Hamburg. Terminalunternehmen zieht gegen Behörde HPA vor Gericht und bekommt Recht. Doch ob gebaggert wird, ist weiter unklar.

An der Kaimauer liegen riesige Berge voll mit Kohle und Erz. Der Hansaport am Sandauhafen ist Deutschlands größter Umschlagsterminal für Schüttgüter mit einer Wassertiefe von mehr als 15 Metern, so preist die HHLA ihr Tochterunternehmen auf ihrer Internetseite an. Doch derzeit kann der Hansaport dieses Versprechen nicht halten. Riesige Mengen an Schlick haben sich in dem Hafenbecken abgesetzt, so dass die Wassertiefe auf 13,50 Meter geschrumpft ist. Grund dafür ist, dass die Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) den Sandauhafen nicht ausbaggert.

Dem Geschäftsführer des Hansaports, Erhard Meller, reicht es jetzt. Er hat die HPA verklagt und eine einstweilige Anordnung auf Herstellung der vertraglich zugesicherten Wassertiefe erwirkt. Das bestätigte ein Gerichtssprecher dem Abendblatt. „Das Landgericht Hamburg hat Anfang dieser Woche eine einstweilige Verfügung zu Baggerarbeiten im Sandauhafen erlassen“, sagte er. Dreimal hatte Meller zuvor die HPA auf das Problem in seinem Hafenbecken hingewiesen. Ohne Erfolg. Am 14. August war er deshalb vor Gericht gezogen. Jetzt muss die Hafenbehörde eigentlich baggern.

Aber nicht nur im Sandauhafen. Auch andere Terminals haben nämlich das Problem, dass sich in den Liegewannen für die Schiffe an ihrer Kaimauer Schlick abgesetzt hat, der derzeit nicht abgebaggert wird. „Fakt ist, dass wir an verschiedenen Stellen im Hafen eine vermehrte Sedimentablagerung feststellen“, sagt Ina Luderer, Geschäftsführerin des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH). „Die Abweichungen von den vereinbarten Wassertiefen betragen zwischen einem halben Meter und zwei Metern.“

Leitartikel: Der Hamburger Hafen ist in Gefahr

Inzwischen sei die Situation so prekär, „dass es schon schwierig wird, Schiffe abzufertigen.“ Der Verband sei deshalb in Gesprächen mit der HPA und der zuständigen Wirtschaftsbehörde, damit Maßnahmen gegen das Pro­blem ergriffen werden. „Und zwar kurzfristig“, wie Luderer sagt.

Bereits am Vortag hatte das Abendblatt berichtet, dass die Königin der Meere, das Kreuzfahrtschiff „Queen Mary 2“, zu den Cruise Days wegen zunehmender Verschlickung nicht wie vorgesehen in der HafenCity festmachen kann. Sie wird nun nach Steinwerder umgeleitet.

Die HPA will sich zu dem Richterspruch für den Hansaport nicht äußern. Er bringt sie aber in die Bredouille. Denn ihre Vereinbarungen mit den Hafenunternehmen zu Unterhaltung der Wassertiefen ist das eine. Zugleich hat sie auch eine Vereinbarung mit der Umweltbehörde, die es ihr derzeit verbietet, Baggergut an einen anderen Ort umzulagern. Schlick aus dem Hafen wird von der HPA normalerweise bei Neßsand auf Hamburger Stadtgebiet in die Elbe geschüttet. Doch ein großer Teil der Sedimentfracht wird im Wechsel der Gezeiten stromaufwärts transportiert und lagert sich wieder in den Hafenbecken ab.

Der HPA sei das Problem mit den Wassertiefen bekannt, sagte HPA-Geschäftsführer Wolfgang Hurtienne. Es gebe aber gesetzliche Vorgaben zum Gewässerschutz, welche einzuhalten seien. Deshalb habe die HPA mit der Umweltbehörde 2012 ein Handlungskonzept für die Umlagerung von Baggergut vereinbart. Dazu zählt, dass zwischen April und Oktober keine Sedimente nach Neßsand umgelagert werden dürfen. Zudem darf der Sauerstoffgehalt bestimmte Grenzen nicht unterschreiten, und die Wassertemperatur muss unter einem bestimmten Wert liegen. Mit Blick auf diese Vereinbarung verhalte sich die HPA derzeit gesetzeskonform, sagte Hurtienne zum Thema Schlick. Und er fügte hinzu: „Im Moment sind uns bei den Baggerarbeiten die Hände gebunden.“

Gleichwohl räumte er ein, dass es Gespräche mit der Umweltbehörde gebe, mit dem Ziel, bereits früher wieder baggern zu können. Bisher allerdings ohne Ergebnis. „Glauben Sie mir, die Situation lässt uns nicht kalt“, sagte Hurtienne. „Wir versuchen alles, um die Kunden des Hamburger Hafens zu entlasten.“ Er verwies zudem auf die Gespräche der HPA mit der Schifffahrtsverwaltung des Bundes, mit den Ländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie mit der Hafenwirtschaft, Fischern und Umweltverbänden, um eine nachhaltige Lösung für die Sedimentablagerungen zu finden.

Arbeitsgruppe soll dauerhafte Lösung für das Problem finden

Dazu gehöre auch die Überlegung, im kommenden Jahr mehr Schlick in die Nordsee zu bringen, um den Kreislauf zu durchbrechen, in dem sich immer wieder Sediment im Hafen ablagert, das zuvor nach Neßsand gebracht worden ist. Anders verhält es sich mit dem Schlick, der aus dem Fahrwasser der Elbe (Bundeswasserstraße) gebaggert wird. Dieser darf nach einer Vereinbarung mit Schleswig-Holstein in der Nordsee bei Tonne E3, rund 25 Kilometer nordwestlich von Scharhörn, umgeladen werden. Und zwar auch im Sommer, obgleich hier das gleiche Umweltrecht gilt wie im Hafen. Ist die Umweltbehörde etwa zu streng?

Die Hafenwirtschaft pocht jedenfalls darauf, dass schnell gebaggert wird. „Mit unseren Betrieben geschlossene Verträge müssen eingehalten werden. Wie die HPA dem nachkommt, das haben wir nicht zu entscheiden“, sagt Ina Luderer vom UVHH. „Man kann niemanden zu etwas zwingen, was er nicht darf“, sagt hingegen Hurtienne.