Hamburg. Das Scheppern der Metallboxen, die verladen werden, nervt Anwohner. Eine neue Idee soll die Dezibel-Zahl deutlich reduzieren.

Immer wieder beklagen sich Menschen über den Lärm im Hamburger Hafen. Und die Beschwerden nehmen zu, weil die Wohnbebauung immer näher an den Hafen heranrückt. Das Tuten der Schiffshörner ist dabei eher ein geringes Problem. Quietschende Kräne, dröhnende Motoren und scheppernde Container sind ein viel größeres. Zumindest für Letzteres bahnt sich offensichtlich eine Lösung an: Bei der Unikai Lagerei- und Speditionsgesellschaft, einem Tochterunternehmen der HHLA auf dem Kleinen Grasbrook, haben findige Mitarbeiter eine Idee für das leisere Be- und Entladen von Containern entwickelt.

Die Unikai hat gegenüber den reinen Containerterminals eine Sonderstellung. Hier werden sogenannte Roll- on-Roll-off-Schiffe abgefertigt. Das heißt: Die Güter werden an oder von Bord gefahren. Das sind viele Autos, häufig aber auch Container, die auf speziellen Anhängern (Trailern) von Zugmaschinen von Bord geholt werden.

Isomatten funktionierten nicht, Ohrenschützer nicht zulässig

Insbesondere leere Container geraten auf der Laderampe und auf Bodenunebenheiten am Kai (Gleise, Regenrinnen) heftig ins Hüpfen, dabei schlägt der Stahl des Containers auf den des darunterliegenden Chassis und sorgt für ohrenbetäubenden Krach. Die mit dem Lade- und Löschvorgang betrauten Unikai-Mitarbeiter sowie die Schiffsbesatzung sind davon unmittelbar betroffen. Doch auch in 100 Metern Entfernung wird das Scheppern noch als störend empfunden.

Die Trailerfahrer waren die ersten, die dagegen aufbegehrten. Sie verlangten Ohrenschützer. „Das geht aber nicht, da sie beim Rangieren auf Gefahren und Befehle von außen achten müssen“, sagt Johann Schertl, Chef des Fuhrparks am Unikai. Man habe dann versucht, Gummimatten zwischen Container und Fahrzeug zu klemmen, aber diese seien ständig verrutscht.

Praktisch zeitgleich erkannte Björn Fischer das Problem. Er ist für den Arbeitsschutz bei Unikai verantwortlich. „Wir brauchten eine Lösung, denn Messungen ergaben, dass die knallenden Container bei Spitzenbelastungen in fünf Meter Entfernung vom Fahrzeug einen Schalldruckpegel von 105 Dezibel erzeugten.“ Das entspricht dem Lärm einer Kettensäge, oder eines Disco-Lautsprechers neben dem man steht. „Wir versuchten es mit Dämmplatten aus Polyurethan – mit mäßigem Erfolg“, sagt Fischer. „Unter dem Gewicht der Container zerbrachen die Kunststoffplatten.“

Interesse anderer Häfen ist bereits groß

„Volle Container wiegen bis zu 31 Tonnen, das hielten die Dämpfer nicht aus“, sagt Tino Klemp, stellvertretender Betriebsleiter des Containerumschlags am Unikai, dem die Tests seiner Mitarbeiter nicht verborgen geblieben waren. „Da die Platten fest verschraubt sind, können wir auch nicht ständig zwischen Trailerfahrten mit leeren und vollen Containern wechseln.“

Schließlich stieß Arbeitsschützer Fischer auf ein Unternehmen, dass mit Eisengittern verstärkte Polyurethanplatten anbot. Und die haben sich bewährt. „Die kosten nur 13 Euro pro Stück, halten acht bis zehn Monate und dämpfen den Lärm um 20 Dezibel.“ In Spitzen entsteht jetzt nur noch ein Geräusch von 85 dB(A). Das entspricht dem normalen Straßenlärm aus fünf Meter Entfernung.

Den Mitarbeitern an der Pier ist die Veränderung sofort aufgefallen. „Die Reederei Grimaldi hat schon bei uns angefragt, ob man solche Lösungen nicht auch in anderen Häfen nutzen kann. Wir laden jeden ein, sich das anzuschauen. Denn wir haben nichts zu verbergen“, sagt der stellvertretende Betriebsleiter Klemp. „Viele europäische Häfen bemühen sich derzeit darum, ihre Lärmemissionen zu senken. Da kann unsere Erfindung helfen.“

„Signal Iduna Umwelt- und Gesundheitspreis der Handwerkskammer Hamburg“

Überzeugt haben die Hafenarbeiter bereits jetzt die Versicherung Signal Iduna und die Handwerkskammer Hamburg. Die beiden Institutionen zeichneten Unikai am Donnerstag mit dem „Signal Iduna Umwelt- und Gesundheitspreis der Handwerkskammer Hamburg“ aus. Dieser wurde bereits zum 17. Mal verliehen und prämiert Ideen zum Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutz vor allem von mittelständischen Unternehmen. Rolf de Vries, Beauftragter für Umweltschutz und Arbeitssicherheit der Handwerkskammer sagte in seiner Laudatio: „Die Preisträger haben etwas gefunden, das sich schnell umsetzen lässt und damit zur Nachahmung empfohlen ist. Durch Lärm hervorgerufene Beeinträchtigungen waren schließlich 2013 die Nummer eins der Berufskrankheiten.“ Unikai habe gezeigt: „Auch einfache Ideen lösen komplexe Probleme und Gefährdungen.“

Weitere Preisträger waren der Eisenbahnbauverein Harburg, über dessen Konzept zur Gebäudesanierung das Abendblatt bereits berichtete, sowie ein Unternehmen aus Greifswald, das ein inzwischen zugelassenes Gerät zur Wundheilung mit kaltem Plasma entwickelt hat. „Die ausgezeichneten Initiativen haben Modellcharakter für Betriebe und Branchen und setzen Impulse, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern“, sagte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks.