Hamburg. Ex-Golfprofi Timo Lehnert stellt mit seiner Frau Britta sogar Protein ohne tierische Bestandteile her – aus Hanf, Kürbis und Sonnenblumenkernen.

Es waren Hunderte von Stunden, die Timo Lehnert auf den Golfplätzen dieser Welt verbracht hat: Erst als professioneller Golfspieler, dann als Golftrainer. Doch neben dem perfekten Schlag und allen anderen Golfweisheiten lernte der heute 38 Jahre alte Hamburger noch eines: dass Salatbars, Smoothie-Läden oder Küchen, in denen für einen Profisportler geeignete Nahrung hergestellt wird, eher weit entfernt sind. Lehnert als Leistungssportler jedoch musste sich so ernähren, dass er dem Wettbewerb standhalten konnte. „Ich war erst einmal auf der Suche nach einem Riegel, den ich mitnehmen kann und der mich satt macht, aber meinen Körper nicht beschwert“, sagt Lehnert, der heute nicht mehr auf dem Golfplatz anzutreffen ist, sondern in hellen Büroräumen an der Großen Elbstraße.

Doch wie kam er darauf, sich in dieser Ernährungsnische als fachfremder Pionier selbstständig zu machen? „Eigentlich entstand das durch meinen persönlichen Bedarf, den ich nicht für mich zufriedenstellend decken konnte“, sagt Lehnert. Klar, dass schnell Proteine als sättigendes Muskelaufbaupräparat ins Spiel kamen. Doch die herkömmlichen Fitness- und Proteinriegel aus Milcherzeugnissen mit tierischem Eiweiß bekamen ihm nicht. In den USA fand er schließlich Riegel, die ausschließlich aus rohen, pflanzlichen Zutaten gemacht wurden. „Ich habe gelernt, wie gut Pflanzen tun können“, sagt der Sportler. Erst vertrieb er solche Bio-Riegel lediglich in Deutschland, „bis wir dachten, dass wir gesunde Nahrungsergänzung auch selbst herstellen können“, sagt Lehnert. Deshalb gründete er gemeinsam mit seiner Frau Britta die Firma PurYa, die sich auf vegane Bio-Protein-Pulver für Müslis, Joghurt oder Smoothies, Bio-Proteindrink-Mischungen (Pulver für sechs Liter kostet 24 Euro über goodfood-shop.de) und Bio-Keimlingmischungen für beispielsweise Salate spezialisiert hat. Die Drogeriekette Budnikowsky führt mittlerweile zwei Produkte in den Märkten.

Veganes Protein? Das klingt für manche nach Tofu-Ersatz gepaart mit Räucherstäbchen. Für die ernährungsbewussten Kenner der Food-Szene ist es aktuell Trend und Lebensmittel-Weisheit. Diese Proteine werden nämlich nicht mehr aus Soja gewonnen, sondern aus gekeimten Süßlupinen, aus Sonnenblumenkernen, gekeimtem Quinoa, Hanf oder Kürbiskernen. Seine bunten Dosen werden Timo Lehnert in diesen Wochen geradewegs aus der Hand gerissen. Anfragen kommen laut Lehnert seit dem Markteintritt im Februar aus 28 Ländern. „Diesem Ansturm können wir gerade gar nicht gerecht werden, da die Rohstoffe erst nachwachsen müssen“, sagt er. Denn das Ehepaar kennt die Felder, auf denen die Rohstoffe angebaut werden, besuchte die Bauern. So kommt der Kürbis beispielsweise aus der Steiermark, „Bio-Anbau ohne Gentechnik, Pestizide, Zusatzstoffe“, sagt Britta Lehnert, die zuvor Aufnahmeleiterin bei Fernsehdokumentationen war. „Wir arbeiten mit der Generation von Landwirten zusammen, die gemerkt haben, dass aus den vermeintlichen Abfallprodukten etwas hergestellt werden kann.“ Zum Beispiel? „Der Bauer, der Kürbisöl produzierte, kann nun aus dem sogenannten Presskuchen den Rohstoff zu Kürbisproteinpulver weiterverarbeiten“, so Lehnert, „ein Markt, der wächst.“ Denn „die Menschen leben heute bewusster, viele haben eine Ernährungsumstellung gemacht, und die vegane und die Rohkostküche verlangen nach anderen Zutaten“, sagt Timo Lehnert.

„Es ist bestimmt kein Massenmarkt“, sagt er. Aber eine bespöttelte Nische sicher auch nicht. Denn tierische Proteine sind nicht mehr unbelastet. Viele Konsumenten – und das müssen keine eingefleischten Vegetarier oder Veganer sein – suchen nach alternativen Proteinlieferanten.

Das Ehepaar Lehnert selbst ist das beste Beispiel: Sie ernähren sich seit mehreren Jahren fleischlos, essen überzeugt Rohkost und experimentieren viel. „Unser Mousse au chocolat, das unsere Gäste übrigens sehr gern mögen, besteht aus Bananen, Avocado und reinem Kakaopulver“, sagt Britta Lehnert. Sie geben „unheimlich viel Geld fürs Essen aus“, sagt Lehnert, „wir achten sehr auf Frische.“ Dennoch „kann man mit uns essen gehen, wir sind da nicht missionarisch,“ sagt er. Beilagen-Hopping ginge immer.

Gerade kommt er aus dem Skiurlaub in Österreich zurück, dem El Dorado von Kaiserschmarrn, Knödeln und Kalbshaxe: „Da habe ich mit der Familie mitgegessen, aber fühlte mich viel träger als sonst.“

Zum Glück kann er sich jetzt pro­blemlos einen Drink zum Mittagessen anrühren. Einen Proteindrink. Vegan natürlich.