Hamburg. Logistikunternehmen Carl Robert Eckelmann wird 150 Jahre alt. Ein Gespräch mit dem Vorstandschef über den Hafen und Olympia.
Die traditionsreiche Hafenfirma Carl Robert Eckelmann feiert am Freitag im Hafen-Klub Hamburg ihr 150-jähriges Bestehen. Das Abendblatt sprach mit Vorstandschef Robert Eckelmann über den Wandel der Branche, die Olympia-Pläne Hamburgs und die Zukunft des Unternehmens, das Waren und Container innerhalb des Hafens transportiert.
Hamburger Abendblatt: Herr Eckelmann, 150 Jahre sind eine lange Zeit. Wie würden Sie die Entwicklung Ihres Unternehmens zusammenfassen?
Robert Eckelmann: Ganz kurz. Wir haben vieles erreicht.
Und etwas ausführlicher?
Eckelmann: Angefangen haben unsere Vorfahren als Tagelöhner im Hafen, die mit Muskelkraft und Staaken ihre Kähne durch den Hafen bewegt haben. Mit Zunahme der Warenströme reichte Muskelkraft nicht mehr aus, und die Schiffe wurden motorisiert. 50 Tonnen konnten die Lastkähne damals tragen. Heute haben wir eine Flotte von 140 Schiffen die jeweils bis zu 2200 Tonnen bewegen können.
Das Logistikunternehmen Carl Robert Eckelmann
Wann sind Sie ins Unternehmen eingestiegen?
Eckelmann: Das war 1975. Damals gab es 20 Ewerführereibetriebe im Hafen. Heute sind es noch zwei.
Was ist in der Zwischenzeit passiert?
Eckelmann: Wie so viele Bereiche im Hafen hat auch der Binnenschiffstransport einen Konzentrationsprozess erlebt. Das Geschäft mit Schuten und Leichtern galt nicht als besonders sexy. Jedenfalls haben wir mehrere Familienunternehmen übernommen, die ohne Nachfolger dastanden.
Sie glauben aber weiter an das Geschäft?
Eckelmann: Aber natürlich! Die Bedeutung des Wassertransports im Hafen wird zunehmen. Die Kapazitäten des Warentransports auf Straße und Schiene sind begrenzt. Die Hafenfrachtschifffahrt wird eine Renaissance erleben – wir nutzen gegenwärtig unsere Wasserwege im Hafen viel zu wenig. Zudem setzt sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass die Transportvariante per Schiff viel weniger umweltschädlich ist als der Lkw. Das hat ja auch der rot-grüne Senat erkannt und die Förderung des Wassertransports für Hafenumfuhren extra ins Regierungsprogramm aufgenommen.
Konkrete Maßnahmen hat der Senat aber noch nicht ergriffen.
Eckelmann: Das stimmt, ist aber auch verständlich, da die Politik im Moment mit Olympia und der Flüchtlingssituation ganz andere Probleme zu lösen hat.
Wie stehen Sie denn überhaupt zur Olympia-Bewerbung?
Eckelmann: Das ist ohne Zweifel eine große Chance für Hamburg. Das sehen sicher die meisten Hafenunternehmer so. Voraussetzung ist aber die Schaffung adäquater Ersatzflächen für die betroffenen Betriebe die vom Kleinen Grasbrook umziehen müssen und Betriebe dürfen nach einer Verlagerung wirtschaftlich nicht schlechter gestellt sein. Unser Hafen opfert ersatzlos eine Million Quadratmeter Hafenfläche damit Olympia verwirklicht werden kann – dieses Anliegen der Hafenwirtschaft ist sicher jedem verständlich. Es geht auch um die Erhaltung von Arbeitsplätzen für unsere Mitarbeiter. Die derzeit vorliegende Olympia-Planung hat aber einen zentralen Fehler.
Nämlich?
Eckelmann: Um die Verlagerung der betroffenen Hafenfirmen vom Kleinen Grasbrook in das Gebiet vom Central Terminal Steinwerder CTS durchzuführen braucht man den dort befindlichen Travehafen nicht zuzuschütten wie es die Stadt plant. Landflächen für die Verlagerung sind im mittleren Freihafen mehr als ausreichend vorhanden. Dieser große Binnenhafen in der Mitte des Hafens ist die zentrale Wasserfläche für eine wachsende effektive und moderne Transportlogistik auf dem Wasser – die Lage ist auch für unsere Container-Taxis unverzichtbar. Die Zuschüttung steht im krassen Widerspruch zur Ankündigung des Senats, Transporte auf dem Wasser voran- bringen zu wollen. Ich hoffe, dass man die Verantwortlichen noch umstimmen kann und die Stadt die Planung ändert. Eine Zuschüttung des Travehafens würde man in absehbarer Zeit bereuen – da bin ich mir sicher.
