Hamburg . Hamburger Unternehmer vermitteln über ihre Onlineplattform “Craftspace“ Spezialräume auf Zeit. Immer mehr Menschen setzen aufs Teilen.

Als Til Rochow mit zwei Freunden einen Foodtruck in Hamburg gründen wollte, fand er im Internet recht schnell einen geeigneten Transporter, der sich zum Imbisswagen umbauen ließ. Nach einem anderen Objekt musste er dagegen sehr lange suchen: einer Produktionsküche zur Vorbereitung von Hotdog-Soßen und Beilagen. „Wir haben das Internet durchforstet und sehr viel rumtelefoniert“, sagt der frühere Unternehmensberater. „Es war wahnsinnig aufwendig.“ Erst nach wochenlanger Suche wurde das Team fündig.

Doch aus der Not entstand eine weitere Geschäftsidee. Rochow wollte Gründern, wie er selbst einer war, die Suche nach Räumen erleichtern, die sie zur Umsetzung ihrer Ideen brauchen. „Den flexiblen Zugang zu Küchen, Werkstätten und Ateliers, ohne dafür einen langfristigen Mietvertrag eingehen zu müssen“, sagt er. Gemeinsam mit zwei ehemaligen Studienkollegen entwickelte der promovierte Wirtschaftswissenschaftler daraufhin die Onlineplattform Craftspace. Diese funktioniert wie eine Art Marktplatz. Seit Ende Januar können zum Beispiel Kleinunternehmer, Künstler und Hobbyhandwerker darüber Räume aus der Gastronomie, dem Handwerk und der Kreativwirtschaft mit entsprechender Ausstattung mieten und vermieten – von der Produktionsküche bis zur Tischlerwerkstatt. „Damit lösen wir das Problem von Gründern oder Hobbyisten, die kurzfristig nach Räumlichkeiten suchen“, sagt Mitgründer Robert Frisinger. „Gleichzeitig helfen wir Betrieben und Privatleuten, ihre Räume besser zu nutzen und zusätzliche Einnahmen zu erzielen“, fügt Christoph Lange, der dritte Mitgründer, hinzu.

Rochow, 35, Frisinger, 37, und Lange, 37, alle drei selbst Hobbytüftler, sind mit der Vermittlung von Küchen, Werkstätten und Ateliers auf Zeit Teil eines Trends, der sich seit einigen Jahren vor allem in Metropolen wie Hamburg durchsetzt: das Teilen. Diverse Car-Sharing-Anbieter haben sich längst etabliert, Firmen bieten Blusen und edle Kleider für einen Abend an, und Unternehmen verleihen gar Bohrmaschinen, Viermannzelte und Stichsägen. Auch das kurzfristige Vermieten von privaten Dachböden und Lagerflächen ist Teil dieser sogenannten Shareconomy. Ebenso wie das Teilen von Büroräumen, was sich Coworking nennt.

Craftspace erhält für die Vermittlungder Räume eine Provision

Die drei Start-up-Gründer sitzen im Kochatelier Oberfein, das sich an der Sillemstraße in Eimsbüttel versteckt. Küchenzeile, freistehende Anrichte, lange Holztafel, Sitzecke und helles Dekor – so dient das 111 Quadratmeter große Studio als Veranstaltungsraum, Foto- und Videokulisse. Das Oberfein ist einer von knapp 50 Räumen in Hamburg, Berlin und Bremen, die über Craftspace bereits zu finden sind. Die meisten davon in Hamburg. Jeden Tag kommen weitere hinzu. Denn die drei Unternehmer, von denen Rochow und Frisinger ihre alten Jobs aufgegeben haben, werben fleißig um neue Anbieter. „Wir laufen durch die Städte und sprechen mit potenziellen Vermietern“, sagt Lange, der in Bremen lebt und eine Filmproduktionsfirma in Berlin hat. Der persönliche Kontakt sei wichtig. „So kommen wir auch an Räume, die online sonst nicht zu finden sind, weil die Inhaber zum Beispiel keine eigene Webseite haben.“

Anika Eggers hat ihr Atelier Oberfein bisher ausschließlich selbst vermietet. Ab 350 Euro berechnet sie für die Nutzung pro Tag. Doch sich selbst um die Vermietung zu kümmern, bedeute auch viel Arbeit, sagt die Diplom-Designerin und Set-Stylistin. Craft­space sei da sehr praktisch. Zumal bei der Buchung über die Onlineplattform auch eine Versicherung greift. „Sollte in einem Raum etwas zu Bruch gehen und die bestehenden Versicherungen nicht greifen, sorgt unsere subsidiäre Haftpflichtversicherung für zusätzliche Sicherheit“, sagt Lange. Ziel sei es, die Vermittlung für Anbieter und Mieter so einfach wie möglich zu machen.

Die Buchung eines Raums ist für den Mieter nicht mit Extrakosten verbunden, ebenso wie die Profilerstellung für den Vermieter. Den Mietpreis legt der Anbieter selbst fest und muss eine Provision mit einkalkulieren, die Craftspace erhält. Die Höhe dieser Vermittlungsgebühr, wie sie auch bei anderen Onlineplattformen fällig ist, hängt dabei von der Höhe des Mietpreises ab. „Üblich sind im Bereich Kurzzeitmiete zehn bis 20 Prozent Provision. Uns ist ein faires, partnerschaftliches Modell wichtig. Daher positionieren wir uns eher im unteren Bereich“, so Rochow. Produktionsküchen in Hamburg sind zum Beispiel ab 150 Euro Tagesmiete zu finden, die günstigste Werkstatt kostet 50 Euro.

Zur Geschäftsgründung haben die drei 25.000 Euro und „viel Zeit“ investiert

Nutzer- oder Umsatzzahlen können die Unternehmer noch nicht nennen, dafür sei es noch zu früh. Nur so viel wissen sie: Ab etwa 500 Örtlichkeiten, die sie über ihre Plattform zur Vermittlung anbieten, würde sich das Geschäftsmodell für das Start-up rechnen. Doch so weit sind die drei noch nicht. „Ziel ist es zunächst, bis Ende März 100 Räume in Norddeutschland und Berlin auf unserer Plattform anzubieten und Craftspace dort bekannt zu machen“, sagt Frisinger, der zuletzt als Personalberater in Hamburg tätig war.

Für die Gründung ihrer GmbH haben die Jungunternehmer 25.000 Euro und „sehr viel Zeit“ investiert. „Wir sind auf der Suche nach einem Investor, der zur Jahresmitte bei uns einsteigt“, sagt Rochow. Zur Weiterentwicklung ihrer Idee wollen die drei zudem ihr Team vergrößern, die erste Mitarbeiterin ist bereits gefunden.

Warum man ihre Plattform nutzen sollte, dafür haben die drei zudem noch ein weiteres Argument. Durch das Teilen der Räume würden sich sowohl für Mieter als auch Vermieter schnell neue Ideen und Projekte entwickeln. Eine Idee gewonnen hat zum Beispiel auch Mitgründer Til Rochow. Er hat die passende Location für seine Hochzeitsfeier gefunden. Einen restaurierten ehemaligen Pferdestall in Bahrenfeld.