Hamburg. Zwei Hamburger wollen den Markt für vegane Lebensmittel aufmischen. Zur Finanzierung sammeln sie nun Geld im Internet.

Patrick Gleich ist die Spannung anzumerken. „Na, wie finden Sie es?“, fragt der 29 Jahre alte Hamburger, während er seinem Gegenüber eine weiße, cremige Masse in einem Probiergläschen reicht. Wie ganz gewöhnlicher Joghurt schmeckt das Produkt, vielleicht eine Spur süßer als gewohnt. Nur die leichte Getreidenote verrät, dass dieser Joghurt nicht aus Milch hergestellt wurde, sondern aus einem ganz anderen, rein pflanzlichen Nahrungsmittel: Reis.

Mit ihrem selbst entwickelten Reisgurt wollen Jungunternehmer Gleich und sein Geschäftspartner Rocky Wüst, 33, in den kommenden Jahren den Markt für vegane Lebensmittel aufmischen. Noch besteht ihre kleine Firma „Brüder Gleich“ aus kaum mehr als einem kargen Büro an der Poststraße in der Hamburger City. Doch schon im August soll die Produktion des neuartigen Joghurts bei einem Partner in Mecklenburg-Vorpommern anlaufen. 100.000 Becher jährlich wollen die Hamburger absetzen, der in speziellen Märkten wie Veganz in Altona, aber auch in großen Supermarktketten im Regal stehen soll.

„Der Markt für vegane Lebensmittel wird immer größer, viele Menschen suchen aus ethischen, aber auch aus gesundheitlichen Gründen nach Alternativen zu tierischen Produkten“, sagt Rocky Wüst. Die gängigen Joghurt-Varianten wie etwa Produkte auf Sojabasis seien aber ebenfalls problematisch, da der Rohstoff gentechnisch verändert sein könne und bei einigen Menschen Allergien auslöse. Außerdem sei es den etablierten Herstellern der Alternativprodukte nur bedingt gelungen, den tatsächlichen Geschmack von gewöhnlichem Joghurt nachzuahmen.

Hamburger wollen eine Lücke füllen

Diese Lücke wollen die Hamburger nun mit ihrem innovativen und nach eigenen Angaben sogar einzigartigem Produkt füllen. Entwickelt wurde der Reisgurt ursprünglich von Patrick Gleichs Stiefvater Christophe Favrot. Der gebürtige Franzose und Doktor der Mikrobiologie war lange für große Lebensmittelunternehmen tätig, bevor er sich dazu entschloss, aus der Konzernwelt auszusteigen. In seinem Heimatdorf La Feuillée in der Bretagne tüftelte der passionierte Erfinder jahrelang, um aus Reis, Wasser und Milchsäurebakterien eine schmackhafte Alternative zum klassischen Joghurt zu entwickeln. Das Endprodukt vertrieb er in kleinem Umfang auf Wochenmärkten in der Umgebung.

„Wir waren der Meinung, dass in der Erfindung ein viel größeres Potenzial steckt und dass insbesondere in Deutschland ein großes Interesse daran bestehen könnte“, sagt Patrick Gleich. Daher habe er sich zusammen mit Rocky Wüst, den er 2013 auf einem Gründerseminar kennenlernte, dazu entschlossen, den Reisgurt in der Bundesrepublik in großem Stil auf den Markt zu bringen.

Gemeinsam suchten die Jungunternehmer nach einem Produktionspartner in der Bioszene, knüpften parallel dazu erste Kontakte zu den großen Lebensmittelketten und erarbeiteten eine moderne Verpackung für den Reisgurt. Hergestellt wird er nun voraussichtlich in Lohnproduktion bei einem Ökobetrieb in Mecklenburg-Vorpommern, dessen Namen die Unternehmenschefs aus Wettbewerbsgründen allerdings nicht verraten möchten.

„Sparen den unökologischen Transportweg“

Den Reis für ihren Joghurt wollen Gleich und Wüst nicht aus Asien, sondern aus der französischen Camargue beziehen. „Dadurch sparen wir uns den unökologischen Transportweg“, meint Gleich. Allerdings treibt dies auch den Preis für den Reisgurt in die Höhe. Mit 1,79 Euro pro 150-Gramm-Becher wird er im Handel zunächst nicht nur weitaus teurer sein als gewöhnlicher Joghurt, sondern auch teurer als andere vegane Varianten auf Sojabasis. „Mit höheren Produktionsmengen dürften aber unsere Stückkosten und damit auch der Preis für den Endkunden sinken“, sagt Wüst.

Rund 20.000 Euro an Eigenkapital haben die Reisgurt-Macher in ihr Start-up gesteckt. Darüber hinaus sammeln sie noch bis zum 11. Mai per Crowdfunding weitere Mittel, um die Produktion im Spätsommer wie geplant anfahren zu können. Auf der Internetplattform Startnext können Unterstützer unter anderem ein „Reisgurt-Family-Pack“ für 30 Euro buchen, für den stolzen Preis von 1250 Euro gibt es gar eine exklusive Verkostungsparty im Haus des jeweiligen Geldgebers.

Die Mindestsumme für eine erfolgreiche Finanzierungsrunde in Höhe von 17.500 Euro haben die Jungunternehmer auf diese Weise schon zusammen, von ihrem ursprünglichen Ziel, rund 60.000 Euro einzunehmen und davon auch eine eigene Produktionsanlage zu kaufen, sind sie allerdings noch weit entfernt.

Reisgurt-Fans im Internet fordern schon Minze- und Zitronevarianten

„Das Crowdfunding ist für uns nicht nur ein Weg, um unser Projekt zu finanzieren, sondern auch, um das Produkt bekannt zu machen“, betont Rocky Wüst. Auf diese Weise habe man sich schon eine eingeschworene Fangemeinde aufbauen können. Die macht auch schon fleißig Vorschläge für weitere Reisgurt-Varianten. Minze und Zitrone stehen hoch im Kurs, aber auch die klassischen Früchte wie Erdbeere oder Kirsch. „Neben dem reinen Reisgurt werden wir in diesem Jahr auf jeden Fall noch zwei weitere Varianten mit Frucht auf den Markt bringen“, verspricht Wüst.

Daneben tüftelt Reisgurt-Erfinder Christophe Favrot auch schon an gänzlich neuen Produkten. Joghurt auf Hirsebasis oder Quark aus Reis – das ist ebenso denkbar wie eine vegane Mousse au Chocolat.