Ihr Unternehmen ist ja selbst von Verlagerungen betroffen, Ihre Schuten liegen im Segelschiffhafen am Nordende des Kleinen Grasbrooks. Gibt es für Sie schon eine Lösung?
Eckelmann: Man hat uns eine gleich große Wasserfläche im Hansahafen angeboten. Wir sind aber noch in Gesprächen. In unmittelbarer Nähe soll nämlich Wohnbebauung stattfinden. Ich weiß nicht, ob sich das verträgt. Das ist alles ein sehr komplexer Prozess, und ich hoffe nur das sich der Senat und die Verwaltung bei der enormen Doppelbelastung derzeit nicht übernimmt.
Wie meinen Sie das?
Eckelmann: Eines muss allen klar sein: Oberste Priorität muss allein schon aus humanitären Gründen die Unterbringung und Integration der Flüchtlinge in Hamburg haben. Das ist ein gesellschaftspolitisches Mammutprojekt. Bei Olympia und den Paralympics geht es am Ende doch nur um eine Sportveranstaltung von zweimal 16 Tagen.
Was kann denn der Hafen leisten, um das Problem in den Griff zu bekommen?
Eckelmann: Die Hamburg Port Authority ist aufgefordert worden, Flächen im Hafen zu identifizieren, die sich zur Unterbringung von Flüchtlingen eignen. Davon halte ich nicht viel. Man darf diese Familien mit ihren Kindern nicht isoliert mitten im Industriegebiet und zwischen Containerterminals unterbringen. Das ist keine kluge Integration. Wir können aber anders helfen. Wir Hafenunternehmen sind international aufgestellt. Ich glaube wir sind in besonderer Weise dazu aufgefordert, Menschen aus anderen Teilen der Welt Ausbildungs- oder Arbeitsplätze anzubieten. Wobei ich übrigens davon ausgehe, dass ein gewisser Teil der Flüchtlinge in die Heimatländer zurückkehren wird, wenn sich die politische Situation vor Ort stabilisiert hat.
Was würde der Gründer ihres Unternehmens, Cordt Eckelmann sagen, wenn er das Hamburg von heute sehen könnte?
Eckelmann: Er wäre begeistert von den heutigen Möglichkeiten der Logistik. Er würde sich über die Entwicklung des Hafens freuen. Und er wäre stolz auf das, was seine Familie aus seinem Erbe gemacht hat. Wir haben aus einer kleinen Ewerführerei ein breit aufgestelltes Dienstleistungsunternehmen gemacht, mit Transportlogistik, Entsorgung und dem Kessel- und Güterwagenservice für die gesamte Bahnindustrie. Mein Vater hat die Containerschifffahrt mit angeschoben und nach Hamburg geholt. Die Entwicklung des Hafens ist mit dem Namen Eckelmann verbunden.
Was würde Ihren Urahn ärgern?
Eckelmann: Dass so viele Wasserflächen im Hafen zugeschüttet werden, und dass der Wassertransport nicht bei allen Politikern die Aufmerksamkeit hat, die er verdient.
Wie geht es mit Ihrem Unternehmen weiter? Gibt es eine sechste Generation, die es fortführen will?
Eckelmann: Ich habe einen Sohn und eine Tochter, die die Möglichkeit haben in meine Fußstapfen zu treten. Wir haben eine Absprache: Sie müssen mir selbst signalisieren, wann sie glauben, dass für sie die Zeit gekommen ist. Beide Kinder sind unternehmerisch veranlagt, sind sehr tüchtig und mit dem Unternehmen eng verbunden.
Wird es den Hamburger Hafen in 150 Jahren noch geben?
Eckelmann: Ganz sicher. Hätten Sie unseren Gründer vor 150 Jahren gefragt, hätte er das genau so gesagt. Der Hafen wird auch weiter wachsen, weil die Stadt wächst. Damit meine ich nicht nur den Containerumschlag. Sondern ich sehe den Hafen als Wachstumsstandort für die Industrie. Da ist noch viel Potenzial. Und ehrlich gesagt: Ohne ihren Hafen kann ich mir diese Stadt nicht vorstellen.
Im Jahr 1865 legte Cordt Eckelmann mit dem Bau eines eigenen Lastkahns aus Holz den Grundstein für das Familienunternehmen Carl Robert Eckelmann. Die Firma wird in fünfter Generation von Robert Eckelmann geführt. Das Kerngeschäft ist der Waren- und Containertransport innerhalb des Hafens auf Schuten und Leichtern. Zudem ist das Unternehmen im Industrieservice tätig und betreibt eine Güterwagenreparatur. Die Firma ist aber auch Keimzelle für Europas größten privaten Terminalbetreiber Eurokai, der von Roberts Bruder Thomas Eckelmann geführt wird. Deren Vater, Kurt Eckelmann hat das Unternehmen 1961 gegründet und gilt als Miterfinder des Containertransports.