoheluft-Ost, bei dem man überwiegend auf Zwei- bis Dreizimmerwohnungen zwischen 50 und 90 Quadratmetern gesetzt habe. „Die Nachfrage war und ist riesig“, sagt Klünder.

Wartelisten für Apartments

Den Trend bestätigen auch die Hamburger Projektentwickler von Adolf Weber GmbH. Mitarbeiter Pierre-Paolo Kallenbach verweist auf die Neubauprojekte „Hanse Suites“ an der Gertigstraße und an der Ohlsdorfer Straße. „Bei beiden haben wir zu einem großen Teil auf Studio-Wohnungen zwischen 18 und 35 Quadratmetern gesetzt“, sagt Kallenbach. „Die waren sofort weg.“

Auch der Projektentwickler GBI AG hat den neuen Wohntrend erkannt und vor wenigen Jahren die Sparte „Smartments“ gegründet. Auch er setzt damit auf kleinteiligere Wohneinheiten – nicht nur – aber auch für Studenten. Seitdem wurden unter anderem bereits 160 Studentenapartments am Hühnerposten gebaut, weitere 209 an der Borgfelder Allee. Am Schottweg in Hohenfelde sind nahe der Außenalster 60 im Schnitt 30 Quadratmeter große Apartments für Geschäftsleute und Pendler entstanden. „Sie waren zum Start der Vermietung 2014 sofort ausgebucht. Auch jetzt gibt es noch Wartelisten.“