Hamburg. Nordsee, Baltikum und Karibik sind beliebte Reiseziele. Die neuesten Trends gibt es ab heute in Hamburg bei der Messe Seatrade Europe.
Wer seinen Urlaub auf See verbringen will, muss bei der Buchung künftig tiefer in die Tasche greifen. Die durchschnittlichen Preise für Kreuzfahrten werden im kommenden Jahr um etwa zwei bis drei Prozent steigen. In ähnlichem Umfang hätten die Preise bereits in den vergangenen zwei Jahren angezogen, sagte der Deutschland-Chef des internationalen Verbands der Kreuzfahrtwirtschaft CLIA, Michael Ungerer, im Vorfeld der Kreuzfahrtmesse Seatrade Europe, die heute in den Messehallen startet.
6,4 Millionen Europäer waren 2014 auf Kreuzfahrt
Grund für den Preisanstieg sei die starke Nachfrage, sagte Ungerer. Ganz Europa sei im Kreuzfahrtfieber. „6,4 Millionen Europäer unternahmen im vergangenen Jahr eine Kreuzfahrt – 30.000 mehr als im Vorjahr“, so der neue Asien-Chef der amerikanischen Carnival-Gruppe. Deutschland sei mit seinen knapp 1,8 Millionen Passagieren und einem Marktanteil von 28 Prozent Europameister. Der heimische Kreuzfahrtmarkt habe im vergangenen Jahr Großbritannien auf Platz zwei verdrängt. „Ich bin sicher, dass wir 2016 hierzulande die Zwei-Millionen-Marke knacken werden“, so Ungerer.
Auch das Reiseverhalten der deutschen Kreuzfahrturlauber ist im Wandel: Nordseeraum und Baltikum haben das Mittelmeer als beliebteste Nahdestination abgelöst. In mittlerer Entfernung seien die Arabischen Emirate sehr beliebt. Fernreisen verbringen die deutschen Kreuzfahrer Ungerer zufolge am liebsten in der Karibik. Immer mehr werden die Kreuzfahrtschiffe aber selbst zur Destination. Die Wertschöpfung der Branche ist in Deutschland laut CLIA um 6,3 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro gestiegen.
Besonderes Merkmal des deutschen Kreuzfahrturlaubers: „Er ist sehr treu. „Hat er für sich das richtige Angebot gefunden, bleibt er dabei“, sagte Ungerer. Ähnliches gilt einer neuen Studie zufolge aber für die ganze Branche: Zwei Drittel derjenigen, die einmal eine Kreuzfahrt gemacht haben, buchen gerne wieder Seereisen.
Werften profitieren von dem Boom
Von dem Boom profitiert auch die Werftindustrie: 28 Schiffe mit einem gesamten Auftragswert von 15 Milliarden Euro haben europäische Werften bis 2018 in den Büchern. Auch im Kreuzfahrtschiffbau nimmt Deutschland bei den Umsätzen für Neubau sowie Schiffsüberholungen den ersten Platz ein und liegt damit vor Italien. Die deutschen Werften erwirtschafteten mit dem Bau rund 1,2 Milliarden Euro, die Schiffsüberholungen brachten rund 450 Millionen Euro ein. Die deutschen Werften werden bis 2018 planmäßig sieben weitere Schiffe im Wert von 5,1 Milliarden Euro bauen.
Weiteren Schub erhofft sich die Branche durch die Seatrade selbst. „Diese Messe ist die international bedeutendste Fachmesse der Kreuzfahrtbranche außerhalb der USA. Hier werden in intensiver Arbeitsatmosphäre Erfahrungen ausgetauscht, Trends ausgelotet und Geschäfte gemacht“, sagte Bernd Aufderheide, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hamburg Messe.
Bis einschließlich Freitag präsentieren hier 250 Aussteller aus mehr als 50 Nationen ihre Produkte und Dienstleistungen rund um die Kreuzschifffahrt. Zahlreiche Unternehmen sind das erste Mal dabei. Parallel dazu findet ein Fachkongress mit rund 600 Delegierten aus aller Welt statt, darunter die Vorstandschefs vieler namhafter Reedereien wie MSC, TUI Cruises, Hapag-Lloyd Cruises, Royal Caribbean und Costa Crociere.
Ein Schwerpunkt ihrer Gespräche werden Neuerungen beim Innendesign der Schiffe sein. Heutige Trends im Hoteldesign werden sich zukünftig an Bord vieler Kreuzfahrtschiffe wiederfinden. Suiten an Bord sollen mehr Wohncharakter und Individualität erhalten, heißt es. Ein eigener Workshop wird sich mit dem Thema befassen. Auf einer weiteren Konferenz beraten Experten dann über neue Umwelttechniken zur Minimierung schadstoffhaltiger Schiffsabgase.
30 Prozent mehr Flusskreuzfahrten in 2014
Zweiter Schwerpunkt wird in diesem Jahr die Flusskreuzfahrt. Auch sie ist der Interessengemeinschaft RiverCruise zufolge im Aufwind. „Wir haben 2014 weltweit erstmals eine Million Passagiere gezählt. Das ist ein Zuwachs von 30 Prozent“, sagte Daniel Thiriet Vizepräsident der IG RiverCruise. „Auch im kommenden Jahr erwarten wir eine Steigerung um 30 Prozent.“ Hier haben wiederum deutsche Urlauber die Nase vorne – gefolgt von den US-Amerikanern.
41 Prozent der Reisen erfolgen entlang der Donau, gefolgt vom Rhein mit seinen Nebenflüssen mit einem Anteil von 30,4 Prozent. Insgesamt arbeiten 15.300 Menschen in der Branche, davon 11.000 an Bord. Probleme bereiten den Flusskreuzfahrten laut Thiriet niedrige Wassertiefen im Sommer, nicht ausgebaute Schifffahrtswege sowie ein begrenztes Platzangebot an den Anlegestellen sowie im Fahrwasser. „An einem Sonnabend kann es schon einmal passieren, dass bis zu 45 Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig in Passau ablegen wollen“, sagte Thiriet.