Hamburg. Reederei-Präsident Felix Eichborn spricht über größere Schiffe mit besserer Umwelttechnik und über Vorwürfe, die Reederei zahle schlecht.

Felix Eichhorn, 35, ist seit knapp zwei Wochen Präsident von Deutschlands größter Kreuzfahrtreederei AIDA Cruises. In seinem ersten Interview, das er exklusiv dem Abendblatt gegeben hat, berichtet Eichhorn über Unternehmensstrategien, die aktuelle Situation für Kreuzfahrer in Hamburg und die angeblich so schlechte Bezahlung an Bord.

Hamburger Abendblatt: Sie sind erst seit Kurzem AIDA-Chef, aber schon lange im Unternehmen. Was wollen Sie anders machen als ihre Vorgänger?

Felix Eichhorn: Ich bin tatsächlich seit mehr als 15 Jahren dabei. Und ich habe die rasante Entwicklung im Unternehmen miterlebt. Als ich bei AIDA anfing, hatte das Unternehmen ein Schiff und etwa 100 Mitarbeiter an Land. Heute sind es zehn Schiffe und 1000 Mitarbeiter an Land. Aber wir sind schon wieder auf dem Sprung in eine neue Zeit. Mit der „AIDAprima“ und dem noch nicht benannten Schwesterschiff, die 2016 kommen, sowie den beiden jüngst bestellten Schiffen, die wir 2019 erwarten, hat das Thema Wachstum für unser Unternehmen in den kommenden fünf Jahren eine ganz andere Bedeutung.

Inwiefern?

Eichhorn: Es werden eine Reihe von unternehmerischen Entscheidungen zu treffen sein, beispielsweise auch bei der Frage, wie wir neue Gäste für unser Unternehmen gewinnen können.

Was sollen denn das für Gäste sein?
AIDA ist ja gerade dafür bekannt, dass es seine Kunden aus den breiten Bevölkerungsschichten generiert.

Eichhorn: Ja, aber genau da setzen wir an. Es ist noch nicht lange her, da war eine Kreuzfahrt der große Jahresurlaub, den man sich gegönnt und auf den man gespart hat. Mit den neuen Angeboten einer siebentägigen Rundreise in Europa kann so eine Kreuzfahrt auch etwas für den Zweiturlaub im Frühjahr und Herbst sein. Das heißt natürlich nicht, dass wir den großen Traumurlaub nicht weiterhin anbieten.

Die Schiffe, die sie 2016 erhalten, werden sogar von Umweltschützern gelobt. Geht ihr ökologisches Engagement weiter?

Eichhorn: Ja, auf jeden Fall. Und wenn Sie schon nach den Schwerpunkten meiner Führung fragen, dann wird der Umweltschutz dazugehören. Wir sind in der Urlaubsbranche aktiv. Wir bieten Reisen in wunderschöne Landschaften, da ist es unser ureigenstes Interesse, diese zu erhalten. Nur dann können wir dorthin auch weiter erfolgreich Kreuzfahrten verkaufen. Die „AIDAprima“ wird mit Motoren ausgestattet sein, die auch mit Flüssigerdgas betrieben werden können. Hinzu kommt ein System, das Luftblasen unter dem Schiffsrumpf erzeugt, womit der Reibungswiderstand minimiert wird. Das senkt den Treibstoffverbrauch noch einmal erheblich. Mit all diesen Techniken haben wir uns in der Branche in Sachen Umwelt eine Marktführerschaft erarbeitet. Und die wollen wir verteidigen. Deshalb wird die nächste Generation an Schiffen ab 2019 dann mit eigenen Gas-Tanks ausgestattet sein. Damit vermeiden wir Emissionen fast vollständig, auch auf See.

Und was ist mit der Größenentwicklung?

Eichhorn: Die Schiffe werden mehr und mehr selbst zur Destination. Wir sehen es als einen logischen Schritt an, dass wir auf größeren Schiffen unseren ­Gästen auch mehr bieten können. Die „AIDAprima“ hat beispielsweise mehr Restaurants, als man auf einer siebentägigen Rundreise besuchen kann.

Also werden Sie am Ende auch mehr Passagiere befördern?

Eichhorn: Das ist richtig. Die neuen Schiffe werden Platz für 3800 Passagiere bieten. Die nächste Generation 2019 dann für 5000 Passagiere. Und um auf unser vorangegangenes Thema zurückzukommen: Große Schiffe sind ökologischer und sparsamer als kleine. Wir bieten aber weiterhin die ganze Bandbreite an großen und kleinen Schiffen an.

Bleibt die Frage, woher Sie das Flüssigerdgas für die Schiffe bekommen.

Eichhorn: Also erst einmal muss der Treibstoff selbst vorhanden sein. Und den gibt es. Wie man ihn dann in die Häfen und an die Schiffe bringt, ob über eine Barge, per Lkw oder eine feste Leitung, ist eher zweitrangig.

Wollen Sie Ihre Schiffe auch in Hamburg betanken? Hier fehlt es derzeit ja noch an der Infrastruktur.

Eichhorn: Wir sind mit vielen Häfen im Gespräch, darunter auch mit Hamburg.

Wie gut läuft das dritte Kreuzfahrtterminal in Hamburg?

Eichhorn: Wir haben seit Mai diverse Anläufe gehabt, und die ganze Abwicklung läuft gut. Was aber noch fehlt, ist eine vernünftige Anbindung, die die Passagiere auf der Wasserseite in die Innenstadt bringt. Aber die soll ja 2016 kommen. Wir sind auch in Gesprächen mit der Bahn, ob man Passagiere für das Terminal in Steinwerder sinnvollerweise in Harburg aussteigen lässt. Dazu müssen die Züge aber dort halten.

Anders als der Anleger in der HafenCity und der in Altona hat das dritte Terminal aber noch keine Anlage für eine umweltverträgliche Stromversorgung.

Eichhorn Auch da sind wir in Gesprächen mit der Stadt. Wenn wir die ­„AIDAprima“ hierherbringen, wollen wir sie natürlich auch am Kai mit Flüssiggas versorgen. Wie das geschehen soll, da sind wir flexibel. Das muss Hamburg entscheiden.

Kürzlich tauchte der Tariflohn für einen einfachen Steward auf, der bei Ihnen nur 1,28 US-Dollar pro Stunde verdienen soll. Zahlen Sie wirklich nur so wenig?

Eichhorn: Nein. Das ist sehr viel differenzierter. Wir haben Mitarbeiter aus 42 Nationen an Bord. Wir haben Verträge mit Gewerkschaften, die die Arbeit weltweit per Tarifvertrag regeln. Diese Verträge berücksichtigen auch die Lebenshaltungskosten in den Herkunftsländern der Mitarbeiter. Wir sind ein wachsendes Unternehmen und deshalb auf eine zufriedene Crew angewiesen. Viele Mitarbeiter sind zehn, 15 Jahre bei uns, weil sie mit unserer Bezahlung zufrieden sind und mit den Lebensbedingungen an Bord.